Du wirst, indem du so verfährest, erfahren, daß er in der That Viel besser ist, als du geglaubet, und sehr viel gutes an sich hat. Das Gute nun, was er besitzt, besitzt er weniger für sich, (Wenn du vernünftig dich beträgst, und redlich handelst,) als für dich, Du wirst weit mehr noch, als er selbst, von deines Gatten guten Gaben, Es sey am Körper oder Geist, Vergnügen, Nutz und Ehre haben.
Jst er noch jung und schön vom Leibe; laß seine liebliche Gestalt, Die dir zu anfangs so gefiel, nicht, durch Gewohnheit alsobald Vernichtiget, für dich vergehn. Besieh mit Fleiß ihr schönes Aug. Jst ihre Brust und Farbe schön: So laß sie doch für dich allein, Da sie für andern wirklich schön, nicht unglückselig häß- lich seyn! Vergleiche sie mit tausend andern, die minder schön sind, als wie sie, Und denke, wenn du sie nicht hättest, du gebest dir die größte Müh, Das, was du hast, zu überkommen. Wirst du nun etwan hier und dar, Auch eines Fehlers, einer Schwachheit, am Körper und am Geist, gewahr: Halt also bald was guts dagegen, So du gewißlich finden wirst, und häufe nicht, dir selbst zur Pein,
Die
Br.VI.Th. N n
Die Ehe.
Du wirſt, indem du ſo verfaͤhreſt, erfahren, daß er in der That Viel beſſer iſt, als du geglaubet, und ſehr viel gutes an ſich hat. Das Gute nun, was er beſitzt, beſitzt er weniger fuͤr ſich, (Wenn du vernuͤnftig dich betraͤgſt, und redlich handelſt,) als fuͤr dich, Du wirſt weit mehr noch, als er ſelbſt, von deines Gatten guten Gaben, Es ſey am Koͤrper oder Geiſt, Vergnuͤgen, Nutz und Ehre haben.
Jſt er noch jung und ſchoͤn vom Leibe; laß ſeine liebliche Geſtalt, Die dir zu anfangs ſo gefiel, nicht, durch Gewohnheit alſobald Vernichtiget, fuͤr dich vergehn. Beſieh mit Fleiß ihr ſchoͤnes Aug. Jſt ihre Bruſt und Farbe ſchoͤn: So laß ſie doch fuͤr dich allein, Da ſie fuͤr andern wirklich ſchoͤn, nicht ungluͤckſelig haͤß- lich ſeyn! Vergleiche ſie mit tauſend andern, die minder ſchoͤn ſind, als wie ſie, Und denke, wenn du ſie nicht haͤtteſt, du gebeſt dir die groͤßte Muͤh, Das, was du haſt, zu uͤberkommen. Wirſt du nun etwan hier und dar, Auch eines Fehlers, einer Schwachheit, am Koͤrper und am Geiſt, gewahr: Halt alſo bald was guts dagegen, So du gewißlich finden wirſt, und haͤufe nicht, dir ſelbſt zur Pein,
Die
Br.VI.Th. N n
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Die Ehe.
Du wirſt, indem du ſo verfaͤhreſt, erfahren, daß er in der
That
Viel beſſer iſt, als du geglaubet, und ſehr viel gutes an ſich
hat.
Das Gute nun, was er beſitzt, beſitzt er weniger fuͤr ſich,
(Wenn du vernuͤnftig dich betraͤgſt, und redlich handelſt,) als
fuͤr dich,
Du wirſt weit mehr noch, als er ſelbſt, von deines Gatten
guten Gaben,
Es ſey am Koͤrper oder Geiſt, Vergnuͤgen, Nutz und Ehre
haben.
Jſt er noch jung und ſchoͤn vom Leibe; laß ſeine liebliche
Geſtalt,
Die dir zu anfangs ſo gefiel, nicht, durch Gewohnheit alſobald
Vernichtiget, fuͤr dich vergehn.
Beſieh mit Fleiß ihr ſchoͤnes Aug. Jſt ihre Bruſt und Farbe
ſchoͤn:
So laß ſie doch fuͤr dich allein,
Da ſie fuͤr andern wirklich ſchoͤn, nicht ungluͤckſelig haͤß-
lich ſeyn!
Vergleiche ſie mit tauſend andern, die minder ſchoͤn ſind, als
wie ſie,
Und denke, wenn du ſie nicht haͤtteſt, du gebeſt dir die groͤßte
Muͤh,
Das, was du haſt, zu uͤberkommen. Wirſt du nun etwan hier
und dar,
Auch eines Fehlers, einer Schwachheit, am Koͤrper und am
Geiſt, gewahr:
Halt alſo bald was guts dagegen,
So du gewißlich finden wirſt, und haͤufe nicht, dir ſelbſt zur
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 6. Hamburg, 1740, S. 561. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740/585>, abgerufen am 22.11.2024.
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