Brentano, Clemens: Gockel, Hinkel und Gackeleia. Frankfurt, 1838.Herzliche Zueignung. sprach: "Wir wissen Alle, welche artige Mährchen dieser Freund er¬zählen kann." -- Ich wollte sie nicht Lügen strafen, ich widmete ihr das Mährchen nicht. -- Solltest du, die Blätter aus dem Tagebuch der Ahnfrau am Schlusse angehängt finden, so wisse, daß ich einst ein Fragment aus der Chronika eines fahrenden Schülers bekannt machte, woran sich allerlei Leute erfreuten, und daß jene Blätter flüchtige Skizzen aus dem Umfange jener Chronika sind, welche ich noch nicht in die harmonische Haltung mit dem Tone derselben ge¬ bracht hatte, die ich aber zu meiner eignen Belustigung mit der Ge¬ schichte der Ahnfrau verwebte. -- Nach Allem vergib mir, daß ich dieses Märchen bekannt machte, es war mein Wille nie, die andern Kinder drohten mir, weil Abschriften da sind, es selbst drucken zu lassen. -- Ich willigte ein, mit dem innersten Gefühl, höchstens ein Mitleid dafür zum Lohne zu erhalten, welches jenes des alten Generals noch hinter sich zurückläßt; denn die Kinder dieser Zeit, wenden mir den Rücken wie die Phantasie, und die Frau Rath, Gott tröste sie, kann mich nicht mehr trösten, wie einstens. -- Also, vergib mir dieß Mährchen, in dem Alles ein Mährchen ist, außer daß ich es gewiß nicht gern gethan, und es nicht wieder thun will. -- Ja liebes Großmütterchen, wenn ich darum verspottet und gekränkt werde, wenn sie mich am Aermel zerren, aus dem sie dieses Alles geschüttelt glauben, die nicht wissen, daß es aus dem Herzen ist, welches ich in der Hand trage, dann nimm du es bei dir auf, dieses Mährchen und dieses Herz! -- Aber lasse uns hier diese Dedikation zerbrechen, wie Kronovus und Gackeleia Bretzel und Bu¬ benschenkel bei dem Eiertanz zerbrachen, als Meister Schelm nahte, und so wir diese Pfänder wohlerhalten wieder aufweisen können, sind wir treue Spielkameraden gewesen, bis dahin wollen wir uns mit einem Druckfehler dieser Dedikation trösten, welchen ich hier schließend ver¬ bessere, denn statt "herzliche Zueignung," lese überall "herzliche Zu¬ neigung, mit welcher ich verharre bis ans Ende -- keiner Puppe, son¬ dern nur einer schönen Kunstfigur und eines theuersten Großmüt¬ terchens gehorsamer Enkel. Herzliche Zueignung. ſprach: „Wir wiſſen Alle, welche artige Maͤhrchen dieſer Freund er¬zaͤhlen kann.“ — Ich wollte ſie nicht Luͤgen ſtrafen, ich widmete ihr das Maͤhrchen nicht. — Sollteſt du, die Blaͤtter aus dem Tagebuch der Ahnfrau am Schluſſe angehaͤngt finden, ſo wiſſe, daß ich einſt ein Fragment aus der Chronika eines fahrenden Schuͤlers bekannt machte, woran ſich allerlei Leute erfreuten, und daß jene Blaͤtter fluͤchtige Skizzen aus dem Umfange jener Chronika ſind, welche ich noch nicht in die harmoniſche Haltung mit dem Tone derſelben ge¬ bracht hatte, die ich aber zu meiner eignen Beluſtigung mit der Ge¬ ſchichte der Ahnfrau verwebte. — Nach Allem vergib mir, daß ich dieſes Maͤrchen bekannt machte, es war mein Wille nie, die andern Kinder drohten mir, weil Abſchriften da ſind, es ſelbſt drucken zu laſſen. — Ich willigte ein, mit dem innerſten Gefuͤhl, hoͤchſtens ein Mitleid dafuͤr zum Lohne zu erhalten, welches jenes des alten Generals noch hinter ſich zuruͤcklaͤßt; denn die Kinder dieſer Zeit, wenden mir den Ruͤcken wie die Phantaſie, und die Frau Rath, Gott troͤſte ſie, kann mich nicht mehr troͤſten, wie einſtens. — Alſo, vergib mir dieß Maͤhrchen, in dem Alles ein Maͤhrchen iſt, außer daß ich es gewiß nicht gern gethan, und es nicht