Die allerverwildertsten dornigsten Hecken, Die stachlichtsten Kräuter, der ödeste Sand, Die nacktesten Klippen und Felsen entdecken Uns einen sonderbaren Stand, Der zu erwegen werth. Sie dienen Jm Gegensatz mit der beblümten Matten Gefärbten Schmelz, und fast smaragdnen Grünen, (So wie auf ein Gemäld und Schilderey der Schatten, Durch schwarz und dunkel-braune Stellen, Die licht- und schönern zu erhellen,) Der hohlen Oerter Pracht noch zu erhöhn. Sie lassen uns von dem, was schön, Das Schöne noch viel schöner sehn.
Jn einer schönen Landschaft Schimmer, Wo eine Pracht und Zier mit einer andern immer Verbunden und gefügt, Und uns durch steten Glanz vergnügt, Bringt uns Gewohnheit oft zur Unempfindlichkeit. Die unaufhörliche Vollkommenheit Macht unsre Freude stumpf, und nach und nach Wird aller Eindruck schwach, Den sie in unserm Geist sowohl, als dem Gesicht, Uns billig wirken sollt. Denn die Gedanken gehn Mehr auf dasjenige, so fremd, als welches schön.
Jndem die Neuigkeit mehr, als die Pracht, Uns die Bewundrung größer macht. Ja, durch die Menge selbst wird unser Sinn zerstreut, Und dieses bringet uns leicht zur Undankbarkeit.
Allein,
Gegenſatz.
Gegenſatz.
Die allerverwildertſten dornigſten Hecken, Die ſtachlichtſten Kraͤuter, der oͤdeſte Sand, Die nackteſten Klippen und Felſen entdecken Uns einen ſonderbaren Stand, Der zu erwegen werth. Sie dienen Jm Gegenſatz mit der bebluͤmten Matten Gefaͤrbten Schmelz, und faſt ſmaragdnen Gruͤnen, (So wie auf ein Gemaͤld und Schilderey der Schatten, Durch ſchwarz und dunkel-braune Stellen, Die licht- und ſchoͤnern zu erhellen,) Der hohlen Oerter Pracht noch zu erhoͤhn. Sie laſſen uns von dem, was ſchoͤn, Das Schoͤne noch viel ſchoͤner ſehn.
Jn einer ſchoͤnen Landſchaft Schimmer, Wo eine Pracht und Zier mit einer andern immer Verbunden und gefuͤgt, Und uns durch ſteten Glanz vergnuͤgt, Bringt uns Gewohnheit oft zur Unempfindlichkeit. Die unaufhoͤrliche Vollkommenheit Macht unſre Freude ſtumpf, und nach und nach Wird aller Eindruck ſchwach, Den ſie in unſerm Geiſt ſowohl, als dem Geſicht, Uns billig wirken ſollt. Denn die Gedanken gehn Mehr auf dasjenige, ſo fremd, als welches ſchoͤn.
Jndem die Neuigkeit mehr, als die Pracht, Uns die Bewundrung groͤßer macht. Ja, durch die Menge ſelbſt wird unſer Sinn zerſtreut, Und dieſes bringet uns leicht zur Undankbarkeit.
Allein,
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0434"n="410"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Gegenſatz.</hi></fw><lb/><divn="2"><head><hirendition="#b"><hirendition="#g">Gegenſatz.</hi></hi></head><lb/><lgn="42"><l><hirendition="#in">D</hi>ie allerverwildertſten dornigſten Hecken,</l><lb/><l>Die ſtachlichtſten Kraͤuter, der oͤdeſte Sand,</l><lb/><l>Die nackteſten Klippen und Felſen entdecken</l><lb/><l>Uns einen ſonderbaren Stand,</l><lb/><l>Der zu erwegen werth. Sie dienen</l><lb/><l>Jm Gegenſatz mit der bebluͤmten Matten</l><lb/><l>Gefaͤrbten Schmelz, und faſt ſmaragdnen Gruͤnen,</l><lb/><l>(So wie auf ein Gemaͤld und Schilderey der Schatten,</l><lb/><l>Durch ſchwarz und dunkel-braune Stellen,</l><lb/><l>Die licht- und ſchoͤnern zu erhellen,)</l><lb/><l>Der hohlen Oerter Pracht noch zu erhoͤhn.</l><lb/><l>Sie laſſen uns von dem, was ſchoͤn,</l><lb/><l>Das Schoͤne noch viel ſchoͤner ſehn.</l></lg><lb/><lgn="43"><l>Jn einer ſchoͤnen Landſchaft Schimmer,</l><lb/><l>Wo eine Pracht und Zier mit einer andern immer</l><lb/><l>Verbunden und gefuͤgt,</l><lb/><l>Und uns durch ſteten Glanz vergnuͤgt,</l><lb/><l>Bringt uns Gewohnheit oft zur Unempfindlichkeit.</l><lb/><l>Die unaufhoͤrliche Vollkommenheit</l><lb/><l>Macht unſre Freude ſtumpf, und nach und nach</l><lb/><l>Wird aller Eindruck ſchwach,</l><lb/><l>Den ſie in unſerm Geiſt ſowohl, als dem Geſicht,</l><lb/><l>Uns billig wirken ſollt. Denn die Gedanken gehn</l><lb/><l>Mehr auf dasjenige, ſo fremd, als welches ſchoͤn.</l></lg><lb/><lgn="44"><l>Jndem die Neuigkeit mehr, als die Pracht,</l><lb/><l>Uns die Bewundrung groͤßer macht.</l><lb/><l>Ja, durch die Menge ſelbſt wird unſer Sinn zerſtreut,</l><lb/><l>Und dieſes bringet uns leicht zur Undankbarkeit.<lb/><fwplace="bottom"type="catch">Allein,</fw><lb/></l></lg></div></div></body></text></TEI>
[410/0434]
Gegenſatz.
Gegenſatz.
Die allerverwildertſten dornigſten Hecken,
Die ſtachlichtſten Kraͤuter, der oͤdeſte Sand,
Die nackteſten Klippen und Felſen entdecken
Uns einen ſonderbaren Stand,
Der zu erwegen werth. Sie dienen
Jm Gegenſatz mit der bebluͤmten Matten
Gefaͤrbten Schmelz, und faſt ſmaragdnen Gruͤnen,
(So wie auf ein Gemaͤld und Schilderey der Schatten,
Durch ſchwarz und dunkel-braune Stellen,
Die licht- und ſchoͤnern zu erhellen,)
Der hohlen Oerter Pracht noch zu erhoͤhn.
Sie laſſen uns von dem, was ſchoͤn,
Das Schoͤne noch viel ſchoͤner ſehn.
Jn einer ſchoͤnen Landſchaft Schimmer,
Wo eine Pracht und Zier mit einer andern immer
Verbunden und gefuͤgt,
Und uns durch ſteten Glanz vergnuͤgt,
Bringt uns Gewohnheit oft zur Unempfindlichkeit.
Die unaufhoͤrliche Vollkommenheit
Macht unſre Freude ſtumpf, und nach und nach
Wird aller Eindruck ſchwach,
Den ſie in unſerm Geiſt ſowohl, als dem Geſicht,
Uns billig wirken ſollt. Denn die Gedanken gehn
Mehr auf dasjenige, ſo fremd, als welches ſchoͤn.
Jndem die Neuigkeit mehr, als die Pracht,
Uns die Bewundrung groͤßer macht.
Ja, durch die Menge ſelbſt wird unſer Sinn zerſtreut,
Und dieſes bringet uns leicht zur Undankbarkeit.
Allein,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 6. Hamburg, 1740, S. 410. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740/434>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.