Was kann aufrichtge Redlichkeit, Vertrauen, Hülfe, guter Rath, Wenn etwan rauhe Unglücks-Winde den Baum der Wohl- fahrt umzustürzen, Und uns zu fällen, sich bemühen, in Worten bald, bald in der That, Für Nutzen und Vergnügen bringen! Was ist, in einer guten Ehe, Nicht noch für tausendfach Vergnügen! Gesellschaft, Zuspruch, Zeitvertreib, Wie ist, nach Syrachs weisen Lehr, ein aufgeräumt und freund- lich Weib Ein Schatz, der nimmer gnug zu schätzen!
Wenn nun, aus ihren süssen Flammen, Noch allererst die süssen Früchte, worin sie sich verjüngen, stammen; Welch eine nie versiegne Quelle, von Anmuth, bricht so dann herfür! Sie sehn in ihnen sich verdoppelt, ihr Wesen mehret gleichsam sich; Sie wissen, daß, auch wenn sie sterben, sich ihr Gedächtniß nicht verlier. Jhr kindisch Spiel entzücket sie. Sie suchen sie gemeinschaftlich, Mit Ueberlegen und Bedacht, mit einem frölichen Bemühn, Durch Lehren mehr, mehr durch Exempel, zum künftgen Wohl- seyn zu erziehn.
Woher entsteht nun gegentheils, an so viel Orten, in der Eh, Auch bey nicht unvernünftigen, das gleichsam irdsche Höl- len-Weh, Das fast die meisten unter sich nicht anders sind, als Hund und Katzen? Woher kömmt Hadern, Widerbellen? Woher Zank, Schelten, Beissen, Kratzen?
Wo-
N n 5
Die Ehe.
Was kann aufrichtge Redlichkeit, Vertrauen, Huͤlfe, guter Rath, Wenn etwan rauhe Ungluͤcks-Winde den Baum der Wohl- fahrt umzuſtuͤrzen, Und uns zu faͤllen, ſich bemuͤhen, in Worten bald, bald in der That, Fuͤr Nutzen und Vergnuͤgen bringen! Was iſt, in einer guten Ehe, Nicht noch fuͤr tauſendfach Vergnuͤgen! Geſellſchaft, Zuſpruch, Zeitvertreib, Wie iſt, nach Syrachs weiſen Lehr, ein aufgeraͤumt und freund- lich Weib Ein Schatz, der nimmer gnug zu ſchaͤtzen!
Wenn nun, aus ihren ſuͤſſen Flammen, Noch allererſt die ſuͤſſen Fruͤchte, worin ſie ſich verjuͤngen, ſtammen; Welch eine nie verſiegne Quelle, von Anmuth, bricht ſo dann herfuͤr! Sie ſehn in ihnen ſich verdoppelt, ihr Weſen mehret gleichſam ſich; Sie wiſſen, daß, auch wenn ſie ſterben, ſich ihr Gedaͤchtniß nicht verlier. Jhr kindiſch Spiel entzuͤcket ſie. Sie ſuchen ſie gemeinſchaftlich, Mit Ueberlegen und Bedacht, mit einem froͤlichen Bemuͤhn, Durch Lehren mehr, mehr durch Exempel, zum kuͤnftgen Wohl- ſeyn zu erziehn.
Woher entſteht nun gegentheils, an ſo viel Orten, in der Eh, Auch bey nicht unvernuͤnftigen, das gleichſam irdſche Hoͤl- len-Weh, Das faſt die meiſten unter ſich nicht anders ſind, als Hund und Katzen? Woher koͤmmt Hadern, Widerbellen? Woher Zank, Schelten, Beiſſen, Kratzen?
