meine Gespielen die Reiser- und Schilfbündel zu den Johan¬ nisfeuern zusammen. Das erste, mir zu Ehren, ordneten sie vor Johannis Kapelle, welche am höchsten liegt. Jede der acht Schaaren opferte ihre besten Reiser dazu, und Klareta hatte den schönen Blumenkranz geflochten, der darüber zwischen zwei Birkenstämmchen aufgehängt ward. Dann baute jede Schaar der Anhöhe entlang ihren Schilfhaufen auf und hängte ihren Blumenkranz darüber, so daß am Waldrand um die Bleiche her neun Haufen errichtet waren. -- Alle Jungfrauen und Jünglinge der Stadt zogen in ihrem schön¬ sten Putze in Chören singend heran. -- Aus dem Walde kam nun auch die Kinderschaar mit dem Johannisengel sin¬ gend zur Kapelle gezogen; die Sonne sank, noch brannte kein Licht, außer die Lampe in der Kapelle. Der Johannisengel ward wieder wie am Morgen in den Blumenkranz mit seinem Lamm gesetzt, und seine rosigte Mutter Elisabeth kniete hin¬ ter ihm. Es sah gar lieblich aus, Alles war still und dun¬ kel umher, nur Immel und seine Mutter schimmerten, denn beiden hatte man so viele leuchtende Johanniswürmchen in ihre Blumenkronen befestigt, als man nur finden konnte. -- Jakob von Guise sprach noch eine kleine Ermahnung über das heutige Fest und den Gebrauch dieser Feuer. -- Er sprach: "bei diesen Feuern sollet ihr gedenken, daß Johan¬ nes nicht das Licht war, das in die Finsterniß leuchtete, son¬ dern daß er Zeugniß davon gab, damit alle Menschen an das Licht glaubten; -- ihr sollet denken bei diesen Feuern, daß Johannes gesprochen: "ich taufe euch mit Wasser zur Buße, der aber nach mir kommt, wird euch mit dem heiligen Geiste und mit Feuer taufen!" und wenn ihr durch das Feuer springet sollet ihr gedenken, daß wir alle durch das Feuer der Läuterung gehen müssen; -- wohlan so erwäget die Worte der ewigen Wahrheit: "Johannes war eine brennende Leuchte, ihr aber wollet eine kleine Weile in seinem Lichte fröhlich seyn!" -- Nach diesen Worten segnete Jakob von Guise
meine Geſpielen die Reiſer- und Schilfbuͤndel zu den Johan¬ nisfeuern zuſammen. Das erſte, mir zu Ehren, ordneten ſie vor Johannis Kapelle, welche am hoͤchſten liegt. Jede der acht Schaaren opferte ihre beſten Reiſer dazu, und Klareta hatte den ſchoͤnen Blumenkranz geflochten, der daruͤber zwiſchen zwei Birkenſtaͤmmchen aufgehaͤngt ward. Dann baute jede Schaar der Anhoͤhe entlang ihren Schilfhaufen auf und haͤngte ihren Blumenkranz daruͤber, ſo daß am Waldrand um die Bleiche her neun Haufen errichtet waren. — Alle Jungfrauen und Juͤnglinge der Stadt zogen in ihrem ſchoͤn¬ ſten Putze in Choͤren ſingend heran. — Aus dem Walde kam nun auch die Kinderſchaar mit dem Johannisengel ſin¬ gend zur Kapelle gezogen; die Sonne ſank, noch brannte kein Licht, außer die Lampe in der Kapelle. Der Johannisengel ward wieder wie am Morgen in den Blumenkranz mit ſeinem Lamm geſetzt, und ſeine roſigte Mutter Eliſabeth kniete hin¬ ter ihm. Es ſah gar lieblich aus, Alles war ſtill und dun¬ kel umher, nur Immel und ſeine Mutter ſchimmerten, denn beiden hatte man ſo viele leuchtende Johanniswuͤrmchen in ihre Blumenkronen befeſtigt, als man nur finden konnte. — Jakob