sie gebildet." Nur in der Ewigkeit kann dieses Sehnen des Menschen nach wahrem und beständigem Glück ge- stillt werden und darum muß es eine Ewigkeit für ihn geben; Gott, der unendlich Vollkommene, kann nicht als herzloser Tyrann dieses Sehnen ihm zur bestän- digen Qual und Täuschung anerschaffen haben.
4. Es gibt eine Ewigkeit. Dort wird strenge Gerechtigkeit geübt; dort wird die Tugend ihren Lohn, das Laster seine Strafe erhalten. Das sagen uns die Thaten, Handlungen und Schicksale der Menschen auf dieser Erde. Es ist doch sicher ein ganz gewaltiger Unterschied zwischen einem Men- schenmörder, der im Walde den Reisenden anfällt, ihm seinen Dolch in's Herz stößt und dann mit dessen Baarschaft davoneilt, und einer barmherzigen Schwester, die am Bette eines Pestkranken, von dem die eigene Gattin und die eigenen Kinder geflohen sind, sitzt und ihn mit aller Liebe und Sorgfalt pflegt, ohne auf die Gefahr für ihre eigene zarte Gesundheit zu achten. Es ist doch ein ganz gewaltiger Unterschied zwischen einem jungen Menschen, der ein Sclave und ein Spielball seiner Leidenschaften ist und sich und Andere, an denen er zum Verführer wird, in's Verderben und Elend stürzt, und einer reinen, keuschen Jungfrau, die in allen Versuchungen und Gefahren, auch in den stärksten und verlockendsten, eine unbesiegbare Kraft an den Tag legt, die in ihrer unversehrten Unschuld dasteht wie eine liebliche Blume des Himmels und im schwachen Fleische fast mehr ein englisches als ein menschliches
sie gebildet.“ Nur in der Ewigkeit kann dieses Sehnen des Menschen nach wahrem und beständigem Glück ge- stillt werden und darum muß es eine Ewigkeit für ihn geben; Gott, der unendlich Vollkommene, kann nicht als herzloser Tyrann dieses Sehnen ihm zur bestän- digen Qual und Täuschung anerschaffen haben.
4. Es gibt eine Ewigkeit. Dort wird strenge Gerechtigkeit geübt; dort wird die Tugend ihren Lohn, das Laster seine Strafe erhalten. Das sagen uns die Thaten, Handlungen und Schicksale der Menschen auf dieser Erde. Es ist doch sicher ein ganz gewaltiger Unterschied zwischen einem Men- schenmörder, der im Walde den Reisenden anfällt, ihm seinen Dolch in's Herz stößt und dann mit dessen Baarschaft davoneilt, und einer barmherzigen Schwester, die am Bette eines Pestkranken, von dem die eigene Gattin und die eigenen Kinder geflohen sind, sitzt und ihn mit aller Liebe und Sorgfalt pflegt, ohne auf die Gefahr für ihre eigene zarte Gesundheit zu achten. Es ist doch ein ganz gewaltiger Unterschied zwischen einem jungen Menschen, der ein Sclave und ein Spielball seiner Leidenschaften ist und sich und Andere, an denen er zum Verführer wird, in's Verderben und Elend stürzt, und einer reinen, keuschen Jungfrau, die in allen Versuchungen und Gefahren, auch in den stärksten und verlockendsten, eine unbesiegbare Kraft an den Tag legt, die in ihrer unversehrten Unschuld dasteht wie eine liebliche Blume des Himmels und im schwachen Fleische fast mehr ein englisches als ein menschliches
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sie gebildet.“ Nur in der Ewigkeit kann dieses Sehnen
des Menschen nach wahrem und beständigem Glück ge-
stillt werden und darum muß es eine Ewigkeit für ihn
geben; Gott, der unendlich Vollkommene, kann nicht
als herzloser Tyrann dieses Sehnen ihm zur bestän-
digen Qual und Täuschung anerschaffen haben.
4. Es gibt eine Ewigkeit. Dort wird strenge
Gerechtigkeit geübt; dort wird die Tugend ihren Lohn,
das Laster seine Strafe erhalten. Das sagen uns die
Thaten, Handlungen und Schicksale der
Menschen auf dieser Erde. Es ist doch sicher
ein ganz gewaltiger Unterschied zwischen einem Men-
schenmörder, der im Walde den Reisenden anfällt, ihm
seinen Dolch in's Herz stößt und dann mit dessen
Baarschaft davoneilt, und einer barmherzigen Schwester,
die am Bette eines Pestkranken, von dem die eigene
Gattin und die eigenen Kinder geflohen sind, sitzt und
ihn mit aller Liebe und Sorgfalt pflegt, ohne auf die
Gefahr für ihre eigene zarte Gesundheit zu achten. Es
ist doch ein ganz gewaltiger Unterschied zwischen einem
jungen Menschen, der ein Sclave und ein Spielball
seiner Leidenschaften ist und sich und Andere, an denen
er zum Verführer wird, in's Verderben und Elend
stürzt, und einer reinen, keuschen Jungfrau, die in
allen Versuchungen und Gefahren, auch in den stärksten
und verlockendsten, eine unbesiegbare Kraft an den Tag
legt, die in ihrer unversehrten Unschuld dasteht wie
eine liebliche Blume des Himmels und im schwachen
Fleische fast mehr ein englisches als ein menschliches
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Bremscheid, Matthias von. Der christliche Mann in seinem Glauben und Leben. Mainz, 1901, S. 61. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bremscheid_mann_1901/73>, abgerufen am 26.11.2024.
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