Wo-
N n 5
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><lgn="25"><l><pbfacs="#f0593"n="569"/><fwplace="top"type="header">Die Ehe.</fw><lb/>
Was kann aufrichtge Redlichkeit, Vertrauen, Huͤlfe, guter Rath,</l><lb/><l>Wenn etwan rauhe Ungluͤcks-Winde den Baum der Wohl-<lb/><hirendition="#et">fahrt umzuſtuͤrzen,</hi></l><lb/><l>Und uns zu faͤllen, ſich bemuͤhen, in Worten bald, bald in der<lb/><hirendition="#et">That,</hi></l><lb/><l>Fuͤr Nutzen und Vergnuͤgen bringen! Was iſt, in einer guten Ehe,</l><lb/><l>Nicht noch fuͤr tauſendfach Vergnuͤgen! Geſellſchaft, Zuſpruch,<lb/><hirendition="#et">Zeitvertreib,</hi></l><lb/><l>Wie iſt, nach Syrachs weiſen Lehr, ein aufgeraͤumt und freund-<lb/><hirendition="#et">lich Weib</hi></l><lb/><l>Ein Schatz, der nimmer gnug zu ſchaͤtzen!</l></lg><lb/><lgn="26"><l>Wenn nun, aus ihren ſuͤſſen Flammen,</l><lb/><l>Noch allererſt die ſuͤſſen Fruͤchte, worin ſie ſich verjuͤngen,<lb/><hirendition="#et">ſtammen;</hi></l><lb/><l>Welch eine nie verſiegne Quelle, von Anmuth, bricht ſo dann<lb/><hirendition="#et">herfuͤr!</hi></l><lb/><l>Sie ſehn in ihnen ſich verdoppelt, ihr Weſen mehret gleichſam ſich;</l><lb/><l>Sie wiſſen, daß, auch wenn ſie ſterben, ſich ihr Gedaͤchtniß<lb/><hirendition="#et">nicht verlier.</hi></l><lb/><l>Jhr kindiſch Spiel entzuͤcket ſie. Sie ſuchen ſie gemeinſchaftlich,</l><lb/><l>Mit Ueberlegen und Bedacht, mit einem froͤlichen Bemuͤhn,</l><lb/><l>Durch Lehren mehr, mehr durch Exempel, zum kuͤnftgen Wohl-<lb/><hirendition="#et">ſeyn zu erziehn.</hi></l></lg><lb/><lgn="27"><l>Woher entſteht nun gegentheils, an ſo viel Orten, in<lb/><hirendition="#et">der Eh,</hi></l><lb/><l>Auch bey nicht unvernuͤnftigen, das gleichſam irdſche Hoͤl-<lb/><hirendition="#et">len-Weh,</hi></l><lb/><l>Das faſt die meiſten unter ſich nicht anders ſind, als Hund<lb/><hirendition="#et">und Katzen?</hi></l><lb/><l>Woher koͤmmt Hadern, Widerbellen? Woher Zank, Schelten,<lb/><hirendition="#et">Beiſſen, Kratzen?</hi><lb/><fwplace="bottom"type="sig">N n 5</fw><fwplace="bottom"type="catch">Wo-</fw><lb/></l></lg></div></div></body></text></TEI>
[569/0593]
Die Ehe.
Was kann aufrichtge Redlichkeit, Vertrauen, Huͤlfe, guter Rath,
Wenn etwan rauhe Ungluͤcks-Winde den Baum der Wohl-
fahrt umzuſtuͤrzen,
Und uns zu faͤllen, ſich bemuͤhen, in Worten bald, bald in der
That,
Fuͤr Nutzen und Vergnuͤgen bringen! Was iſt, in einer guten Ehe,
Nicht noch fuͤr tauſendfach Vergnuͤgen! Geſellſchaft, Zuſpruch,
Zeitvertreib,
Wie iſt, nach Syrachs weiſen Lehr, ein aufgeraͤumt und freund-
lich Weib
Ein Schatz, der nimmer gnug zu ſchaͤtzen!
Wenn nun, aus ihren ſuͤſſen Flammen,
Noch allererſt die ſuͤſſen Fruͤchte, worin ſie ſich verjuͤngen,
ſtammen;
Welch eine nie verſiegne Quelle, von Anmuth, bricht ſo dann
herfuͤr!
Sie ſehn in ihnen ſich verdoppelt, ihr Weſen mehret gleichſam ſich;
Sie wiſſen, daß, auch wenn ſie ſterben, ſich ihr Gedaͤchtniß
nicht verlier.
Jhr kindiſch Spiel entzuͤcket ſie. Sie ſuchen ſie gemeinſchaftlich,
Mit Ueberlegen und Bedacht, mit einem froͤlichen Bemuͤhn,
Durch Lehren mehr, mehr durch Exempel, zum kuͤnftgen Wohl-
ſeyn zu erziehn.
Woher entſteht nun gegentheils, an ſo viel Orten, in
der Eh,
Auch bey nicht unvernuͤnftigen, das gleichſam irdſche Hoͤl-
len-Weh,
Das faſt die meiſten unter ſich nicht anders ſind, als Hund
und Katzen?
Woher koͤmmt Hadern, Widerbellen? Woher Zank, Schelten,
Beiſſen, Kratzen?
Wo-
N n 5
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 6. Hamburg, 1740, S. 569. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740/593>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.