Brentano, Clemens: Gockel, Hinkel und Gackeleia. Frankfurt, 1838.Das der Mückchen heiter'm Leben Gift'ge Spinnen lauernd weben. Rächend, daß Arachne's Hand Sie einst webend überwand. Ich verstehe nichts davon, Sag' nur her die Lektion Von dem hohen Kunstpatron, Der wohl selbst sie nicht verstand." Gackeleia: "O wie artig, wie scharmant! Kann die Spinnen nicht bedauern, Die so auf die Mückchen lauern." Der Alte: "Guck', hier bei dem letzten Glöckchen Hängt ein lust'ges, rothes Röckchen, Fallhut, Rassel, rothe Schuh' Und ein Püppchen auch dazu, An Figur und Art und Sitten, Wie ihr aus dem Aug geschnitten. Wenn sie spielt die Kinderrolle, Hüpft dies Püppchen hinter drein, Und sie neckt es: Molle, Molle! Weil es nicht wie sie so fein. Kind und Püppchen wetten dann, Wer von ihnen beiden kann Süßer: "bitte, bitte" sagen, Daß Mama nichts ab kann schlagen. Und dann spielt das Kind Verstecken, Mit dem Püppchen sich zu necken, Thut sich mit dem Schurz bedecken, Ruft: "Wu Wu", es zu erschrecken. Hierauf streut das noch verhüllte Kind, den Vöglein die Brosamen, Womit es die Säckchen füllte, Und sie rathen seinen Namen: Klandestinchen? Schirosellchen? Penseröschen? Hirondellchen? Das der Muͤckchen heiter'm Leben Gift'ge Spinnen lauernd weben. Raͤchend, daß Arachne's Hand Sie einſt webend uͤberwand. Ich verſtehe nichts davon, Sag' nur her die Lektion Von dem hohen Kunſtpatron, Der wohl ſelbſt ſie nicht verſtand.“ Gackeleia: „O wie artig, wie ſcharmant! Kann die Spinnen nicht bedauern, Die ſo auf die Muͤckchen lauern.“ Der Alte: „Guck', hier bei dem letzten Gloͤckchen Haͤngt ein luſt'ges, rothes Roͤckchen, Fallhut, Raſſel, rothe Schuh' Und ein Puͤppchen auch dazu, An Figur und Art und Sitten, Wie ihr aus dem Aug geſchnitten. Wenn ſie ſpielt die Kinderrolle, Huͤpft dies Puͤppchen hinter drein, Und ſie neckt es: Molle, Molle! Weil es nicht wie ſie ſo fein. Kind und Puͤppchen wetten dann, Wer von ihnen beiden kann Suͤßer: „bitte, bitte“ ſagen, Daß Mama nichts ab kann ſchlagen. Und dann ſpielt das Kind Verſtecken, Mit dem Puͤppchen ſich zu necken, Thut ſich mit dem Schurz bedecken, Ruft: „Wu Wu“, es zu erſchrecken. Hierauf ſtreut das noch verhuͤllte Kind, den Voͤglein die Broſamen, Womit es die Saͤckchen fuͤllte, Und ſie rathen ſeinen Namen: Klandeſtinchen? Schiroſellchen? Penſeroͤschen? Hirondellchen? <TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0144" n="106"/> <l>Das der Muͤckchen heiter'm Leben</l><lb/> <l>Gift'ge Spinnen lauernd weben.</l><lb/> <l>Raͤchend, daß Arachne's Hand</l><lb/> <l>Sie einſt webend uͤberwand.</l><lb/> <l>Ich verſtehe nichts davon,</l><lb/> <l>Sag' nur her die Lektion</l><lb/> <l>Von dem hohen Kunſtpatron,</l><lb/> <l>Der wohl ſelbſt ſie nicht verſtand.