Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 2. Hamburg, 1727.

Bild:
<< vorherige Seite

Die unbeweg'te Flut. So kräftig war das Grün,
Daß es an manchem Orte schien,
Als näme wahres Schilf und Binsen,
Als nämen grüne Wasser-Linsen
Des Wassers Fläche würklich ein:
Recht leiblich schien der Schein zu seyn.
Wenn ich der grünen Klarheit Grenzen
Mit aufmerksamen Blick beschau;
Seh' ich des Himmels funkelnd Blau
Oft rein, oft hier und dort voll Wolken-Silber glänzen.
Man kann, wenn man's erwäget, finden,
Wie voller Licht und Klarheit hier
Des Himmels und der Erde Zier
Auf einer Stelle sich verbinden.
So herrlich glänzt, so lieblich prang't die Flut,
So lange sie in glatter Stille ruht.

Allein es spüret uns're Brust
Noch eine neue Lust,
So bald von ungefehr
Das Schuppen-reiche Heer
Der feuchten Fisch' aus ihren Tiefen steiget,
Die Wunder-schön gemal'te Fläche reg't,
Und, da es Licht und Laub beweg't,
Daß eins ins andre fliess't, uns deutlich zeiget,
Wie das, so wir gesehn,
Nicht eine wahre Schilderey,
Weil sie durchdringlich ist, gewesen sey.
Wir sehn sodann durch sie mit Haufen
Bald hier, bald dort halb grün-halb blaue Cirkel laufen,
Nachdem die regen Kreise
Der Laub- und Licht-Schein trifft. Jch ließ zu ihrer
Speise
Mir etwas Brodt, das sie mit Lust verschlingen,
Von meinem Gärtner bringen.

Mein

Die unbeweg’te Flut. So kraͤftig war das Gruͤn,
Daß es an manchem Orte ſchien,
Als naͤme wahres Schilf und Binſen,
Als naͤmen gruͤne Waſſer-Linſen
Des Waſſers Flaͤche wuͤrklich ein:
Recht leiblich ſchien der Schein zu ſeyn.
Wenn ich der gruͤnen Klarheit Grenzen
Mit aufmerkſamen Blick beſchau;
Seh’ ich des Himmels funkelnd Blau
Oft rein, oft hier und dort voll Wolken-Silber glaͤnzen.
Man kann, wenn man’s erwaͤget, finden,
Wie voller Licht und Klarheit hier
Des Himmels und der Erde Zier
Auf einer Stelle ſich verbinden.
So herrlich glaͤnzt, ſo lieblich prang’t die Flut,
So lange ſie in glatter Stille ruht.

Allein es ſpuͤret unſ’re Bruſt
Noch eine neue Luſt,
So bald von ungefehr
Das Schuppen-reiche Heer
Der feuchten Fiſch’ aus ihren Tiefen ſteiget,
Die Wunder-ſchoͤn gemal’te Flaͤche reg’t,
Und, da es Licht und Laub beweg’t,
Daß eins ins andre flieſſ’t, uns deutlich zeiget,
Wie das, ſo wir geſehn,
Nicht eine wahre Schilderey,
Weil ſie durchdringlich iſt, geweſen ſey.
Wir ſehn ſodann durch ſie mit Haufen
Bald hier, bald dort halb gruͤn-halb blaue Cirkel laufen,
Nachdem die regen Kreiſe
Der Laub- und Licht-Schein trifft. Jch ließ zu ihrer
Speiſe
Mir etwas Brodt, das ſie mit Luſt verſchlingen,
Von meinem Gaͤrtner bringen.