wieder thun will. — Ja liebes Großmuͤtterchen, wenn ich darum verſpottet und gekraͤnkt werde, wenn ſie mich am Aermel zerren, aus dem ſie dieſes Alles geſchuͤttelt glauben, die nicht wiſſen, daß es aus dem Herzen iſt, welches ich in der Hand trage, dann nimm du es bei dir auf, dieſes Maͤhrchen und dieſes Herz! — Aber laſſe uns hier dieſe Dedikation zerbrechen, wie Kronovus und Gackeleia Bretzel und Bu¬ benſchenkel bei dem Eiertanz zerbrachen, als Meiſter Schelm nahte, und ſo wir dieſe Pfaͤnder wohlerhalten wieder aufweiſen koͤnnen, ſind wir treue Spielkameraden geweſen, bis dahin wollen wir uns mit einem Druckfehler dieſer Dedikation troͤſten, welchen ich hier ſchließend ver¬ beſſere, denn ſtatt „herzliche Zueignung,“ leſe uͤberall „herzliche Zu¬ neigung, mit welcher ich verharre bis ans Ende — keiner Puppe, ſon¬ dern nur einer ſchoͤnen Kunſtfigur und eines theuerſten Großmuͤt¬ terchens gehorſamer Enkel. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0022" n="XIV"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Herzliche Zueignung.</hi><lb/></fw>ſprach: „Wir wiſſen Alle, welche artige Maͤhrchen dieſer Freund er¬<lb/> zaͤhlen kann.“ — Ich wollte ſie nicht Luͤgen ſtrafen, ich widmete ihr<lb/> das Maͤhrchen nicht. — Sollteſt du, die Blaͤtter aus dem Tagebuch<lb/> der Ahnfrau am Schluſſe angehaͤngt finden, ſo wiſſe, daß ich einſt<lb/> ein Fragment aus der Chronika eines fahrenden Schuͤlers bekannt<lb/> machte, woran ſich allerlei Leute erfreuten, und daß jene Blaͤtter<lb/> fluͤchtige Skizzen aus dem Umfange jener Chronika ſind, welche ich<lb/> noch nicht in die harmoniſche Haltung mit dem Tone derſelben ge¬<lb/> bracht hatte, die ich aber zu meiner eignen Beluſtigung mit der Ge¬<lb/> ſchichte der Ahnfrau verwebte. — Nach Allem vergib mir, daß ich<lb/> dieſes Maͤrchen bekannt machte, es war mein Wille nie, die andern<lb/> Kinder drohten mir, weil Abſchriften da ſind, es ſelbſt drucken zu<lb/> laſſen. — Ich willigte ein, mit dem innerſten Gefuͤhl, hoͤchſtens<lb/> ein Mitleid dafuͤr zum Lohne zu erhalten, welches jenes des alten<lb/> Generals noch hinter ſich zuruͤcklaͤßt; denn die Kinder dieſer Zeit,<lb/> wenden mir den Ruͤcken wie die Phantaſie, und die Frau Rath,<lb/> Gott troͤſte ſie, kann mich nicht mehr troͤſten, wie einſtens. — Alſo,<lb/> vergib mir dieß Maͤhrchen, in dem Alles ein Maͤhrchen iſt, außer<lb/> daß ich es gewiß nicht gern gethan, und es nicht wieder thun<lb/> will. — Ja liebes Großmuͤtterchen, wenn ich darum verſpottet und<lb/> gekraͤnkt werde, wenn ſie mich am Aermel zerren, aus dem ſie<lb/> dieſes Alles geſchuͤttelt glauben, die nicht wiſſen, daß es aus dem<lb/> Herzen iſt, welches ich in der Hand trage, dann nimm du es bei<lb/> dir auf, dieſes Maͤhrchen und dieſes Herz! — Aber laſſe uns hier<lb/> dieſe Dedikation zerbrechen, wie Kronovus und Gackeleia Bretzel und Bu¬<lb/> benſchenkel bei dem Eiertanz zerbrachen, als Meiſter Schelm nahte, und<lb/> ſo wir dieſe Pfaͤnder wohlerhalten wieder aufweiſen koͤnnen, ſind wir<lb/> treue Spielkameraden geweſen, bis dahin wollen wir uns mit einem<lb/> Druckfehler dieſer Dedikation troͤſten, welchen ich hier ſchließend ver¬<lb/> beſſere, denn ſtatt „herzliche Zueignung,“ leſe uͤberall „herzliche Zu¬<lb/> neigung, mit welcher ich verharre bis ans Ende — keiner Puppe, ſon¬<lb/> dern nur einer ſchoͤnen Kunſtfigur und eines theuerſten Großmuͤt¬<lb/> terchens<lb/><hi rendition="#right">gehorſamer Enkel.</hi></p> </div> </body> </text> </TEI> [XIV/0022]
Herzliche Zueignung.
