Mein GOtt! welch eine Donner-Wolke, Von Unglück schwehr und fürchterlich, Bedroht, sammt allem meinen Volke, Und allen Meinigen, auch mich, Mit Strahl und Schutt uns zu bedecken! So rief ich, starr von schnellem Schrecken, Als neulich ich, aus Hamburg her, Durch Dich, getreuer - - - Ein unvermuhtet Blatt empfing, Und, ohn' auf meiner Kinder Fragen: Was gutes Neues? was zu sagen, Jn mein geheimes Thürmchen ging, Voll Schwermuht mich ins Fenster legte, Mit auf dem Arm gestütztem Haupt, Und die so grause Folg' erwegte Der Nachricht, die mir alles raubt'. Jch las' das treue Warnungs-Schreiben Noch einmahl über, und ich fand, Daß dieß darinn geschrieben stand: "Wir haben, was sonst kaum zu gläuben, "Die sichre Nachricht eingenommen: "Daß dorten, leider! eh' ihrs meynt, "Mit Schiff und Völkern, unser Feind, "Euch anzufallen, werde kommen.
Wie, wenn ein Messer umgeglitten, Und man sich tief ins Fleisch geschnitten,
Das
P 5
Gedanken bey den Krieges- Trublen.
Mein GOtt! welch eine Donner-Wolke, Von Ungluͤck ſchwehr und fuͤrchterlich, Bedroht, ſammt allem meinen Volke, Und allen Meinigen, auch mich, Mit Strahl und Schutt uns zu bedecken! So rief ich, ſtarr von ſchnellem Schrecken, Als neulich ich, aus Hamburg her, Durch Dich, getreuer ‒ ‒ ‒ Ein unvermuhtet Blatt empfing, Und, ohn’ auf meiner Kinder Fragen: Was gutes Neues? was zu ſagen, Jn mein geheimes Thuͤrmchen ging, Voll Schwermuht mich ins Fenſter legte, Mit auf dem Arm geſtuͤtztem Haupt, Und die ſo grauſe Folg’ erwegte Der Nachricht, die mir alles raubt’. Jch laſ’ das treue Warnungs-Schreiben Noch einmahl uͤber, und ich fand, Daß dieß darinn geſchrieben ſtand: “Wir haben, was ſonſt kaum zu glaͤuben, „Die ſichre Nachricht eingenommen: „Daß dorten, leider! eh’ ihrs meynt, „Mit Schiff und Voͤlkern, unſer Feind, „Euch anzufallen, werde kommen.
Wie, wenn ein Meſſer umgeglitten, Und man ſich tief ins Fleiſch geſchnitten,
Das
P 5
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0251"n="233"/><divn="3"><head><hirendition="#b">Gedanken bey den Krieges-<lb/>
Trublen.</hi></head><lb/><lgtype="poem"><lgn="1"><l><hirendition="#in">M</hi>ein GOtt! welch eine Donner-Wolke,</l><lb/><l>Von Ungluͤck ſchwehr und fuͤrchterlich,</l><lb/><l>Bedroht, ſammt allem meinen Volke,</l><lb/><l>Und allen Meinigen, auch mich,</l><lb/><l>Mit Strahl und Schutt uns zu bedecken!</l><lb/><l>So rief ich, ſtarr von ſchnellem Schrecken,</l><lb/><l>Als neulich ich, aus Hamburg her,</l><lb/><l>Durch Dich, getreuer ‒‒‒</l><lb/><l>Ein unvermuhtet Blatt empfing,</l><lb/><l>Und, ohn’ auf meiner Kinder Fragen:</l><lb/><l>Was gutes Neues? was zu ſagen,</l><lb/><l>Jn mein geheimes Thuͤrmchen ging,</l><lb/><l>Voll Schwermuht mich ins Fenſter legte,</l><lb/><l>Mit auf dem Arm geſtuͤtztem Haupt,</l><lb/><l>Und die ſo grauſe Folg’ erwegte</l><lb/><l>Der Nachricht, die mir alles raubt’.</l><lb/><l>Jch laſ’ das treue Warnungs-Schreiben</l><lb/><l>Noch einmahl uͤber, und ich fand,</l><lb/><l>Daß dieß darinn geſchrieben ſtand:</l><lb/><l>“Wir haben, was ſonſt kaum zu glaͤuben,</l><lb/><l>„Die ſichre Nachricht eingenommen:</l><lb/><l>„Daß dorten, leider! eh’ ihrs meynt,</l><lb/><l>„Mit Schiff und Voͤlkern, unſer Feind,</l><lb/><l>„Euch anzufallen, werde kommen.</l></lg><lb/><lgn="2"><l>Wie, wenn ein Meſſer umgeglitten,</l><lb/><l>Und man ſich tief ins Fleiſch geſchnitten,</l></lg><lb/><fwplace="bottom"type="sig">P 5</fw><fwplace="bottom"type="catch">Das</fw><lb/></lg></div></div></div></body></text></TEI>
[233/0251]
Gedanken bey den Krieges-
Trublen.
Mein GOtt! welch eine Donner-Wolke,
Von Ungluͤck ſchwehr und fuͤrchterlich,
Bedroht, ſammt allem meinen Volke,
Und allen Meinigen, auch mich,
Mit Strahl und Schutt uns zu bedecken!
So rief ich, ſtarr von ſchnellem Schrecken,
Als neulich ich, aus Hamburg her,
Durch Dich, getreuer ‒ ‒ ‒
Ein unvermuhtet Blatt empfing,
Und, ohn’ auf meiner Kinder Fragen:
Was gutes Neues? was zu ſagen,
Jn mein geheimes Thuͤrmchen ging,
Voll Schwermuht mich ins Fenſter legte,
Mit auf dem Arm geſtuͤtztem Haupt,
Und die ſo grauſe Folg’ erwegte
Der Nachricht, die mir alles raubt’.
Jch laſ’ das treue Warnungs-Schreiben
Noch einmahl uͤber, und ich fand,
Daß dieß darinn geſchrieben ſtand:
“Wir haben, was ſonſt kaum zu glaͤuben,
„Die ſichre Nachricht eingenommen:
„Daß dorten, leider! eh’ ihrs meynt,
„Mit Schiff und Voͤlkern, unſer Feind,
„Euch anzufallen, werde kommen.
Wie, wenn ein Meſſer umgeglitten,
Und man ſich tief ins Fleiſch geſchnitten,
Das
P 5
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743, S. 233. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743/251>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.