von Guiſe ſprach noch eine kleine Ermahnung uͤber das heutige Feſt und den Gebrauch dieſer Feuer. — Er ſprach: „bei dieſen Feuern ſollet ihr gedenken, daß Johan¬ nes nicht das Licht war, das in die Finſterniß leuchtete, ſon¬ dern daß er Zeugniß davon gab, damit alle Menſchen an das Licht glaubten; — ihr ſollet denken bei dieſen Feuern, daß Johannes geſprochen: „ich taufe euch mit Waſſer zur Buße, der aber nach mir kommt, wird euch mit dem heiligen Geiſte und mit Feuer taufen!“ und wenn ihr durch das Feuer ſpringet ſollet ihr gedenken, daß wir alle durch das Feuer der Laͤuterung gehen muͤſſen; — wohlan ſo erwaͤget die Worte der ewigen Wahrheit: „Johannes war eine brennende Leuchte, ihr aber wollet eine kleine Weile in ſeinem Lichte froͤhlich ſeyn!“ — Nach dieſen Worten ſegnete Jakob von Guiſe
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meine Geſpielen die Reiſer- und Schilfbuͤndel zu den Johan¬
nisfeuern zuſammen. Das erſte, mir zu Ehren, ordneten ſie
vor Johannis Kapelle, welche am hoͤchſten liegt. Jede der acht
Schaaren opferte ihre beſten Reiſer dazu, und Klareta hatte
den ſchoͤnen Blumenkranz geflochten, der daruͤber zwiſchen
zwei Birkenſtaͤmmchen aufgehaͤngt ward. Dann baute jede
Schaar der Anhoͤhe entlang ihren Schilfhaufen auf und
haͤngte ihren Blumenkranz daruͤber, ſo daß am Waldrand
um die Bleiche her neun Haufen errichtet waren. — Alle
Jungfrauen und Juͤnglinge der Stadt zogen in ihrem ſchoͤn¬
ſten Putze in Choͤren ſingend heran. — Aus dem Walde
kam nun auch die Kinderſchaar mit dem Johannisengel ſin¬
gend zur Kapelle gezogen; die Sonne ſank, noch brannte kein
Licht, außer die Lampe in der Kapelle. Der Johannisengel
ward wieder wie am Morgen in den Blumenkranz mit ſeinem
Lamm geſetzt, und ſeine roſigte Mutter Eliſabeth kniete hin¬
ter ihm. Es ſah gar lieblich aus, Alles war ſtill und dun¬
kel umher, nur Immel und ſeine Mutter ſchimmerten, denn
beiden hatte man ſo viele leuchtende Johanniswuͤrmchen in
ihre Blumenkronen befeſtigt, als man nur finden konnte. —
Jakob von Guiſe ſprach noch eine kleine Ermahnung uͤber
das heutige Feſt und den Gebrauch dieſer Feuer. — Er
ſprach: „bei dieſen Feuern ſollet ihr gedenken, daß Johan¬
nes nicht das Licht war, das in die Finſterniß leuchtete, ſon¬
dern daß er Zeugniß davon gab, damit alle Menſchen an
das Licht glaubten; — ihr ſollet denken bei dieſen Feuern,
daß Johannes geſprochen: „ich taufe euch mit Waſſer zur
Buße, der aber nach mir kommt, wird euch mit dem heiligen
Geiſte und mit Feuer taufen!“ und wenn ihr durch das Feuer
ſpringet ſollet ihr gedenken, daß wir alle durch das Feuer
der Laͤuterung gehen muͤſſen; — wohlan ſo erwaͤget die Worte
der ewigen Wahrheit: „Johannes war eine brennende Leuchte,
ihr aber wollet eine kleine Weile in ſeinem Lichte froͤhlich
ſeyn!“ — Nach dieſen Worten ſegnete Jakob von Guiſe
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Brentano, Clemens: Gockel, Hinkel und Gackeleia. Frankfurt, 1838, S. 309. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brentano_gockel_1838/363>, abgerufen am 21.11.2024.
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