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Bremscheid, Matthias von. Der christliche Mann in seinem Glauben und Leben. Mainz, 1901.

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zu befreien und es vor dem Untergang zu be-
wahren.

Aehnlich wie Voltaire hat einige Jahrzehnte später
auch Napoleon I. sich als falschen Propheten bewährt.
Diesem siegreichen Eroberer und mächtigen Kaiser lag
Alles daran, den Papst Pius VII., als er im Jahre
1804 in Paris anwesend war, für seine Zwecke zu
gewinnen. Er ließ es darum nicht an Aufmerksam-
keiten gegen ihn, nicht an Schmeicheleien, nicht an
Versprechungen, aber schließlich auch nicht an Drohungen
fehlen. Eines Tages hatte Napoleon ihm wieder in
schwunghafter Rede die größten Verheißungen gemacht;
der Papst hörte Alles mit Ruhe an und antwortete
zum Schlusse nur mit dem einen Worte: "Comödiant!"
- "Was," rief, jähzornig aufspringend, der Kaiser
wüthend aus, "ich ein Comödiant? Pfaffe! nun ist es
aus mit uns!"
Heftig und schnaubend auf- und ab-
gehend, ergriff er das auf dem Tische stehende Kunst-
werk von Mosaik, das die Peterskirche in Rom vor-
stellte, und vor den ruhig dasitzenden Papst hintretend,
warf er es in Stücke zur Erde mit den donnernden
Worten: "Siehst du, so werde ich nun dich, deinen
Stuhl, deine Kirche und dein Reich zerschmettern; der
Tag des Zornes ist über dich ausgebrochen."
- Der
heilige Vater aber sprach in derselben feierlichen Hal-
tung, mit derselben Ruhe und Festigkeit wie das erste-
mal wieder nur ein Wort, aber das Wort: "Tragö-
diant!"
und verließ dann das Zimmer. Und wirklich,
der gefürchtete Eroberer, der so vielen Fürsten die

zu befreien und es vor dem Untergang zu be-
wahren.

Aehnlich wie Voltaire hat einige Jahrzehnte später
auch Napoleon I. sich als falschen Propheten bewährt.
Diesem siegreichen Eroberer und mächtigen Kaiser lag
Alles daran, den Papst Pius VII., als er im Jahre
1804 in Paris anwesend war, für seine Zwecke zu
gewinnen. Er ließ es darum nicht an Aufmerksam-
keiten gegen ihn, nicht an Schmeicheleien, nicht an
Versprechungen, aber schließlich auch nicht an Drohungen
fehlen. Eines Tages hatte Napoleon ihm wieder in
schwunghafter Rede die größten Verheißungen gemacht;
der Papst hörte Alles mit Ruhe an und antwortete
zum Schlusse nur mit dem einen Worte: „Comödiant!“
„Was,“ rief, jähzornig aufspringend, der Kaiser
wüthend aus, „ich ein Comödiant? Pfaffe! nun ist es
aus mit uns!“
Heftig und schnaubend auf- und ab-
gehend, ergriff er das auf dem Tische stehende Kunst-
werk von Mosaik, das die Peterskirche in Rom vor-
stellte, und vor den ruhig dasitzenden Papst hintretend,
warf er es in Stücke zur Erde mit den donnernden
Worten: „Siehst du, so werde ich nun dich, deinen
Stuhl, deine Kirche und dein Reich zerschmettern; der
Tag des Zornes ist über dich ausgebrochen.“
– Der
heilige Vater aber sprach in derselben feierlichen Hal-
tung, mit derselben Ruhe und Festigkeit wie das erste-
mal wieder nur ein Wort, aber das Wort: „Tragö-
diant!“
und verließ dann das Zimmer. Und wirklich,
der gefürchtete Eroberer, der so vielen Fürsten die

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[104/0116] zu befreien und es vor dem Untergang zu be- wahren. Aehnlich wie Voltaire hat einige Jahrzehnte später auch Napoleon I. sich als falschen Propheten bewährt. Diesem siegreichen Eroberer und mächtigen Kaiser lag Alles daran, den Papst Pius VII., als er im Jahre 1804 in Paris anwesend war, für seine Zwecke zu gewinnen. Er ließ es darum nicht an Aufmerksam- keiten gegen ihn, nicht an Schmeicheleien, nicht an Versprechungen, aber schließlich auch nicht an Drohungen fehlen. Eines Tages hatte Napoleon ihm wieder in schwunghafter Rede die größten Verheißungen gemacht; der Papst hörte Alles mit Ruhe an und antwortete zum Schlusse nur mit dem einen Worte: „Comödiant!“ – „Was,“ rief, jähzornig aufspringend, der Kaiser wüthend aus, „ich ein Comödiant? Pfaffe! nun ist es aus mit uns!“ Heftig und schnaubend auf- und ab- gehend, ergriff er das auf dem Tische stehende Kunst- werk von Mosaik, das die Peterskirche in Rom vor- stellte, und vor den ruhig dasitzenden Papst hintretend, warf er es in Stücke zur Erde mit den donnernden Worten: „Siehst du, so werde ich nun dich, deinen Stuhl, deine Kirche und dein Reich zerschmettern; der Tag des Zornes ist über dich ausgebrochen.“ – Der heilige Vater aber sprach in derselben feierlichen Hal- tung, mit derselben Ruhe und Festigkeit wie das erste- mal wieder nur ein Wort, aber das Wort: „Tragö- diant!“ und verließ dann das Zimmer. Und wirklich, der gefürchtete Eroberer, der so vielen Fürsten die

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Zitationshilfe: Bremscheid, Matthias von. Der christliche Mann in seinem Glauben und Leben. Mainz, 1901, S. 104. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bremscheid_mann_1901/116>, abgerufen am 21.11.2024.