“</l><lb/> </lg> <p>Gackeleia:</p><lb/> <lg type="poem"> <l>„O wie artig, wie ſcharmant!</l><lb/> <l>Kann die Spinnen nicht bedauern,</l><lb/> <l>Die ſo auf die Muͤckchen lauern.“</l><lb/> </lg> <p>Der Alte:</p><lb/> <lg type="poem"> <l>„Guck', hier bei dem letzten Gloͤckchen</l><lb/> <l>Haͤngt ein luſt'ges, rothes Roͤckchen,</l><lb/> <l>Fallhut, Raſſel, rothe Schuh'</l><lb/> <l>Und ein Puͤppchen auch dazu,</l><lb/> <l>An Figur und Art und Sitten,</l><lb/> <l>Wie ihr aus dem Aug geſchnitten.</l><lb/> <l>Wenn ſie ſpielt die Kinderrolle,</l><lb/> <l>Huͤpft dies Puͤppchen hinter drein,</l><lb/> <l>Und ſie neckt es: Molle, Molle!</l><lb/> <l>Weil es nicht wie ſie ſo fein.</l><lb/> <l>Kind und Puͤppchen wetten dann,</l><lb/> <l>Wer von ihnen beiden kann</l><lb/> <l>Suͤßer: „bitte, bitte“ ſagen,</l><lb/> <l>Daß Mama nichts ab kann ſchlagen.</l><lb/> <l>Und dann ſpielt das Kind Verſtecken,</l><lb/> <l>Mit dem Puͤppchen ſich zu necken,</l><lb/> <l>Thut ſich mit dem Schurz bedecken,</l><lb/> <l>Ruft: „Wu Wu“, es zu erſchrecken.</l><lb/> <l>Hierauf ſtreut das noch verhuͤllte</l><lb/> <l>Kind, den Voͤglein die Broſamen,</l><lb/> <l>Womit es die Saͤckchen fuͤllte,</l><lb/> <l>Und ſie rathen ſeinen Namen:</l><lb/> <l>Klandeſtinchen? Schiroſellchen?</l><lb/> <l>Penſeroͤschen? Hirondellchen?</l><lb/> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [106/0144]
Das der Muͤckchen heiter'm Leben
Gift'ge Spinnen lauernd weben.
Raͤchend, daß Arachne's Hand
Sie einſt webend uͤberwand.
Ich verſtehe nichts davon,
Sag' nur her die Lektion
Von dem hohen Kunſtpatron,
Der wohl ſelbſt ſie nicht verſtand.“
Gackeleia:
„O wie artig, wie ſcharmant!
Kann die Spinnen nicht bedauern,
Die ſo auf die Muͤckchen lauern.“
Der Alte:
„Guck', hier bei dem letzten Gloͤckchen
Haͤngt ein luſt'ges, rothes Roͤckchen,
Fallhut, Raſſel, rothe Schuh'
Und ein Puͤppchen auch dazu,
An Figur und Art und Sitten,
Wie ihr aus dem Aug geſchnitten.
Wenn ſie ſpielt die Kinderrolle,
Huͤpft dies Puͤppchen hinter drein,
Und ſie neckt es: Molle, Molle!
Weil es nicht wie ſie ſo fein.
Kind und Puͤppchen wetten dann,
Wer von ihnen beiden kann
Suͤßer: „bitte, bitte“ ſagen,
Daß Mama nichts ab kann ſchlagen.
Und dann ſpielt das Kind Verſtecken,
Mit dem Puͤppchen ſich zu necken,
Thut ſich mit dem Schurz bedecken,
Ruft: „Wu Wu“, es zu erſchrecken.
Hierauf ſtreut das noch verhuͤllte
Kind, den Voͤglein die Broſamen,
Womit es die Saͤckchen fuͤllte,
Und ſie rathen ſeinen Namen:
Klandeſtinchen? Schiroſellchen?
Penſeroͤschen? Hirondellchen?
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Zitationshilfe: | Brentano, Clemens: Gockel, Hinkel und Gackeleia. Frankfurt, 1838, S. 106. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brentano_gockel_1838/144>, abgerufen am 16.02.2025. |