Empfinden und geniessen. Der Erden Dicht- und Dunkelheit Verwehret solches nur: denn ihre Stralen schiessen Viel tausend Meilen weiter fort. Wie grob würd' überdem die Meynung seyn, Als ob der ew'gen Gottheit Schein Nicht unbegreiflich herrlicher, Allgegenwärtiger, durchdringender, Als wie des Sonnen-Lichts Erschaff'ner Cörper wäre? Gewiß, es brächte dieß der Gottheit wenig Ehre, Zu glauben: als wär' etwas dichts, Materialisches und Cörperlichs geschickt, Von einem Ort sie auszuschliessen. Ach höre, Wie David dieß weit anders ausgedrückt, Und was davon für Wort' aus seiner Feder fliessen: Wenn ich in den Himmel führe; grosser GOtt, so bist Du da. Bettet' ich mich in der Hölle; wärest Du mir gleichfalls nah. Näm' ich der Auroren Flügel, flög' ich bis ans äuss're Meer; Fünde mich doch Deine Rechte, weil ich nicht verborgen wär. Soll aller Sonnen Sonn' und HErr, das ew'ge Licht, Der Urstand und die Qvell von allen Dingen, Der Himmel, Erd und Meer erschaffet, wenn Er spricht, Nicht in denselben seyn, nicht alles das durchdringen, Was Er gemacht, was Er allein erhält? Dieß ist ja so gewiß, als daß das, was ich sehe, Mir in die Augen fällt. Jnzwischen schrecke dich und tröste dich die Nähe
Der
Empfinden und genieſſen. Der Erden Dicht- und Dunkelheit Verwehret ſolches nur: denn ihre Stralen ſchieſſen Viel tauſend Meilen weiter fort. Wie grob wuͤrd’ uͤberdem die Meynung ſeyn, Als ob der ew’gen Gottheit Schein Nicht unbegreiflich herrlicher, Allgegenwaͤrtiger, durchdringender, Als wie des Sonnen-Lichts Erſchaff’ner Coͤrper waͤre? Gewiß, es braͤchte dieß der Gottheit wenig Ehre, Zu glauben: als waͤr’ etwas dichts, Materialiſches und Coͤrperlichs geſchickt, Von einem Ort ſie auszuſchlieſſen. Ach hoͤre, Wie David dieß weit anders ausgedruͤckt, Und was davon fuͤr Wort’ aus ſeiner Feder flieſſen: Wenn ich in den Himmel fuͤhre; groſſer GOtt, ſo biſt Du da. Bettet’ ich mich in der Hoͤlle; waͤreſt Du mir gleichfalls nah. Naͤm’ ich der Auroren Fluͤgel, floͤg’ ich bis ans aͤuſſ’re Meer; Fuͤnde mich doch Deine Rechte, weil ich nicht verborgen waͤr. Soll aller Sonnen Sonn’ und HErr, das ew’ge Licht, Der Urſtand und die Qvell von allen Dingen, Der Himmel, Erd und Meer erſchaffet, wenn Er ſpricht, Nicht in denſelben ſeyn, nicht alles das durchdringen, Was Er gemacht, was Er allein erhaͤlt? Dieß iſt ja ſo gewiß, als daß das, was ich ſehe, Mir in die Augen faͤllt. Jnzwiſchen ſchrecke dich und troͤſte dich die Naͤhe
Der
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Empfinden und genieſſen.
Der Erden Dicht- und Dunkelheit
Verwehret ſolches nur: denn ihre Stralen ſchieſſen
Viel tauſend Meilen weiter fort.
Wie grob wuͤrd’ uͤberdem die Meynung ſeyn,
Als ob der ew’gen Gottheit Schein
Nicht unbegreiflich herrlicher,
Allgegenwaͤrtiger, durchdringender,
Als wie des Sonnen-Lichts
Erſchaff’ner Coͤrper waͤre?
Gewiß, es braͤchte dieß der Gottheit wenig Ehre,
Zu glauben: als waͤr’ etwas dichts,
Materialiſches und Coͤrperlichs geſchickt,
Von einem Ort ſie auszuſchlieſſen.
Ach hoͤre,
Wie David dieß weit anders ausgedruͤckt,
Und was davon fuͤr Wort’ aus ſeiner Feder flieſſen:
Wenn ich in den Himmel fuͤhre; groſſer GOtt, ſo biſt
Du da.
Bettet’ ich mich in der Hoͤlle; waͤreſt Du mir gleichfalls
nah.
Naͤm’ ich der Auroren Fluͤgel, floͤg’ ich bis ans aͤuſſ’re
Meer;
Fuͤnde mich doch Deine Rechte, weil ich nicht verborgen
waͤr.
Soll aller Sonnen Sonn’ und HErr, das ew’ge Licht,
Der Urſtand und die Qvell von allen Dingen,
Der Himmel, Erd und Meer erſchaffet, wenn Er ſpricht,
Nicht in denſelben ſeyn, nicht alles das durchdringen,
Was Er gemacht, was Er allein erhaͤlt?
Dieß iſt ja ſo gewiß, als daß das, was ich ſehe,
Mir in die Augen faͤllt.
Jnzwiſchen ſchrecke dich und troͤſte dich die Naͤhe
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 2. Hamburg, 1727, S. 168. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen02_1727/204>, abgerufen am 21.11.2024.
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