Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743.

Bild:
<< vorherige Seite
Die
Schönheit der Wälder im Herbst.
Laßt uns die schöne Zeit des Herbsts nicht ungeprüft verge-
hen lassen!
Laßt uns, daß er von unserm Jahr ein angenehmer Theil sey,
fassen!
Es glänzt, an einem heitern Tage, die Welt in lieblicher
Gestalt,
Doch funkelt, noch vor andern Theilen der Landschaft, itzt der
bunte Wald.
Nicht glaublich, ist wie wunderschön sich itzt in Wäldern und
in Büschen
Die schönsten Farben der Natur, als roht, und gelb, und
grün, sich mischen.
Das unaufmerksamste Gesicht sieht sie anitzt kaum ohn'
Vergnügen,
Wie so verschiedne Farben sich zu so verschiednen Formen
fügen,
So, daß im niedrigen Gebüsch, und auch auf Bäumen in der
Höh',
Jch gleichsam, wie im Lenzen, Bluhmen, in bunt-gefärbten
Blättern, seh.
Jm Wald erhebet viele Stellen das gelb gewordne Farren-
Kraut,
Das man, zumahl in Eichen-Wäldern, fast unter allen Bäu-
men schaut.
Dieß holde Laub scheint überall durchs gelbe gleichsam warm
gemahlet,
So
Die
Schoͤnheit der Waͤlder im Herbſt.
Laßt uns die ſchoͤne Zeit des Herbſts nicht ungepruͤft verge-
hen laſſen!
Laßt uns, daß er von unſerm Jahr ein angenehmer Theil ſey,
faſſen!
Es glaͤnzt, an einem heitern Tage, die Welt in lieblicher
Geſtalt,
Doch funkelt, noch vor andern Theilen der Landſchaft, itzt der
bunte Wald.
Nicht glaublich, iſt wie wunderſchoͤn ſich itzt in Waͤldern und
in Buͤſchen
Die ſchoͤnſten Farben der Natur, als roht, und gelb, und
gruͤn, ſich miſchen.
Das unaufmerkſamſte Geſicht ſieht ſie anitzt kaum ohn’
Vergnuͤgen,
Wie ſo verſchiedne Farben ſich zu ſo verſchiednen Formen
fuͤgen,
So, daß im niedrigen Gebuͤſch, und auch auf Baͤumen in der
Hoͤh’,
Jch gleichſam, wie im Lenzen, Bluhmen, in bunt-gefaͤrbten
Blaͤttern, ſeh.
Jm Wald erhebet viele Stellen das gelb gewordne Farren-
Kraut,
Das man, zumahl in Eichen-Waͤldern, faſt unter allen Baͤu-
men ſchaut.
Dieß holde Laub ſcheint uͤberall durchs gelbe gleichſam warm
gemahlet,
So
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0454" n="436"/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b">Die<lb/>
Scho&#x0364;nheit der Wa&#x0364;lder im Herb&#x017F;t.</hi> </head><lb/>
            <lg type="poem">
              <lg n="1">
                <l><hi rendition="#in">L</hi>aßt uns die &#x017F;cho&#x0364;ne Zeit des Herb&#x017F;ts nicht ungepru&#x0364;ft verge-</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">hen la&#x017F;&#x017F;en!</hi> </l><lb/>
                <l>Laßt uns, daß er von un&#x017F;erm Jahr ein angenehmer Theil &#x017F;ey,</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">fa&#x017F;&#x017F;en!</hi> </l>
              </lg><lb/>
              <lg n="2">
                <l>Es gla&#x0364;nzt, an einem heitern Tage, die Welt in lieblicher</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">Ge&#x017F;talt,</hi> </l><lb/>
                <l>Doch funkelt, noch vor andern Theilen der Land&#x017F;chaft, itzt der</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">bunte Wald.</hi> </l><lb/>
                <l>Nicht glaublich, i&#x017F;t wie wunder&#x017F;cho&#x0364;n &#x017F;ich itzt in Wa&#x0364;ldern und</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">in Bu&#x0364;&#x017F;chen</hi> </l><lb/>
                <l>Die &#x017F;cho&#x0364;n&#x017F;ten Farben der Natur, als roht, und gelb, und</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">gru&#x0364;n, &#x017F;ich mi&#x017F;chen.</hi> </l><lb/>
                <l>Das unaufmerk&#x017F;am&#x017F;te Ge&#x017F;icht &#x017F;ieht &#x017F;ie anitzt kaum ohn&#x2019;</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">Vergnu&#x0364;gen,</hi> </l><lb/>
                <l>Wie &#x017F;o ver&#x017F;chiedne Farben &#x017F;ich zu &#x017F;o ver&#x017F;chiednen Formen</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">fu&#x0364;gen,</hi> </l><lb/>
                <l>So, daß im niedrigen Gebu&#x0364;&#x017F;ch, und auch auf Ba&#x0364;umen in der</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">Ho&#x0364;h&#x2019;,</hi> </l><lb/>
                <l>Jch gleich&#x017F;am, wie im Lenzen, Bluhmen, in bunt-gefa&#x0364;rbten</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">Bla&#x0364;ttern, &#x017F;eh.</hi> </l><lb/>
                <l>Jm Wald erhebet viele Stellen das gelb gewordne Farren-</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">Kraut,</hi> </l><lb/>
                <l>Das man, zumahl in Eichen-Wa&#x0364;ldern, fa&#x017F;t unter allen Ba&#x0364;u-</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">men &#x017F;chaut.</hi> </l><lb/>
                <l>Dieß holde Laub &#x017F;cheint u&#x0364;berall durchs gelbe gleich&#x017F;am warm</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">gemahlet,</hi> </l>
              </lg><lb/>
              <fw place="bottom" type="catch">So</fw><lb/>
            </lg>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[436/0454] Die Schoͤnheit der Waͤlder im Herbſt. Laßt uns die ſchoͤne Zeit des Herbſts nicht ungepruͤft verge- hen laſſen! Laßt uns, daß er von unſerm Jahr ein angenehmer Theil ſey, faſſen! Es glaͤnzt, an einem heitern Tage, die Welt in lieblicher Geſtalt, Doch funkelt, noch vor andern Theilen der Landſchaft, itzt der bunte Wald. Nicht glaublich, iſt wie wunderſchoͤn ſich itzt in Waͤldern und in Buͤſchen Die ſchoͤnſten Farben der Natur, als roht, und gelb, und gruͤn, ſich miſchen. Das unaufmerkſamſte Geſicht ſieht ſie anitzt kaum ohn’ Vergnuͤgen, Wie ſo verſchiedne Farben ſich zu ſo verſchiednen Formen fuͤgen, So, daß im niedrigen Gebuͤſch, und auch auf Baͤumen in der Hoͤh’, Jch gleichſam, wie im Lenzen, Bluhmen, in bunt-gefaͤrbten Blaͤttern, ſeh. Jm Wald erhebet viele Stellen das gelb gewordne Farren- Kraut, Das man, zumahl in Eichen-Waͤldern, faſt unter allen Baͤu- men ſchaut. Dieß holde Laub ſcheint uͤberall durchs gelbe gleichſam warm gemahlet, So

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743/454
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743, S. 436. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743/454>, abgerufen am 22.11.2024.