Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Herrn B. H. Brockes, [...] verdeutschte Grund-Sätze der Welt-Weisheit, des Herrn Abts Genest. Bd. 3. 2. Aufl. Hamburg, 1730.

Bild:
<< vorherige Seite
So Du, o HERR! auf uns gelencket,
Sind, ich erkenn' es wol, mir bloß durch Dich geschencket:
Denn jeder kleiner Augenblick
Jst ja von unsrer Zeit ein wesentliches Stück,
Worinn uns GOTT nicht nur das Leben,
Auch alles das zugleich, was Er auf dieser Welt,
An Gut, Bequemlichkeit, Gesundheit uns gegeben,
Recht wunderbar erhalten, noch erhält.
Nicht nur ein Jahr, ein Tag und eine Stunde,
Ein' jede flüchtige Secunde
Verdienet ja demnach, daß man in Ehrfurcht dencket:
Du hast uns, Grosser GOTT, derselbigen so viel,
Und uns in jeglicher so mancherley geschencket.
Wie hast Du Grosses ALL' auch mich
Jm abgewichnen Jahr absonderlich
So mancher Bitte doch gewähret,
Und so viel Gutes mir bescheret.
Denn ob mir gleich im vor'gen Jahr
Ein plötzlich Unglück überkam,
Da ich im Fallen Schaden nahm,
Und mir von meinem Arm so gar,
Wie starck er gleich, der obre Knochen
Dennoch entzwey gebrochen:
So hab' ich doch, o Schöpffer! Deine Huld,
Auch selbst in diesem Stand', empfunden.
Du schencktest mir Bequemlichkeit,
Gelassenheit, Geduld,
Du lindertest, sowol wenn ich verbunden,
Als sonst, der Schmertzen Hefftigkeit:
So, daß ich, weil der Bruch gantz rein;
Fast keine Pein,
Wenn
So Du, o HERR! auf uns gelencket,
Sind, ich erkenn’ es wol, mir bloß durch Dich geſchencket:
Denn jeder kleiner Augenblick
Jſt ja von unſrer Zeit ein weſentliches Stuͤck,
Worinn uns GOTT nicht nur das Leben,
Auch alles das zugleich, was Er auf dieſer Welt,
An Gut, Bequemlichkeit, Geſundheit uns gegeben,
Recht wunderbar erhalten, noch erhaͤlt.
Nicht nur ein Jahr, ein Tag und eine Stunde,
Ein’ jede fluͤchtige Secunde
Verdienet ja demnach, daß man in Ehrfurcht dencket:
Du haſt uns, Groſſer GOTT, derſelbigen ſo viel,
Und uns in jeglicher ſo mancherley geſchencket.
Wie haſt Du Groſſes ALL’ auch mich
Jm abgewichnen Jahr abſonderlich
So mancher Bitte doch gewaͤhret,
Und ſo viel Gutes mir beſcheret.
Denn ob mir gleich im vor’gen Jahr
Ein ploͤtzlich Ungluͤck uͤberkam,
Da ich im Fallen Schaden nahm,
Und mir von meinem Arm ſo gar,
Wie ſtarck er gleich, der obre Knochen
Dennoch entzwey gebrochen:
So hab’ ich doch, o Schoͤpffer! Deine Huld,
Auch ſelbſt in dieſem Stand’, empfunden.
