Die unbeweg'te Flut. So kräftig war das Grün, Daß es an manchem Orte schien, Als näme wahres Schilf und Binsen, Als nämen grüne Wasser-Linsen Des Wassers Fläche würklich ein: Recht leiblich schien der Schein zu seyn. Wenn ich der grünen Klarheit Grenzen Mit aufmerksamen Blick beschau; Seh' ich des Himmels funkelnd Blau Oft rein, oft hier und dort voll Wolken-Silber glänzen. Man kann, wenn man's erwäget, finden, Wie voller Licht und Klarheit hier Des Himmels und der Erde Zier Auf einer Stelle sich verbinden. So herrlich glänzt, so lieblich prang't die Flut, So lange sie in glatter Stille ruht.
Allein es spüret uns're Brust Noch eine neue Lust, So bald von ungefehr Das Schuppen-reiche Heer Der feuchten Fisch' aus ihren Tiefen steiget, Die Wunder-schön gemal'te Fläche reg't, Und, da es Licht und Laub beweg't, Daß eins ins andre fliess't, uns deutlich zeiget, Wie das, so wir gesehn, Nicht eine wahre Schilderey, Weil sie durchdringlich ist, gewesen sey.
Wir sehn sodann durch sie mit Haufen Bald hier, bald dort halb grün-halb blaue Cirkel laufen, Nachdem die regen Kreise Der Laub- und Licht-Schein trifft. Jch ließ zu ihrer Speise Mir etwas Brodt, das sie mit Lust verschlingen, Von meinem Gärtner bringen.
Mein
Die unbeweg’te Flut. So kraͤftig war das Gruͤn, Daß es an manchem Orte ſchien, Als naͤme wahres Schilf und Binſen, Als naͤmen gruͤne Waſſer-Linſen Des Waſſers Flaͤche wuͤrklich ein: Recht leiblich ſchien der Schein zu ſeyn. Wenn ich der gruͤnen Klarheit Grenzen Mit aufmerkſamen Blick beſchau; Seh’ ich des Himmels funkelnd Blau Oft rein, oft hier und dort voll Wolken-Silber glaͤnzen. Man kann, wenn man’s erwaͤget, finden, Wie voller Licht und Klarheit hier Des Himmels und der Erde Zier Auf einer Stelle ſich verbinden. So herrlich glaͤnzt, ſo lieblich prang’t die Flut, So lange ſie in glatter Stille ruht.
Allein es ſpuͤret unſ’re Bruſt Noch eine neue Luſt, So bald von ungefehr Das Schuppen-reiche Heer Der feuchten Fiſch’ aus ihren Tiefen ſteiget, Die Wunder-ſchoͤn gemal’te Flaͤche reg’t, Und, da es Licht und Laub beweg’t, Daß eins ins andre flieſſ’t, uns deutlich zeiget, Wie das, ſo wir geſehn, Nicht eine wahre Schilderey, Weil ſie durchdringlich iſt, geweſen ſey.
Wir ſehn ſodann durch ſie mit Haufen Bald hier, bald dort halb gruͤn-halb blaue Cirkel laufen, Nachdem die regen Kreiſe Der Laub- und Licht-Schein trifft. Jch ließ zu ihrer Speiſe Mir etwas Brodt, das ſie mit Luſt verſchlingen, Von meinem Gaͤrtner bringen.
