Daß der Sinne Kraft nicht grösser, Stell't ein neues Wunder dar. Sähen unser' Augen besser Jn der Nähe scharf und klar, Und als durch Vergröss'rungs-Gläser Aller Dinge klein'ste Zäser; Uebersäh der Augen-Stral Kaum ein Sand-Korn auf einmal.
37.
Wären Gegenteils die Augen Wie ein Fern-Glas zugericht't; Würd' ich zwar zu sehen taugen Manch entfern'tes Sternen-Licht: Aber Sachen in der Nähe, Die ich itzo deutlich sehe, Würden, auch beym Sonnen-Schein, Dunkel und unsichtbar seyn.
38.
Welch Ergetzen, welche Freuden Bringt uns Menschen das Gesicht, Wenn man das, nach langem Scheiden, Was man liebet, sieht und spricht! Denkt, wie das Gesicht uns nützet, Wenn's uns für Gefahr beschützet, Die durch Straucheln, Stoß und Fall Uns sonst drohet' überall.
39. Wenn
36.
Daß der Sinne Kraft nicht groͤſſer, Stell’t ein neues Wunder dar. Saͤhen unſer’ Augen beſſer Jn der Naͤhe ſcharf und klar, Und als durch Vergroͤſſ’rungs-Glaͤſer Aller Dinge klein’ſte Zaͤſer; Ueberſaͤh der Augen-Stral Kaum ein Sand-Korn auf einmal.
37.
Waͤren Gegenteils die Augen Wie ein Fern-Glas zugericht’t; Wuͤrd’ ich zwar zu ſehen taugen Manch entfern’tes Sternen-Licht: Aber Sachen in der Naͤhe, Die ich itzo deutlich ſehe, Wuͤrden, auch beym Sonnen-Schein, Dunkel und unſichtbar ſeyn.
38.
Welch Ergetzen, welche Freuden Bringt uns Menſchen das Geſicht, Wenn man das, nach langem Scheiden, Was man liebet, ſieht und ſpricht! Denkt, wie das Geſicht uns nuͤtzet, Wenn’s uns fuͤr Gefahr beſchuͤtzet, Die durch Straucheln, Stoß und Fall Uns ſonſt drohet’ uͤberall.
39. Wenn
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36.
Daß der Sinne Kraft nicht groͤſſer,
Stell’t ein neues Wunder dar.
Saͤhen unſer’ Augen beſſer
Jn der Naͤhe ſcharf und klar,
Und als durch Vergroͤſſ’rungs-Glaͤſer
Aller Dinge klein’ſte Zaͤſer;
Ueberſaͤh der Augen-Stral
Kaum ein Sand-Korn auf einmal.
37.
Waͤren Gegenteils die Augen
Wie ein Fern-Glas zugericht’t;
Wuͤrd’ ich zwar zu ſehen taugen
Manch entfern’tes Sternen-Licht:
Aber Sachen in der Naͤhe,
Die ich itzo deutlich ſehe,
Wuͤrden, auch beym Sonnen-Schein,
Dunkel und unſichtbar ſeyn.
38.
Welch Ergetzen, welche Freuden
Bringt uns Menſchen das Geſicht,
Wenn man das, nach langem Scheiden,
Was man liebet, ſieht und ſpricht!
Denkt, wie das Geſicht uns nuͤtzet,
Wenn’s uns fuͤr Gefahr beſchuͤtzet,
Die durch Straucheln, Stoß und Fall
Uns ſonſt drohet’ uͤberall.
39. Wenn
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 2. Hamburg, 1727, S. 298. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen02_1727/334>, abgerufen am 31.10.2024.
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