Das Eis thut nichts, als daß der Strahl sich nur auf ihn verschiedlich bricht. Mir ward, durch dieses Licht, ein Licht in meiner Seele angezündet, Da sie in des Geschöpfes Schönheit die Herrlichkeit des Schöpfers findet. Denn, dacht' ich, was für Herrlichkeit muß doch der Schöpfer selbst besitzen, Durch Den nicht eine Sonne nur, viel' Millionen Sonner blitzen, Erleuchten, strahlen, funkeln, brennen! Ach, betete doch jedermann, Jn Seiner Creatur Betrachtung, Sein' Allmacht, Lieb' und Weisheit an! Der noch viel' wahre Sonnen mehr durch Seinen Wink hervorgebracht, Als Millionen Sonnen-Bilder die Sonn' im klaren Eise macht.
21 Am ein und zwanzigsten war wieder die Luft bedecket und gelinde, Es thauete gemählich auf, beym nicht gar starken Sü- den-Winde, Der Frost, der gestern ziemlich strenge, veränderte sich allgemach, Und, wie gesagt, es thauete, doch sonder Regen, nach und nach.
22 Des Tages drauf erschien aufs neu an dem entwölkten Firmament, Wovon sich aller Nebel-Duft des Morgens unverhoft getrennt, Das Sonnen-Licht in solcher Klarheit, in solcher reinen Heiterkeit, Daß es kaum schöner im April, ja selber in der Mayen-Zeit,
Kaum
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Winter-Witterung in Ritzebuͤttel.
Das Eis thut nichts, als daß der Strahl ſich nur auf ihn verſchiedlich bricht. Mir ward, durch dieſes Licht, ein Licht in meiner Seele angezuͤndet, Da ſie in des Geſchoͤpfes Schoͤnheit die Herrlichkeit des Schoͤpfers findet. Denn, dacht’ ich, was fuͤr Herrlichkeit muß doch der Schoͤpfer ſelbſt beſitzen, Durch Den nicht eine Sonne nur, viel’ Millionen Sonner blitzen, Erleuchten, ſtrahlen, funkeln, brennen! Ach, betete doch jedermann, Jn Seiner Creatur Betrachtung, Sein’ Allmacht, Lieb’ und Weisheit an! Der noch viel’ wahre Sonnen mehr durch Seinen Wink hervorgebracht, Als Millionen Sonnen-Bilder die Sonn’ im klaren Eiſe macht.
21 Am ein und zwanzigſten war wieder die Luft bedecket und gelinde, Es thauete gemaͤhlich auf, beym nicht gar ſtarken Suͤ- den-Winde, Der Froſt, der geſtern ziemlich ſtrenge, veraͤnderte ſich allgemach, Und, wie geſagt, es thauete, doch ſonder Regen, nach und nach.
22 Des Tages drauf erſchien aufs neu an dem entwoͤlkten Firmament, Wovon ſich aller Nebel-Duft des Morgens unverhoft getrennt, Das Sonnen-Licht in ſolcher Klarheit, in ſolcher reinen Heiterkeit, Daß es kaum ſchoͤner im April, ja ſelber in der Mayen-Zeit,
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Winter-Witterung in Ritzebuͤttel.
Das Eis thut nichts, als daß der Strahl ſich nur auf ihn
verſchiedlich bricht.
Mir ward, durch dieſes Licht, ein Licht in meiner Seele
angezuͤndet,
Da ſie in des Geſchoͤpfes Schoͤnheit die Herrlichkeit des
Schoͤpfers findet.
Denn, dacht’ ich, was fuͤr Herrlichkeit muß doch der
Schoͤpfer ſelbſt beſitzen,
Durch Den nicht eine Sonne nur, viel’ Millionen Sonner
blitzen,
Erleuchten, ſtrahlen, funkeln, brennen! Ach, betete
doch jedermann,
Jn Seiner Creatur Betrachtung, Sein’ Allmacht, Lieb’
und Weisheit an!
Der noch viel’ wahre Sonnen mehr durch Seinen Wink
hervorgebracht,
Als Millionen Sonnen-Bilder die Sonn’ im klaren
Eiſe macht.
Am ein und zwanzigſten war wieder die Luft bedecket und
gelinde,
Es thauete gemaͤhlich auf, beym nicht gar ſtarken Suͤ-
den-Winde,
Der Froſt, der geſtern ziemlich ſtrenge, veraͤnderte ſich
allgemach,
Und, wie geſagt, es thauete, doch ſonder Regen, nach
und nach.
Des Tages drauf erſchien aufs neu an dem entwoͤlkten
Firmament,
Wovon ſich aller Nebel-Duft des Morgens unverhoft
getrennt,
Das Sonnen-Licht in ſolcher Klarheit, in ſolcher reinen
Heiterkeit,
Daß es kaum ſchoͤner im April, ja ſelber in der Mayen-Zeit,
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743, S. 553. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743/571>, abgerufen am 16.06.2024.
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