Und dennoch sind wir unempfindlich, und dennoch schallt ein stetes Klagen, Auch aus beglückter Menschen Munde: Wie elend (hört man diesen sagen,) Wie elend geht es auf der Welt! dem doch nicht das gering- ste fehlt, Was tausend glücklich machen würde, den weder Noth noch Krankheit quält.
Ach wer nur erst gestorben wäre! spricht jener; wer im Himmel wäre! Seufzt dorten eine schwache Seele. Dieß bringt der Gottheit wenig Ehre, Daß (da uns Gott in einen Ort, wo so viel Güter sind, gesetzt, Nach seinem weisen Rath und Willen) man es für keine Sün- de schätzt, Des Schöpfers Güte zu verachten, und, da er, daß wir hier seyn sollen, Nach seiner heilgen Ordnung, will, wir hier durchaus nicht bleiben wollen. Anstatt, mit Dank erfüllter Seelen uns, zu den selgen Herr- lichkeiten, Jn dem Genuß von diesen Gütern, nach Gottes Willen zu bereiten; Nimmt uns ein rechter Seelen-Schwindel, mit einem straf- barn Undank, ein. Gott spricht: Wir sollen uns vergnügen, zu seiner Ehr. Wir sagen nein. Gott will, wir sollen hier auf Erden, wir wollen schon im Himmel seyn.
Gei-
Unſere eingetheilte Lebenszeit.
Und dennoch ſind wir unempfindlich, und dennoch ſchallt ein ſtetes Klagen, Auch aus begluͤckter Menſchen Munde: Wie elend (hoͤrt man dieſen ſagen,) Wie elend geht es auf der Welt! dem doch nicht das gering- ſte fehlt, Was tauſend gluͤcklich machen wuͤrde, den weder Noth noch Krankheit quaͤlt.
Ach wer nur erſt geſtorben waͤre! ſpricht jener; wer im Himmel waͤre! Seufzt dorten eine ſchwache Seele. Dieß bringt der Gottheit wenig Ehre, Daß (da uns Gott in einen Ort, wo ſo viel Guͤter ſind, geſetzt, Nach ſeinem weiſen Rath und Willen) man es fuͤr keine Suͤn- de ſchaͤtzt, Des Schoͤpfers Guͤte zu verachten, und, da er, daß wir hier ſeyn ſollen, Nach ſeiner heilgen Ordnung, will, wir hier durchaus nicht bleiben wollen. Anſtatt, mit Dank erfuͤllter Seelen uns, zu den ſelgen Herr- lichkeiten, Jn dem Genuß von dieſen Guͤtern, nach Gottes Willen zu bereiten; Nimmt uns ein rechter Seelen-Schwindel, mit einem ſtraf- barn Undank, ein. Gott ſpricht: Wir ſollen uns vergnuͤgen, zu ſeiner Ehr. Wir ſagen nein. Gott will, wir ſollen hier auf Erden, wir wollen ſchon im Himmel ſeyn.
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Unſere eingetheilte Lebenszeit.
Und dennoch ſind wir unempfindlich, und dennoch ſchallt ein
ſtetes Klagen,
Auch aus begluͤckter Menſchen Munde: Wie elend (hoͤrt man
dieſen ſagen,)
Wie elend geht es auf der Welt! dem doch nicht das gering-
ſte fehlt,
Was tauſend gluͤcklich machen wuͤrde, den weder Noth noch
Krankheit quaͤlt.
Ach wer nur erſt geſtorben waͤre! ſpricht jener; wer im
Himmel waͤre!
Seufzt dorten eine ſchwache Seele. Dieß bringt der Gottheit
wenig Ehre,
Daß (da uns Gott in einen Ort, wo ſo viel Guͤter ſind, geſetzt,
Nach ſeinem weiſen Rath und Willen) man es fuͤr keine Suͤn-
de ſchaͤtzt,
Des Schoͤpfers Guͤte zu verachten, und, da er, daß wir hier
ſeyn ſollen,
Nach ſeiner heilgen Ordnung, will, wir hier durchaus nicht
bleiben wollen.
Anſtatt, mit Dank erfuͤllter Seelen uns, zu den ſelgen Herr-
lichkeiten,
Jn dem Genuß von dieſen Guͤtern, nach Gottes Willen zu
bereiten;
Nimmt uns ein rechter Seelen-Schwindel, mit einem ſtraf-
barn Undank, ein.
Gott ſpricht: Wir ſollen uns vergnuͤgen, zu ſeiner Ehr.
Wir ſagen nein.
Gott will, wir ſollen hier auf Erden, wir wollen
ſchon im Himmel ſeyn.
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 6. Hamburg, 1740, S. 511. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740/535>, abgerufen am 22.11.2024.
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