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Brentano, Clemens: Geschichte vom braven Kasperl und dem schönen Annerl. Berlin, 1838.

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der Nacht gegeben hatte, ohne zu wissen, wem er
sie gab.

Der Herzog sprach bei diesem Anblick: Schönes,
unglückliches Annerl! schändlicher Verführer, Du kamst
zu spät! -- arme alte Mutter, Du bist ihr allein treu
geblieben, bis in den Tod. Als er mich bei diesen Wor¬
ten in seiner Nähe sah, sprach er zu mir: Sie sagten
mir von einem letzten Willen des Korporal Kasper,
haben Sie ihn bei sich? Da wendete ich mich zu der
Alten, und sagte: Arme Mutter, gebt mir die Brieftasche
Kaspers; Se. Durchlaucht wollen seinen letzten Willen
lesen.

Die Alte, welche sich um nichts bekümmerte, sagte
mürrisch: Ist Er auch wieder da? Er hätte lieber ganz
zu Hause bleiben können. Hat Er die Bittschrift? jetzt
ist es zu spät, ich habe dem armen Kinde den Trost
nicht geben können, daß sie zu Kasper in ein ehrliches
Grab soll; ach, ich hab' es ihr vorgelogen, aber sie hat
mir nicht geglaubt.

Der Herzog unterbrach sie und sprach: Ihr habt
nicht gelogen, gute Mutter, der Mensch hat sein Mög¬
lichstes gethan, der Sturz des Pferdes ist an Allem schuld;
aber sie soll ein ehrliches Grab haben bei ihrer Mutter

der Nacht gegeben hatte, ohne zu wiſſen, wem er
ſie gab.

Der Herzog ſprach bei dieſem Anblick: Schönes,
unglückliches Annerl! ſchändlicher Verführer, Du kamſt
zu ſpät! — arme alte Mutter, Du biſt ihr allein treu
geblieben, bis in den Tod. Als er mich bei dieſen Wor¬
ten in ſeiner Nähe ſah, ſprach er zu mir: Sie ſagten
mir von einem letzten Willen des Korporal Kasper,
haben Sie ihn bei ſich? Da wendete ich mich zu der
Alten, und ſagte: Arme Mutter, gebt mir die Brieftaſche
Kaspers; Se. Durchlaucht wollen ſeinen letzten Willen
leſen.

Die Alte, welche ſich um nichts bekümmerte, ſagte
mürriſch: Iſt Er auch wieder da? Er hätte lieber ganz
zu Hauſe bleiben können. Hat Er die Bittſchrift? jetzt
iſt es zu ſpät, ich habe dem armen Kinde den Troſt
nicht geben können, daß ſie zu Kasper in ein ehrliches
Grab ſoll; ach, ich hab' es ihr vorgelogen, aber ſie hat
mir nicht geglaubt.

Der Herzog unterbrach ſie und ſprach: Ihr habt
nicht gelogen, gute Mutter, der Menſch hat ſein Mög¬
lichſtes gethan, der Sturz des Pferdes iſt an Allem ſchuld;
aber ſie ſoll ein ehrliches Grab haben bei ihrer Mutter

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[62/0072] der Nacht gegeben hatte, ohne zu wiſſen, wem er ſie gab. Der Herzog ſprach bei dieſem Anblick: Schönes, unglückliches Annerl! ſchändlicher Verführer, Du kamſt zu ſpät! — arme alte Mutter, Du biſt ihr allein treu geblieben, bis in den Tod. Als er mich bei dieſen Wor¬ ten in ſeiner Nähe ſah, ſprach er zu mir: Sie ſagten mir von einem letzten Willen des Korporal Kasper, haben Sie ihn bei ſich? Da wendete ich mich zu der Alten, und ſagte: Arme Mutter, gebt mir die Brieftaſche Kaspers; Se. Durchlaucht wollen ſeinen letzten Willen leſen. Die Alte, welche ſich um nichts bekümmerte, ſagte mürriſch: Iſt Er auch wieder da? Er hätte lieber ganz zu Hauſe bleiben können. Hat Er die Bittſchrift? jetzt iſt es zu ſpät, ich habe dem armen Kinde den Troſt nicht geben können, daß ſie zu Kasper in ein ehrliches Grab ſoll; ach, ich hab' es ihr vorgelogen, aber ſie hat mir nicht geglaubt. Der Herzog unterbrach ſie und ſprach: Ihr habt nicht gelogen, gute Mutter, der Menſch hat ſein Mög¬ lichſtes gethan, der Sturz des Pferdes iſt an Allem ſchuld; aber ſie ſoll ein ehrliches Grab haben bei ihrer Mutter

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Zitationshilfe: Brentano, Clemens: Geschichte vom braven Kasperl und dem schönen Annerl. Berlin, 1838, S. 62. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brentano_kasperl_1838/72>, abgerufen am 24.11.2024.