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Bremscheid, Matthias von. Der christliche Mann in seinem Glauben und Leben. Mainz, 1901.

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begangen; denn sie hat euch zurückhalten wollen von
euern Vergnügen. Darum weg mit ihr; ihr braucht
euch nicht länger von ihren Thränen und Bitten be-
lästigen zu lassen. Gibt es keine Ewigkeit, dann über-
haupt weg mit allen Schranken und Gesetzen, weg
mit jeder Obrigkeit, mag sie heißen wie sie will, weg
mit allen Fürsten, mögen sie vorgeben, auch noch so
rechtlich den Thron bestiegen zu haben. Nichts, durch-
aus gar Nichts soll mich binden; nur ein Recht
erkenne ich an, nämlich das Recht, zu genießen, nur
zu genießen, überall zu genießen, das Recht, in
Menschengestalt ein freies Thier zu sein. Was müßte
aus der Menschheit werden bei solchen Anschauungen?
Wie wäre da ein menschenwürdiges Leben denkbar?
Nur durch die Ewigkeit hat die Zeit, hat das irdische
Leben Werth und Bedeutung für uns; nur durch den
Glauben an die Ewigkeit ist die Ordnung und der
Bestand der menschlichen Gesellschaft gesichert. Dieser
Glaube ist das starke, feste Fundament, auf dem das
Wohl der Menschen beruht, ist die Quelle, von der
ein großer, reicher Strom von Segen über alle Völker
und Länder ausgeht, ist gleichsam ein heiliger Berg
Sinai, von dem die Gesetze der Tugend und Gerechtig-
keit in die Welt hinaus leuchten. Wehe, wenn dieser
Glaube unter uns zu ersterben anfängt; denn dann
muß sich Alles in Nacht und Dunkel hüllen; Barbarei,
thierische Grausamkeit und unmenschliche Sitten müssen
sich überall geltend machen und das irdische Leben wird
zu einer tauben Blüthe ohne allen Werth.

begangen; denn sie hat euch zurückhalten wollen von
euern Vergnügen. Darum weg mit ihr; ihr braucht
euch nicht länger von ihren Thränen und Bitten be-
lästigen zu lassen. Gibt es keine Ewigkeit, dann über-
haupt weg mit allen Schranken und Gesetzen, weg
mit jeder Obrigkeit, mag sie heißen wie sie will, weg
mit allen Fürsten, mögen sie vorgeben, auch noch so
rechtlich den Thron bestiegen zu haben. Nichts, durch-
aus gar Nichts soll mich binden; nur ein Recht
erkenne ich an, nämlich das Recht, zu genießen, nur
zu genießen, überall zu genießen, das Recht, in
Menschengestalt ein freies Thier zu sein. Was müßte
aus der Menschheit werden bei solchen Anschauungen?
Wie wäre da ein menschenwürdiges Leben denkbar?
Nur durch die Ewigkeit hat die Zeit, hat das irdische
Leben Werth und Bedeutung für uns; nur durch den
Glauben an die Ewigkeit ist die Ordnung und der
Bestand der menschlichen Gesellschaft gesichert. Dieser
Glaube ist das starke, feste Fundament, auf dem das
Wohl der Menschen beruht, ist die Quelle, von der
ein großer, reicher Strom von Segen über alle Völker
und Länder ausgeht, ist gleichsam ein heiliger Berg
Sinai, von dem die Gesetze der Tugend und Gerechtig-
keit in die Welt hinaus leuchten. Wehe, wenn dieser
Glaube unter uns zu ersterben anfängt; denn dann
muß sich Alles in Nacht und Dunkel hüllen; Barbarei,
thierische Grausamkeit und unmenschliche Sitten müssen
sich überall geltend machen und das irdische Leben wird
zu einer tauben Blüthe ohne allen Werth.

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[64/0076] begangen; denn sie hat euch zurückhalten wollen von euern Vergnügen. Darum weg mit ihr; ihr braucht euch nicht länger von ihren Thränen und Bitten be- lästigen zu lassen. Gibt es keine Ewigkeit, dann über- haupt weg mit allen Schranken und Gesetzen, weg mit jeder Obrigkeit, mag sie heißen wie sie will, weg mit allen Fürsten, mögen sie vorgeben, auch noch so rechtlich den Thron bestiegen zu haben. Nichts, durch- aus gar Nichts soll mich binden; nur ein Recht erkenne ich an, nämlich das Recht, zu genießen, nur zu genießen, überall zu genießen, das Recht, in Menschengestalt ein freies Thier zu sein. Was müßte aus der Menschheit werden bei solchen Anschauungen? Wie wäre da ein menschenwürdiges Leben denkbar? Nur durch die Ewigkeit hat die Zeit, hat das irdische Leben Werth und Bedeutung für uns; nur durch den Glauben an die Ewigkeit ist die Ordnung und der Bestand der menschlichen Gesellschaft gesichert. Dieser Glaube ist das starke, feste Fundament, auf dem das Wohl der Menschen beruht, ist die Quelle, von der ein großer, reicher Strom von Segen über alle Völker und Länder ausgeht, ist gleichsam ein heiliger Berg Sinai, von dem die Gesetze der Tugend und Gerechtig- keit in die Welt hinaus leuchten. Wehe, wenn dieser Glaube unter uns zu ersterben anfängt; denn dann muß sich Alles in Nacht und Dunkel hüllen; Barbarei, thierische Grausamkeit und unmenschliche Sitten müssen sich überall geltend machen und das irdische Leben wird zu einer tauben Blüthe ohne allen Werth.

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Zitationshilfe: Bremscheid, Matthias von. Der christliche Mann in seinem Glauben und Leben. Mainz, 1901, S. 64. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bremscheid_mann_1901/76>, abgerufen am 26.11.2024.