Nicht nur in Thier, auch in Jnsecten, so viel Verstand und Weisheit senken, Als wir, ja klügre Geister, haben, ohn eben uns die Kraft zu gönnen, Zu fassen, daß er es gethan, und daß es wirklich so, zu denken. Ja wenn auch eben dieser andre, aus eben diesem Grunde, schlösse: Es wäre müglich, daß ein' Auster (so schlecht und elend sie uns scheint, Da sie am rauhen Felsen klebt, und gleichsam sich mit ihm vereint) Jn diesem so armselgen Stande, doch einer Lebensart genösse, Voll Anmuth, und Vergnüglichkeit, indem sie von Verhind- rung leer, Mit stets erhabenen Gedanken, ohn Unterlaß beschäfftigt wär: So wird man ja nicht leugnen können, daß Gottes Allmacht nicht so weit, Ja noch viel weiter gehen können. Ob wir, sie gleich so zu befinden, Aus Stolz, vielleicht nicht einst verlangen. Nach seiner Macht, Unendlichkeit, Kann Gott vernünftge Wesen schaffen, und sie, womit er will, verbinden.
Un-
Schranken unſrer Vernunft.
Nicht nur in Thier, auch in Jnſecten, ſo viel Verſtand und Weisheit ſenken, Als wir, ja kluͤgre Geiſter, haben, ohn eben uns die Kraft zu goͤnnen, Zu faſſen, daß er es gethan, und daß es wirklich ſo, zu denken. Ja wenn auch eben dieſer andre, aus eben dieſem Grunde, ſchloͤſſe: Es waͤre muͤglich, daß ein’ Auſter (ſo ſchlecht und elend ſie uns ſcheint, Da ſie am rauhen Felſen klebt, und gleichſam ſich mit ihm vereint) Jn dieſem ſo armſelgen Stande, doch einer Lebensart genoͤſſe, Voll Anmuth, und Vergnuͤglichkeit, indem ſie von Verhind- rung leer, Mit ſtets erhabenen Gedanken, ohn Unterlaß beſchaͤfftigt waͤr: So wird man ja nicht leugnen koͤnnen, daß Gottes Allmacht nicht ſo weit, Ja noch viel weiter gehen koͤnnen. Ob wir, ſie gleich ſo zu befinden, Aus Stolz, vielleicht nicht einſt verlangen. Nach ſeiner Macht, Unendlichkeit, Kann Gott vernuͤnftge Weſen ſchaffen, und ſie, womit er will, verbinden.
Un-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><lgn="4"><l><pbfacs="#f0624"n="600"/><fwplace="top"type="header">Schranken unſrer Vernunft.</fw><lb/>
Nicht nur in Thier, auch in Jnſecten, ſo viel Verſtand und<lb/><hirendition="#et">Weisheit ſenken,</hi></l><lb/><l>Als wir, ja kluͤgre Geiſter, haben, ohn eben uns die Kraft zu<lb/><hirendition="#et">goͤnnen,</hi></l><lb/><l>Zu faſſen, daß er es gethan, und daß es wirklich ſo, zu denken.</l><lb/><l>Ja wenn auch eben dieſer andre, aus eben dieſem Grunde,<lb/><hirendition="#et">ſchloͤſſe:</hi></l><lb/><l>Es waͤre muͤglich, daß ein’ Auſter (ſo ſchlecht und elend ſie uns<lb/><hirendition="#et">ſcheint,</hi></l><lb/><l>Da ſie am rauhen Felſen klebt, und gleichſam ſich mit ihm<lb/><hirendition="#et">vereint)</hi></l><lb/><l>Jn dieſem ſo armſelgen Stande, doch einer Lebensart genoͤſſe,</l><lb/><l>Voll Anmuth, und Vergnuͤglichkeit, indem ſie von Verhind-<lb/><hirendition="#et">rung leer,</hi></l><lb/><l>Mit ſtets erhabenen Gedanken, ohn Unterlaß beſchaͤfftigt waͤr:</l><lb/><l>So wird man ja nicht leugnen koͤnnen, daß Gottes Allmacht<lb/><hirendition="#et">nicht ſo weit,</hi></l><lb/><l>Ja noch viel weiter gehen koͤnnen. Ob wir, ſie gleich ſo zu<lb/><hirendition="#et">befinden,</hi></l><lb/><l>Aus Stolz, vielleicht nicht einſt verlangen. Nach ſeiner Macht,<lb/><hirendition="#et">Unendlichkeit,</hi></l><lb/><l>Kann Gott vernuͤnftge Weſen ſchaffen, und ſie, womit er will,<lb/><hirendition="#et">verbinden.</hi></l></lg></div><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/><fwplace="bottom"type="catch">Un-</fw><lb/></div></body></text></TEI>
[600/0624]
Schranken unſrer Vernunft.
Nicht nur in Thier, auch in Jnſecten, ſo viel Verſtand und
Weisheit ſenken,
Als wir, ja kluͤgre Geiſter, haben, ohn eben uns die Kraft zu
goͤnnen,
Zu faſſen, daß er es gethan, und daß es wirklich ſo, zu denken.
Ja wenn auch eben dieſer andre, aus eben dieſem Grunde,
ſchloͤſſe:
Es waͤre muͤglich, daß ein’ Auſter (ſo ſchlecht und elend ſie uns
ſcheint,
Da ſie am rauhen Felſen klebt, und gleichſam ſich mit ihm
vereint)
Jn dieſem ſo armſelgen Stande, doch einer Lebensart genoͤſſe,
Voll Anmuth, und Vergnuͤglichkeit, indem ſie von Verhind-
rung leer,
Mit ſtets erhabenen Gedanken, ohn Unterlaß beſchaͤfftigt waͤr:
So wird man ja nicht leugnen koͤnnen, daß Gottes Allmacht
nicht ſo weit,
Ja noch viel weiter gehen koͤnnen. Ob wir, ſie gleich ſo zu
befinden,
Aus Stolz, vielleicht nicht einſt verlangen. Nach ſeiner Macht,
Unendlichkeit,
Kann Gott vernuͤnftge Weſen ſchaffen, und ſie, womit er will,
verbinden.
Un-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 6. Hamburg, 1740, S. 600. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740/624>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.