ſprach: „Wir wiſſen Alle, welche artige Maͤhrchen dieſer Freund er¬
zaͤhlen kann.“ — Ich wollte ſie nicht Luͤgen ſtrafen, ich widmete ihr
das Maͤhrchen nicht. — Sollteſt du, die Blaͤtter aus dem Tagebuch
der Ahnfrau am Schluſſe angehaͤngt finden, ſo wiſſe, daß ich einſt
ein Fragment aus der Chronika eines fahrenden Schuͤlers bekannt
machte, woran ſich allerlei Leute erfreuten, und daß jene Blaͤtter
fluͤchtige Skizzen aus dem Umfange jener Chronika ſind, welche ich
noch nicht in die harmoniſche Haltung mit dem Tone derſelben ge¬
bracht hatte, die ich aber zu meiner eignen Beluſtigung mit der Ge¬
ſchichte der Ahnfrau verwebte. — Nach Allem vergib mir, daß ich
dieſes Maͤrchen bekannt machte, es war mein Wille nie, die andern
Kinder drohten mir, weil Abſchriften da ſind, es ſelbſt drucken zu
laſſen. — Ich willigte ein, mit dem innerſten Gefuͤhl, hoͤchſtens
ein Mitleid dafuͤr zum Lohne zu erhalten, welches jenes des alten
Generals noch hinter ſich zuruͤcklaͤßt; denn die Kinder dieſer Zeit,
wenden mir den Ruͤcken wie die Phantaſie, und die Frau Rath,
Gott troͤſte ſie, kann mich nicht mehr troͤſten, wie einſtens. — Alſo,
vergib mir dieß Maͤhrchen, in dem Alles ein Maͤhrchen iſt, außer
daß ich es gewiß nicht gern gethan, und es nicht wieder thun
will. — Ja liebes Großmuͤtterchen, wenn ich darum verſpottet und
gekraͤnkt werde, wenn ſie mich am Aermel zerren, aus dem ſie
dieſes Alles geſchuͤttelt glauben, die nicht wiſſen, daß es aus dem
Herzen iſt, welches ich in der Hand trage, dann nimm du es bei
dir auf, dieſes Maͤhrchen und dieſes Herz! — Aber laſſe uns hier
dieſe Dedikation zerbrechen, wie Kronovus und Gackeleia Bretzel und Bu¬
benſchenkel bei dem Eiertanz zerbrachen, als Meiſter Schelm nahte, und
ſo wir dieſe Pfaͤnder wohlerhalten wieder aufweiſen koͤnnen, ſind wir
treue Spielkameraden geweſen, bis dahin wollen wir uns mit einem
Druckfehler dieſer Dedikation troͤſten, welchen ich hier ſchließend ver¬
beſſere, denn ſtatt „herzliche Zueignung,“ leſe uͤberall „herzliche Zu¬
neigung, mit welcher ich verharre bis ans Ende — keiner Puppe, ſon¬
dern nur einer ſchoͤnen Kunſtfigur und eines theuerſten Großmuͤt¬
terchens
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