Mein
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Die unbeweg’te Flut. So kraͤftig war das Gruͤn,</l><lb/><l>Daß es an manchem Orte ſchien,</l><lb/><l>Als naͤme wahres Schilf und Binſen,</l><lb/><l>Als naͤmen gruͤne Waſſer-Linſen</l><lb/><l>Des Waſſers Flaͤche wuͤrklich ein:</l><lb/><l>Recht leiblich ſchien der Schein zu ſeyn.</l><lb/><l>Wenn ich der gruͤnen Klarheit Grenzen</l><lb/><l>Mit aufmerkſamen Blick beſchau;</l><lb/><l>Seh’ ich des Himmels funkelnd Blau</l><lb/><l>Oft rein, oft hier und dort voll Wolken-Silber glaͤnzen.</l><lb/><l>Man kann, wenn man’s erwaͤget, finden,</l><lb/><l>Wie voller Licht und Klarheit hier</l><lb/><l>Des Himmels und der Erde Zier</l><lb/><l>Auf einer Stelle ſich verbinden.</l><lb/><l>So herrlich glaͤnzt, ſo lieblich prang’t die Flut,</l><lb/><l>So lange ſie in glatter Stille ruht.</l></lg><lb/><lgn="10"><l>Allein es ſpuͤret unſ’re Bruſt</l><lb/><l>Noch eine neue Luſt,</l><lb/><l>So bald von ungefehr</l><lb/><l>Das Schuppen-reiche Heer</l><lb/><l>Der feuchten Fiſch’ aus ihren Tiefen ſteiget,</l><lb/><l>Die Wunder-ſchoͤn gemal’te Flaͤche reg’t,</l><lb/><l>Und, da es Licht und Laub beweg’t,</l><lb/><l>Daß eins ins andre flieſſ’t, uns deutlich zeiget,</l><lb/><l>Wie das, ſo wir geſehn,</l><lb/><l>Nicht eine wahre Schilderey,</l><lb/><l>Weil ſie durchdringlich iſt, geweſen ſey.</l></lg><lb/><lgn="11"><l>Wir ſehn ſodann durch ſie mit Haufen</l><lb/><l>Bald hier, bald dort halb gruͤn-halb blaue Cirkel laufen,</l><lb/><l>Nachdem die regen Kreiſe</l><lb/><l>Der Laub- und Licht-Schein trifft. Jch ließ zu ihrer</l><lb/><l><hirendition="#et">Speiſe</hi></l><lb/><l>Mir etwas Brodt, das ſie mit Luſt verſchlingen,</l><lb/><l>Von meinem Gaͤrtner bringen.</l><lb/><l><fwplace="bottom"type="catch">Mein</fw><lb/></l></lg></div></div></body></text></TEI>
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Die unbeweg’te Flut. So kraͤftig war das Gruͤn,
Daß es an manchem Orte ſchien,
Als naͤme wahres Schilf und Binſen,
Als naͤmen gruͤne Waſſer-Linſen
Des Waſſers Flaͤche wuͤrklich ein:
Recht leiblich ſchien der Schein zu ſeyn.
Wenn ich der gruͤnen Klarheit Grenzen
Mit aufmerkſamen Blick beſchau;
Seh’ ich des Himmels funkelnd Blau
Oft rein, oft hier und dort voll Wolken-Silber glaͤnzen.
Man kann, wenn man’s erwaͤget, finden,
Wie voller Licht und Klarheit hier
Des Himmels und der Erde Zier
Auf einer Stelle ſich verbinden.
So herrlich glaͤnzt, ſo lieblich prang’t die Flut,
So lange ſie in glatter Stille ruht.
Allein es ſpuͤret unſ’re Bruſt
Noch eine neue Luſt,
So bald von ungefehr
Das Schuppen-reiche Heer
Der feuchten Fiſch’ aus ihren Tiefen ſteiget,
Die Wunder-ſchoͤn gemal’te Flaͤche reg’t,
Und, da es Licht und Laub beweg’t,
Daß eins ins andre flieſſ’t, uns deutlich zeiget,
Wie das, ſo wir geſehn,
Nicht eine wahre Schilderey,
Weil ſie durchdringlich iſt, geweſen ſey.
Wir ſehn ſodann durch ſie mit Haufen
Bald hier, bald dort halb gruͤn-halb blaue Cirkel laufen,
Nachdem die regen Kreiſe
Der Laub- und Licht-Schein trifft. Jch ließ zu ihrer
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Mir etwas Brodt, das ſie mit Luſt verſchlingen,
Von meinem Gaͤrtner bringen.
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 2. Hamburg, 1727, S. 106. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen02_1727/142>, abgerufen am 24.11.2024.
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