Du ſchenckteſt mir Bequemlichkeit,
Gelaſſenheit, Geduld,
Du linderteſt, ſowol wenn ich verbunden,
Als ſonſt, der Schmertzen Hefftigkeit:
So, daß ich, weil der Bruch gantz rein;
Faſt keine Pein,
Wenn
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <pb facs="#f0717" n="687"/>
            <l>So Du, o HERR! auf uns gelencket,</l><lb/>
            <l>Sind, ich erkenn&#x2019; es wol, mir bloß durch Dich ge&#x017F;chencket:</l><lb/>
            <l>Denn jeder kleiner Augenblick</l><lb/>
            <l>J&#x017F;t ja von un&#x017F;rer Zeit ein we&#x017F;entliches Stu&#x0364;ck,</l><lb/>
            <l>Worinn uns GOTT nicht nur das Leben,</l><lb/>
            <l>Auch alles das zugleich, was Er auf die&#x017F;er Welt,</l><lb/>
            <l>An Gut, Bequemlichkeit, Ge&#x017F;undheit uns gegeben,</l><lb/>
            <l>Recht wunderbar erhalten, noch erha&#x0364;lt.</l>
          </lg><lb/>
          <lg type="poem">
            <l>Nicht nur ein Jahr, ein Tag und eine Stunde,</l><lb/>
            <l>Ein&#x2019; jede flu&#x0364;chtige Secunde</l><lb/>
            <l>Verdienet ja demnach, daß man in Ehrfurcht dencket:</l>
          </lg><lb/>
          <lg type="poem">
            <l>Du ha&#x017F;t uns, Gro&#x017F;&#x017F;er GOTT, der&#x017F;elbigen &#x017F;o viel,</l><lb/>
            <l>Und uns in jeglicher &#x017F;o mancherley ge&#x017F;chencket.</l>
          </lg><lb/>
          <lg type="poem">
            <l>Wie ha&#x017F;t Du Gro&#x017F;&#x017F;es ALL&#x2019; auch mich</l><lb/>
            <l>Jm abgewichnen Jahr ab&#x017F;onderlich</l><lb/>
            <l>So mancher Bitte doch gewa&#x0364;hret,</l><lb/>
            <l>Und &#x017F;o viel Gutes mir be&#x017F;cheret.</l><lb/>
            <l>Denn ob mir gleich im vor&#x2019;gen Jahr</l><lb/>
            <l>Ein plo&#x0364;tzlich Unglu&#x0364;ck u&#x0364;berkam,</l><lb/>
            <l>Da ich im Fallen Schaden nahm,</l><lb/>
            <l>Und mir von meinem Arm &#x017F;o gar,</l><lb/>
            <l>Wie &#x017F;tarck er gleich, der obre Knochen</l><lb/>
            <l>Dennoch entzwey gebrochen:</l><lb/>
            <l>So hab&#x2019; ich doch, o Scho&#x0364;pffer! Deine Huld,</l><lb/>
            <l>Auch &#x017F;elb&#x017F;t in die&#x017F;em Stand&#x2019;, empfunden.</l><lb/>
            <l>Du &#x017F;chenckte&#x017F;t mir Bequemlichkeit,</l><lb/>
            <l>Gela&#x017F;&#x017F;enheit, Geduld,</l><lb/>
            <l>Du linderte&#x017F;t, &#x017F;owol wenn ich verbunden,</l><lb/>
            <l>Als &#x017F;on&#x017F;t, der Schmertzen Hefftigkeit:</l><lb/>
            <l>So, daß ich, weil der Bruch gantz rein;</l><lb/>
            <l>Fa&#x017F;t keine Pein,</l><lb/>
            <fw place="bottom" type="catch">Wenn</fw><lb/>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[687/0717] So Du, o HERR! auf uns gelencket, Sind, ich erkenn’ es wol, mir bloß durch Dich geſchencket: Denn jeder kleiner Augenblick Jſt ja von unſrer Zeit ein weſentliches Stuͤck, Worinn uns GOTT nicht nur das Leben, Auch alles das zugleich, was Er auf dieſer Welt, An Gut, Bequemlichkeit, Geſundheit uns gegeben, Recht wunderbar erhalten, noch erhaͤlt. Nicht nur ein Jahr, ein Tag und eine Stunde, Ein’ jede fluͤchtige Secunde Verdienet ja demnach, daß man in Ehrfurcht dencket: Du haſt uns, Groſſer GOTT, derſelbigen ſo viel, Und uns in jeglicher ſo mancherley geſchencket. Wie haſt Du Groſſes ALL’ auch mich Jm abgewichnen Jahr abſonderlich So mancher Bitte doch gewaͤhret, Und ſo viel Gutes mir beſcheret. Denn ob mir gleich im vor’gen Jahr Ein ploͤtzlich Ungluͤck uͤberkam, Da ich im Fallen Schaden nahm, Und mir von meinem Arm ſo gar, Wie ſtarck er gleich, der obre Knochen Dennoch entzwey gebrochen: So hab’ ich doch, o Schoͤpffer! Deine Huld, Auch ſelbſt in dieſem Stand’, empfunden. Du ſchenckteſt mir Bequemlichkeit, Gelaſſenheit, Geduld, Du linderteſt, ſowol wenn ich verbunden, Als ſonſt, der Schmertzen Hefftigkeit: So, daß ich, weil der Bruch gantz rein; Faſt keine Pein, Wenn

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen03_1730
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen03_1730/717
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Herrn B. H. Brockes, [...] verdeutschte Grund-Sätze der Welt-Weisheit, des Herrn Abts Genest. Bd. 3. 2. Aufl. Hamburg, 1730, S. 687. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen03_1730/717>, abgerufen am 14.05.2024.