Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 5. Hamburg, 1736.

Bild:
<< vorherige Seite
Der geschlagene Hund.
Gar auf Menschen Stimm' und Töne, lautes Ruffen, und
Geschrey,
Doch insonderheit aufs Beten, welches laut von uns ge-
schicht,
Wenn uns etwann Hülffe nöhtig, wenn uns etwas hier
gebricht.
Daß nun dieß in Ansehn GOttes unnütz, überflüßig sey,
Meint ich damahls; glaub's auch noch. Weil dem Schöpf-
fer, was uns fehlet,
Was uns nützlich, was uns nöthig, uns erfreut, und
was uns qvälet
Besser als uns selbst bekannt. Er auch minder nicht, nicht
mehr,
Durchs Geschrey, beweget wird. Wenn jedoch dadurch
nicht nur
Andre Menschen, sondern auch noch wol manche Creatur,
Engel oder andre Geister, dem Allmächtigen zur Ehr',
(Von der äusserlichen Andacht, auch aufs innere zu schliessen,
Und wie etwann wir zu weilen, durch der Nachtigalleu
singen
Uns gerühret sehn) dem Schöpfer auch ein Lob-Lied mit-
zubringen
Angetrieben werden können: ja so gar die Eigenschaft
Unsers menschlichen Gemüths diese würcklich scheint zu
seyn;
Daß auch selber, wenn wir Beten, selbst-gesprochner Wör-
ter-Kraft,
Sonderlich wenns laut geschehn, würcklich sich so weit er-
strecket,
Daß die Andacht noch vermehrt, daß der Geist dadurch
erwecket
Das
Der geſchlagene Hund.
Gar auf Menſchen Stimm’ und Toͤne, lautes Ruffen, und
Geſchrey,
Doch inſonderheit aufs Beten, welches laut von uns ge-
ſchicht,
Wenn uns etwann Huͤlffe noͤhtig, wenn uns etwas hier
gebricht.
Daß nun dieß in Anſehn GOttes unnuͤtz, uͤberfluͤßig ſey,
Meint ich damahls; glaub’s auch noch. Weil dem Schoͤpf-
fer, was uns fehlet,
Was uns nuͤtzlich, was uns noͤthig, uns erfreut, und
was uns qvaͤlet
Beſſer als uns ſelbſt bekannt. Er auch minder nicht, nicht
mehr,
Durchs Geſchrey, beweget wird. Wenn jedoch dadurch
nicht nur
Andre Menſchen, ſondern auch noch wol manche Creatur,
Engel oder andre Geiſter, dem Allmaͤchtigen zur Ehr’,
(Von der aͤuſſerlichen Andacht, auch aufs innere zu ſchlieſſen,
Und wie etwann wir zu weilen, durch der Nachtigalleu
ſingen
Uns geruͤhret ſehn) dem Schoͤpfer auch ein Lob-Lied mit-
zubringen
Angetrieben werden koͤnnen: ja ſo gar die Eigenſchaft
Unſers menſchlichen Gemuͤths dieſe wuͤrcklich ſcheint zu
ſeyn;
Daß auch ſelber, wenn wir Beten, ſelbſt-geſprochner Woͤr-
ter-Kraft,
Sonderlich wenns laut geſchehn, wuͤrcklich ſich ſo weit er-
ſtrecket,
Daß die Andacht noch vermehrt, daß der Geiſt dadurch
erwecket
Das
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0150" n="134"/>
        <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Der ge&#x017F;chlagene Hund.</hi> </fw><lb/>
        <lg type="poem">
          <l>Gar auf Men&#x017F;chen Stimm&#x2019; und To&#x0364;ne, lautes Ruffen, und</l><lb/>
          <l> <hi rendition="#et">Ge&#x017F;chrey,</hi> </l><lb/>
          <l>Doch in&#x017F;onderheit aufs Beten, welches laut von uns ge-</l><lb/>
          <l> <hi rendition="#et">&#x017F;chicht,</hi> </l><lb/>
          <l>Wenn uns etwann Hu&#x0364;lffe no&#x0364;htig, wenn uns etwas hier</l><lb/>
          <l> <hi rendition="#et">gebricht.</hi> </l><lb/>
          <l>Daß nun dieß in An&#x017F;ehn GOttes unnu&#x0364;tz, u&#x0364;berflu&#x0364;ßig &#x017F;ey,</l><lb/>
          <l>Meint ich damahls; glaub&#x2019;s auch noch. Weil dem Scho&#x0364;pf-</l><lb/>
          <l> <hi rendition="#et">fer, was uns fehlet,</hi> </l><lb/>
          <l>Was uns nu&#x0364;tzlich, was uns no&#x0364;thig, uns erfreut, und</l><lb/>