Mein
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg n="9">
            <l><pb facs="#f0142" n="106"/>
Die unbeweg&#x2019;te Flut. So kra&#x0364;ftig war das Gru&#x0364;n,</l><lb/>
            <l>Daß es an manchem Orte &#x017F;chien,</l><lb/>
            <l>Als na&#x0364;me wahres Schilf und Bin&#x017F;en,</l><lb/>
            <l>Als na&#x0364;men gru&#x0364;ne Wa&#x017F;&#x017F;er-Lin&#x017F;en</l><lb/>
            <l>Des Wa&#x017F;&#x017F;ers Fla&#x0364;che wu&#x0364;rklich ein:</l><lb/>
            <l>Recht leiblich &#x017F;chien der Schein zu &#x017F;eyn.</l><lb/>
            <l>Wenn ich der gru&#x0364;nen Klarheit Grenzen</l><lb/>
            <l>Mit aufmerk&#x017F;amen Blick be&#x017F;chau;</l><lb/>
            <l>Seh&#x2019; ich des Himmels funkelnd Blau</l><lb/>
            <l>Oft rein, oft hier und dort voll Wolken-Silber gla&#x0364;nzen.</l><lb/>
            <l>Man kann, wenn man&#x2019;s erwa&#x0364;get, finden,</l><lb/>
            <l>Wie voller Licht und Klarheit hier</l><lb/>
            <l>Des Himmels und der Erde Zier</l><lb/>
            <l>Auf einer Stelle &#x017F;ich verbinden.</l><lb/>
            <l>So herrlich gla&#x0364;nzt, &#x017F;o lieblich prang&#x2019;t die Flut,</l><lb/>
            <l>So lange &#x017F;ie in glatter Stille ruht.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="10">
            <l>Allein es &#x017F;pu&#x0364;ret un&#x017F;&#x2019;re Bru&#x017F;t</l><lb/>
            <l>Noch eine neue Lu&#x017F;t,</l><lb/>
            <l>So bald von ungefehr</l><lb/>
            <l>Das Schuppen-reiche Heer</l><lb/>
            <l>Der feuchten Fi&#x017F;ch&#x2019; aus ihren Tiefen &#x017F;teiget,</l><lb/>
            <l>Die Wunder-&#x017F;cho&#x0364;n gemal&#x2019;te Fla&#x0364;che reg&#x2019;t,</l><lb/>
            <l>Und, da es Licht und Laub beweg&#x2019;t,</l><lb/>
            <l>Daß eins ins andre flie&#x017F;&#x017F;&#x2019;t, uns deutlich zeiget,</l><lb/>
            <l>Wie das, &#x017F;o wir ge&#x017F;ehn,</l><lb/>
            <l>Nicht eine wahre Schilderey,</l><lb/>
            <l>Weil &#x017F;ie durchdringlich i&#x017F;t, gewe&#x017F;en &#x017F;ey.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="11">
            <l>Wir &#x017F;ehn &#x017F;odann durch &#x017F;ie mit Haufen</l><lb/>
            <l>Bald hier, bald dort halb gru&#x0364;n-halb blaue Cirkel laufen,</l><lb/>
            <l>Nachdem die regen Krei&#x017F;e</l><lb/>
            <l>Der Laub- und Licht-Schein trifft. Jch ließ zu ihrer</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">Spei&#x017F;e</hi> </l><lb/>
            <l>Mir etwas Brodt, das &#x017F;ie mit Lu&#x017F;t ver&#x017F;chlingen,</l><lb/>
            <l>Von meinem Ga&#x0364;rtner bringen.</l><lb/>
            <l>
              <fw place="bottom" type="catch">Mein</fw><lb/>
            </l>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[106/0142] Die unbeweg’te Flut. So kraͤftig war das Gruͤn, Daß es an manchem Orte ſchien, Als naͤme wahres Schilf und Binſen, Als naͤmen gruͤne Waſſer-Linſen Des Waſſers Flaͤche wuͤrklich ein: Recht leiblich ſchien der Schein zu ſeyn. Wenn ich der gruͤnen Klarheit Grenzen Mit aufmerkſamen Blick beſchau; Seh’ ich des Himmels funkelnd Blau Oft rein, oft hier und dort voll Wolken-Silber glaͤnzen. Man kann, wenn man’s erwaͤget, finden, Wie voller Licht und Klarheit hier Des Himmels und der Erde Zier Auf einer Stelle ſich verbinden. So herrlich glaͤnzt, ſo lieblich prang’t die Flut, So lange ſie in glatter Stille ruht. Allein es ſpuͤret unſ’re Bruſt Noch eine neue Luſt, So bald von ungefehr Das Schuppen-reiche Heer Der feuchten Fiſch’ aus ihren Tiefen ſteiget, Die Wunder-ſchoͤn gemal’te Flaͤche reg’t, Und, da es Licht und Laub beweg’t, Daß eins ins andre flieſſ’t, uns deutlich zeiget, Wie das, ſo wir geſehn, Nicht eine wahre Schilderey, Weil ſie durchdringlich iſt, geweſen ſey. Wir ſehn ſodann durch ſie mit Haufen Bald hier, bald dort halb gruͤn-halb blaue Cirkel laufen, Nachdem die regen Kreiſe Der Laub- und Licht-Schein trifft. Jch ließ zu ihrer Speiſe Mir etwas Brodt, das ſie mit Luſt verſchlingen, Von meinem Gaͤrtner bringen. Mein

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen02_1727
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen02_1727/142
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 2. Hamburg, 1727, S. 106. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen02_1727/142>, abgerufen am 24.11.2024.