Die Fehler, die, wofern sie nicht, durch etwas guts, vermin- dert seyn, Dir unerträglich werden müssen. Thu nicht, wie giftge Spin- nen pflegen, Die nichts als Gift und Böses saugen, ja ärger noch, indem der Gift, Den Spinnen nützet, da er dir hingegen tausend Plagen stift, Und schädlich gnug, mit bitterm Grämen, dich endlich selbst ins Grab zu legen.
Ach möchte man (bey tausend Fehlern, wodurch sie sich vom Guten trennen) Doch von Verliebten ein Verfahren, das fast der Tugend glei- chet, lernen, Wann sie die Fehler der Geliebten gering zu machen und so klein, Daß sie für sie nicht mehr vorhanden, so willig und so sinn- reich seyn; Hingegen was sie gutes haben, durch wiederhohltes Ueberlegen, Zu etwas unvergleichlichen, zum Wunder fast zu machen pflegen.
Ein solch Verfahren stehet zwar vollkommen nicht in uns- rer Macht; Man brauchts auch nicht so weit zu treiben. Sey nur mit allem Ernst bedacht, Nicht blind für sein Verdienst zu seyn, und dich in so weit nur zu zwingen, Beym widrigen, auch etwas guts, von ihm in dir hervor zu bringen. Der kleine Zwang ist nicht für ihn, zu deinem Besten bloß allein.
Jn
Die Ehe.
Die Fehler, die, wofern ſie nicht, durch etwas guts, vermin- dert ſeyn, Dir unertraͤglich werden muͤſſen. Thu nicht, wie giftge Spin- nen pflegen, Die nichts als Gift und Boͤſes ſaugen, ja aͤrger noch, indem der Gift, Den Spinnen nuͤtzet, da er dir hingegen tauſend Plagen ſtift, Und ſchaͤdlich gnug, mit bitterm Graͤmen, dich endlich ſelbſt ins Grab zu legen.
Ach moͤchte man (bey tauſend Fehlern, wodurch ſie ſich vom Guten trennen) Doch von Verliebten ein Verfahren, das faſt der Tugend glei- chet, lernen, Wann ſie die Fehler der Geliebten gering zu machen und ſo klein, Daß ſie fuͤr ſie nicht mehr vorhanden, ſo willig und ſo ſinn- reich ſeyn; Hingegen was ſie gutes haben, durch wiederhohltes Ueberlegen, Zu etwas unvergleichlichen, zum Wunder faſt zu machen pflegen.
Ein ſolch Verfahren ſtehet zwar vollkommen nicht in unſ- rer Macht; Man brauchts auch nicht ſo weit zu treiben. Sey nur mit allem Ernſt bedacht, Nicht blind fuͤr ſein Verdienſt zu ſeyn, und dich in ſo weit nur zu zwingen, Beym widrigen, auch etwas guts, von ihm in dir hervor zu bringen. Der kleine Zwang iſt nicht fuͤr ihn, zu deinem Beſten bloß allein.
Jn
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><lgn="8"><l><pbfacs="#f0586"n="562"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Die Ehe.</hi></fw><lb/>
Die Fehler, die, wofern ſie nicht, durch etwas guts, vermin-<lb/><hirendition="#et">dert ſeyn,</hi></l><lb/><l>Dir unertraͤglich werden muͤſſen. Thu nicht, wie giftge Spin-<lb/><hirendition="#et">nen pflegen,</hi></l><lb/><l>Die nichts als Gift und Boͤſes ſaugen, ja aͤrger noch, indem<lb/><hirendition="#et">der Gift,</hi></l><lb/><l>Den Spinnen nuͤtzet, da er dir hingegen tauſend Plagen ſtift,</l><lb/><l>Und ſchaͤdlich gnug, mit bitterm Graͤmen, dich endlich ſelbſt<lb/><hirendition="#et">ins Grab zu legen.</hi></l></lg><lb/><lgn="9"><l>Ach moͤchte man (bey tauſend Fehlern, wodurch ſie ſich<lb/><hirendition="#et">vom Guten trennen)</hi></l><lb/><l>Doch von Verliebten ein Verfahren, das faſt der Tugend glei-<lb/><hirendition="#et">chet, lernen,</hi></l><lb/><l>Wann ſie die Fehler der Geliebten gering zu machen und<lb/><hirendition="#et">ſo klein,</hi></l><lb/><l>Daß ſie fuͤr ſie nicht mehr vorhanden, ſo willig und ſo ſinn-<lb/><hirendition="#et">reich ſeyn;</hi></l><lb/><l>Hingegen was ſie gutes haben, durch wiederhohltes Ueberlegen,</l><lb/><l>Zu etwas unvergleichlichen, zum Wunder faſt zu machen<lb/><hirendition="#et">pflegen.</hi></l></lg><lb/><lgn="10"><l>Ein ſolch Verfahren ſtehet zwar vollkommen nicht in unſ-<lb/><hirendition="#et">rer Macht;</hi></l><lb/><l>Man brauchts auch nicht ſo weit zu treiben. Sey nur mit<lb/><hirendition="#et">allem Ernſt bedacht,</hi></l><lb/><l>Nicht blind fuͤr ſein Verdienſt zu ſeyn, und dich in ſo weit<lb/><hirendition="#et">nur zu zwingen,</hi></l><lb/><l>Beym widrigen, auch etwas guts, von ihm in dir hervor zu<lb/><hirendition="#et">bringen.</hi></l><lb/><l>Der kleine Zwang iſt nicht fuͤr ihn, zu deinem Beſten bloß<lb/><hirendition="#et">allein.</hi></l></lg><lb/><fwplace="bottom"type="catch">Jn</fw><lb/></div></div></body></text></TEI>
[562/0586]
Die Ehe.
Die Fehler, die, wofern ſie nicht, durch etwas guts, vermin-
dert ſeyn,
Dir unertraͤglich werden muͤſſen. Thu nicht, wie giftge Spin-
nen pflegen,
Die nichts als Gift und Boͤſes ſaugen, ja aͤrger noch, indem
der Gift,
Den Spinnen nuͤtzet, da er dir hingegen tauſend Plagen ſtift,
Und ſchaͤdlich gnug, mit bitterm Graͤmen, dich endlich ſelbſt
ins Grab zu legen.
Ach moͤchte man (bey tauſend Fehlern, wodurch ſie ſich
vom Guten trennen)
Doch von Verliebten ein Verfahren, das faſt der Tugend glei-
chet, lernen,
Wann ſie die Fehler der Geliebten gering zu machen und
ſo klein,
Daß ſie fuͤr ſie nicht mehr vorhanden, ſo willig und ſo ſinn-
reich ſeyn;
Hingegen was ſie gutes haben, durch wiederhohltes Ueberlegen,
Zu etwas unvergleichlichen, zum Wunder faſt zu machen
pflegen.
Ein ſolch Verfahren ſtehet zwar vollkommen nicht in unſ-
rer Macht;
Man brauchts auch nicht ſo weit zu treiben. Sey nur mit
allem Ernſt bedacht,
Nicht blind fuͤr ſein Verdienſt zu ſeyn, und dich in ſo weit
nur zu zwingen,
Beym widrigen, auch etwas guts, von ihm in dir hervor zu
bringen.
Der kleine Zwang iſt nicht fuͤr ihn, zu deinem Beſten bloß
allein.
Jn
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 6. Hamburg, 1740, S. 562. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740/586>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.