          <l> <hi rendition="#et">was uns qva&#x0364;let</hi> </l><lb/>
          <l>Be&#x017F;&#x017F;er als uns &#x017F;elb&#x017F;t bekannt. Er auch minder nicht, nicht</l><lb/>
          <l> <hi rendition="#et">mehr,</hi> </l><lb/>
          <l>Durchs Ge&#x017F;chrey, beweget wird. Wenn jedoch dadurch</l><lb/>
          <l> <hi rendition="#et">nicht nur</hi> </l><lb/>
          <l>Andre Men&#x017F;chen, &#x017F;ondern auch noch wol manche Creatur,</l><lb/>
          <l>Engel oder andre Gei&#x017F;ter, dem Allma&#x0364;chtigen zur Ehr&#x2019;,</l><lb/>
          <l>(Von der a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;erlichen Andacht, auch aufs innere zu &#x017F;chlie&#x017F;&#x017F;en,</l><lb/>
          <l>Und wie etwann wir zu weilen, durch der Nachtigalleu</l><lb/>
          <l> <hi rendition="#et">&#x017F;ingen</hi> </l><lb/>
          <l>Uns geru&#x0364;hret &#x017F;ehn) dem Scho&#x0364;pfer auch ein Lob-Lied mit-</l><lb/>
          <l> <hi rendition="#et">zubringen</hi> </l><lb/>
          <l>Angetrieben werden ko&#x0364;nnen: ja &#x017F;o gar die Eigen&#x017F;chaft</l><lb/>
          <l>Un&#x017F;ers men&#x017F;chlichen Gemu&#x0364;ths die&#x017F;e wu&#x0364;rcklich &#x017F;cheint zu</l><lb/>
          <l> <hi rendition="#et">&#x017F;eyn;</hi> </l><lb/>
          <l>Daß auch &#x017F;elber, wenn wir Beten, &#x017F;elb&#x017F;t-ge&#x017F;prochner Wo&#x0364;r-</l><lb/>
          <l> <hi rendition="#et">ter-Kraft,</hi> </l><lb/>
          <l>Sonderlich wenns laut ge&#x017F;chehn, wu&#x0364;rcklich &#x017F;ich &#x017F;o weit er-</l><lb/>
          <l> <hi rendition="#et">&#x017F;trecket,</hi> </l><lb/>
          <l>Daß die Andacht noch vermehrt, daß der Gei&#x017F;t dadurch</l><lb/>
          <l> <hi rendition="#et">erwecket</hi> </l>
        </lg><lb/>
        <fw place="bottom" type="catch">Das</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[134/0150] Der geſchlagene Hund. Gar auf Menſchen Stimm’ und Toͤne, lautes Ruffen, und Geſchrey, Doch inſonderheit aufs Beten, welches laut von uns ge- ſchicht, Wenn uns etwann Huͤlffe noͤhtig, wenn uns etwas hier gebricht. Daß nun dieß in Anſehn GOttes unnuͤtz, uͤberfluͤßig ſey, Meint ich damahls; glaub’s auch noch. Weil dem Schoͤpf- fer, was uns fehlet, Was uns nuͤtzlich, was uns noͤthig, uns erfreut, und was uns qvaͤlet Beſſer als uns ſelbſt bekannt. Er auch minder nicht, nicht mehr, Durchs Geſchrey, beweget wird. Wenn jedoch dadurch nicht nur Andre Menſchen, ſondern auch noch wol manche Creatur, Engel oder andre Geiſter, dem Allmaͤchtigen zur Ehr’, (Von der aͤuſſerlichen Andacht, auch aufs innere zu ſchlieſſen, Und wie etwann wir zu weilen, durch der Nachtigalleu ſingen Uns geruͤhret ſehn) dem Schoͤpfer auch ein Lob-Lied mit- zubringen Angetrieben werden koͤnnen: ja ſo gar die Eigenſchaft Unſers menſchlichen Gemuͤths dieſe wuͤrcklich ſcheint zu ſeyn; Daß auch ſelber, wenn wir Beten, ſelbſt-geſprochner Woͤr- ter-Kraft, Sonderlich wenns laut geſchehn, wuͤrcklich ſich ſo weit er- ſtrecket, Daß die Andacht noch vermehrt, daß der Geiſt dadurch erwecket Das

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen05_1736
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen05_1736/150
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 5. Hamburg, 1736, S. 134. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen05_1736/150>, abgerufen am 17.05.2024.