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Bremscheid, Matthias von. Der christliche Mann in seinem Glauben und Leben. Mainz, 1901.

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zitternden Bettler am Wege. Dieses Sehnen ist uns
mit unserer menschlichen Natur, also von dem Schöpfer
selbst gegeben worden. Gott aber konnte es uns nur
aus Liebe und Weisheit geben; denn seine unendliche
Wesenheit schließt jegliche, auch die geringste Bosheit
und Thorheit aus. Hat er aber nur aus Güte und
Weisheit diese unauslöschliche Sehnsucht nach bestän-
diger Glückseligkeit uns geschenkt, so hat er dies nur
gethan, damit sie auch befriedigt werde. Sonst wäre
dieselbe ja nur der beständige Henker des armen Men-
schen, und dieser, das große Meisterwerk der irdischen
Schöpfung, stände weit unter dem unernünftigen Thiere,
das von einem solchen Sehnen nichts weiß. Nun
wird aber dieses mächtige Sehnen nach dauernder und
allseitiger Glückseligkeit hier auf dieser Erde nicht be-
friedigt. Finden wir ja überall unruhige, schmerzer-
füllte, sorgenvolle Herzen, überall ein hastiges Jagen
nach Glück und doch so wenig glückliche Menschen.
Von allen Seiten tönt uns das salomonische Wort
der getäuschten Hoffnung entgegen: " O Eitelkeit
der Eitelkeit und Alles ist Eitelkeit
."

Wir wollen hier noch die schönen Worte des schon
mehrfach erwähnten Hettinger1) anführen: "Wo ist
das Glück? Wir nennen es, wir suchen nach ihm,
darum kann es uns nicht gänzlich unbekannt, nicht
völlig Fremdling auf Erden sein. Es erscheint auf
Erden, es begleitet uns einen Augenblick durch's Leben,

1) A. a. O. S. 365.

zitternden Bettler am Wege. Dieses Sehnen ist uns
mit unserer menschlichen Natur, also von dem Schöpfer
selbst gegeben worden. Gott aber konnte es uns nur
aus Liebe und Weisheit geben; denn seine unendliche
Wesenheit schließt jegliche, auch die geringste Bosheit
und Thorheit aus. Hat er aber nur aus Güte und
Weisheit diese unauslöschliche Sehnsucht nach bestän-
diger Glückseligkeit uns geschenkt, so hat er dies nur
gethan, damit sie auch befriedigt werde. Sonst wäre
dieselbe ja nur der beständige Henker des armen Men-
schen, und dieser, das große Meisterwerk der irdischen
Schöpfung, stände weit unter dem unernünftigen Thiere,
das von einem solchen Sehnen nichts weiß. Nun
wird aber dieses mächtige Sehnen nach dauernder und
allseitiger Glückseligkeit hier auf dieser Erde nicht be-
friedigt. Finden wir ja überall unruhige, schmerzer-
füllte, sorgenvolle Herzen, überall ein hastiges Jagen
nach Glück und doch so wenig glückliche Menschen.
Von allen Seiten tönt uns das salomonische Wort
der getäuschten Hoffnung entgegen: O Eitelkeit
der Eitelkeit und Alles ist Eitelkeit
.“

Wir wollen hier noch die schönen Worte des schon
mehrfach erwähnten Hettinger1) anführen: „Wo ist
das Glück? Wir nennen es, wir suchen nach ihm,
darum kann es uns nicht gänzlich unbekannt, nicht
völlig Fremdling auf Erden sein. Es erscheint auf
Erden, es begleitet uns einen Augenblick durch's Leben,

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[59/0071] zitternden Bettler am Wege. Dieses Sehnen ist uns mit unserer menschlichen Natur, also von dem Schöpfer selbst gegeben worden. Gott aber konnte es uns nur aus Liebe und Weisheit geben; denn seine unendliche Wesenheit schließt jegliche, auch die geringste Bosheit und Thorheit aus. Hat er aber nur aus Güte und Weisheit diese unauslöschliche Sehnsucht nach bestän- diger Glückseligkeit uns geschenkt, so hat er dies nur gethan, damit sie auch befriedigt werde. Sonst wäre dieselbe ja nur der beständige Henker des armen Men- schen, und dieser, das große Meisterwerk der irdischen Schöpfung, stände weit unter dem unernünftigen Thiere, das von einem solchen Sehnen nichts weiß. Nun wird aber dieses mächtige Sehnen nach dauernder und allseitiger Glückseligkeit hier auf dieser Erde nicht be- friedigt. Finden wir ja überall unruhige, schmerzer- füllte, sorgenvolle Herzen, überall ein hastiges Jagen nach Glück und doch so wenig glückliche Menschen. Von allen Seiten tönt uns das salomonische Wort der getäuschten Hoffnung entgegen: „ O Eitelkeit der Eitelkeit und Alles ist Eitelkeit.“ Wir wollen hier noch die schönen Worte des schon mehrfach erwähnten Hettinger 1) anführen: „Wo ist das Glück? Wir nennen es, wir suchen nach ihm, darum kann es uns nicht gänzlich unbekannt, nicht völlig Fremdling auf Erden sein. Es erscheint auf Erden, es begleitet uns einen Augenblick durch's Leben, 1) A. a. O. S. 365.

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Zitationshilfe: Bremscheid, Matthias von. Der christliche Mann in seinem Glauben und Leben. Mainz, 1901, S. 59. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bremscheid_mann_1901/71>, abgerufen am 26.11.2024.