So aber kehren wir es um. Jndem wir bloß auf Fehler sehen, An unserm Gatten, und an ihm, recht mühsam, Unvollkom- menheit, (Für all sein guts uns selbst verblendend) bemüht sind, an ihm aus zu spähen: So setzen wir uns gegen ihn in eine solche Bitterkeit, Und ihn nicht minder gegen uns, daß wir einander ohne Grauen, Ohn Abkehr, ohne Grimm und Ekel, Verdruß und Unmuth, niemals schauen, Und so, durch unser eigne Schuld, einander selbst die Hölle bauen.
Da, wenn man der gegönnten Freuden, und in der Eh erlaubten Lüste, Jn rechter Maß, und zwar als Menschen, das heisset ei- gentlich vernünftig, Da man, so wohl was in der Anmuth schon gegenwärtig, als was künftig, Auch was darin vorbey, zu spüren, im Danken zu gebrauchen wüßte; Man beyderseits, mit allem Fleiß, auf manche Weise zu ge- denken, Jn unsers Ehegatten Lüsten, uns selbst die größte Lust zu schenken, Sich mehrentheils beschäfftgen würde. Nun ist ja das, was körperlich, Wie angenehm, wie wundervoll, und lieblich es gleich in der Eh, Wenn man des Geists Zufriedenheit dagegen hält, das wenigste.
Wie kann ein sanft, ein freundlich Wesen, ein holder Zu- spruch, wenn man sich Mit süssem Scherzen unterhält, so angenehm die Zeit uns kürzen!
Was
Die Ehe.
So aber kehren wir es um. Jndem wir bloß auf Fehler ſehen, An unſerm Gatten, und an ihm, recht muͤhſam, Unvollkom- menheit, (Fuͤr all ſein guts uns ſelbſt verblendend) bemuͤht ſind, an ihm aus zu ſpaͤhen: So ſetzen wir uns gegen ihn in eine ſolche Bitterkeit, Und ihn nicht minder gegen uns, daß wir einander ohne Grauen, Ohn Abkehr, ohne Grimm und Ekel, Verdruß und Unmuth, niemals ſchauen, Und ſo, durch unſer eigne Schuld, einander ſelbſt die Hoͤlle bauen.
Da, wenn man der gegoͤnnten Freuden, und in der Eh erlaubten Luͤſte, Jn rechter Maß, und zwar als Menſchen, das heiſſet ei- gentlich vernuͤnftig, Da man, ſo wohl was in der Anmuth ſchon gegenwaͤrtig, als was kuͤnftig, Auch was darin vorbey, zu ſpuͤren, im Danken zu gebrauchen wuͤßte; Man beyderſeits, mit allem Fleiß, auf manche Weiſe zu ge- denken, Jn unſers Ehegatten Luͤſten, uns ſelbſt die groͤßte Luſt zu ſchenken, Sich mehrentheils beſchaͤfftgen wuͤrde. Nun iſt ja das, was koͤrperlich, Wie angenehm, wie wundervoll, und lieblich es gleich in der Eh, Wenn man des Geiſts Zufriedenheit dagegen haͤlt, das wenigſte.
Wie kann ein ſanft, ein freundlich Weſen, ein holder Zu- ſpruch, wenn man ſich Mit ſuͤſſem Scherzen unterhaͤlt, ſo angenehm die Zeit uns kuͤrzen!
Was
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Die Ehe.
So aber kehren wir es um. Jndem wir bloß auf Fehler ſehen,
An unſerm Gatten, und an ihm, recht muͤhſam, Unvollkom-
menheit,
(Fuͤr all ſein guts uns ſelbſt verblendend) bemuͤht ſind, an ihm
aus zu ſpaͤhen:
So ſetzen wir uns gegen ihn in eine ſolche Bitterkeit,
Und ihn nicht minder gegen uns, daß wir einander ohne Grauen,
Ohn Abkehr, ohne Grimm und Ekel, Verdruß und Unmuth,
niemals ſchauen,
Und ſo, durch unſer eigne Schuld, einander ſelbſt die Hoͤlle
bauen.
Da, wenn man der gegoͤnnten Freuden, und in der Eh
erlaubten Luͤſte,
Jn rechter Maß, und zwar als Menſchen, das heiſſet ei-
gentlich vernuͤnftig,
Da man, ſo wohl was in der Anmuth ſchon gegenwaͤrtig, als
was kuͤnftig,
Auch was darin vorbey, zu ſpuͤren, im Danken zu gebrauchen
wuͤßte;
Man beyderſeits, mit allem Fleiß, auf manche Weiſe zu ge-
denken,
Jn unſers Ehegatten Luͤſten, uns ſelbſt die groͤßte Luſt zu
ſchenken,
Sich mehrentheils beſchaͤfftgen wuͤrde. Nun iſt ja das, was
koͤrperlich,
Wie angenehm, wie wundervoll, und lieblich es gleich in der Eh,
Wenn man des Geiſts Zufriedenheit dagegen haͤlt, das wenigſte.
Wie kann ein ſanft, ein freundlich Weſen, ein holder Zu-
ſpruch, wenn man ſich
Mit ſuͤſſem Scherzen unterhaͤlt, ſo angenehm die Zeit uns
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 6. Hamburg, 1740, S. 568. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740/592>, abgerufen am 22.11.2024.
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