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Bruce, Peter Henry: Des Herrn Peter Heinrich Bruce [...] Nachrichten von seinen Reisen in Deutschland, Rußland, die Tartarey, Türkey, Westindien u. s. f. Leipzig, 1784.

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Capitain gab vor, daß er in der Eil vergessen habe,
frische Speisen zu kaufen, welches ein sehr übler Um-
stand für mich war, weil ich niemals gesalzenes Fleisch
essen können. Da aber des Obersten Berens Ge-
mahlinn die Gewogenheit gehabt, ohne mein Wissen
einen überflüßigen Vorrath an Lebensmitteln von al-
len Arten auf das Schiff zu schicken, so wurde des
Capitains Mangel reichlich ersetzt. Da der Wind
fortfuhr, uns entgegen zu seyn, so trieb er uns nach
der Jnsel Gothland, und wir fuhren den 2ten Julii
bey der Stadt Wisby vorbey. Jndem wir also längs
der Küste hinfuhren, sahe ich viele Kirchen mit Thür-
men, die nicht über eine Stunde weit von einander
lagen. Wir bemühten uns, nach der Jnsel Oeland
zu kommen, konnten sie aber nicht erlangen, und
nachdem wir drey Tage lang fast vergebens gearbei-
tet hatten, so überredete ich den Capitain, bey den
Jungfer-Scheren, nahe an der Schwedischen Küste,
zu ankern, wo ich mit vier Mann in einem Bothe
ans Land zu einigen Fischerhütten gieng, wo wir aber
niemanden antrafen. Wir giengen also ein wenig weiter
in den Wald, wo wir viele Leute, Männer und Wei-
ber, fanden, die Kalksteine brannten; ein alter Mann
wies uns den Weg durch den Wald nach einem Dor-
fe, wo ich mir ein Schaf, etwas Vögel, Eyer und
Butter kaufte, worauf wir zu unserm Schiffe zurück
kehrten. Weil aber der Wind noch schlecht war, so
konnten wir nicht weiter kommen. Den 8ten bekamen
wir endlich Oeland nach einem heftigen Sturme zu se-
hen, wobey sich die Wellen den ganzen Tag über uns
brachen, und wir einem Holländischen Schiffe be-
gegneten, das seinen Hauptmast verlohren hatte.

Den

Capitain gab vor, daß er in der Eil vergeſſen habe,
friſche Speiſen zu kaufen, welches ein ſehr uͤbler Um-
ſtand fuͤr mich war, weil ich niemals geſalzenes Fleiſch
eſſen koͤnnen. Da aber des Oberſten Berens Ge-
mahlinn die Gewogenheit gehabt, ohne mein Wiſſen
einen uͤberfluͤßigen Vorrath an Lebensmitteln von al-
len Arten auf das Schiff zu ſchicken, ſo wurde des
Capitains Mangel reichlich erſetzt. Da der Wind
fortfuhr, uns entgegen zu ſeyn, ſo trieb er uns nach
der Jnſel Gothland, und wir fuhren den 2ten Julii
bey der Stadt Wisby vorbey. Jndem wir alſo laͤngs
der Kuͤſte hinfuhren, ſahe ich viele Kirchen mit Thuͤr-
men, die nicht uͤber eine Stunde weit von einander
lagen. Wir bemuͤhten uns, nach der Jnſel Oeland
zu kommen, konnten ſie aber nicht erlangen, und
nachdem wir drey Tage lang faſt vergebens gearbei-
tet hatten, ſo uͤberredete ich den Capitain, bey den
Jungfer-Scheren, nahe an der Schwediſchen Kuͤſte,
zu ankern, wo ich mit vier Mann in einem Bothe
ans Land zu einigen Fiſcherhuͤtten gieng, wo wir aber
niemanden antrafen. Wir giengen alſo ein wenig weiter
in den Wald, wo wir viele Leute, Maͤnner und Wei-
ber, fanden, die Kalkſteine brannten; ein alter Mann
wies uns den Weg durch den Wald nach einem Dor-
fe, wo ich mir ein Schaf, etwas Voͤgel, Eyer und
Butter kaufte, worauf wir zu unſerm Schiffe zuruͤck
kehrten. Weil aber der Wind noch ſchlecht war, ſo
konnten wir nicht weiter kommen. Den 8ten bekamen
wir endlich Oeland nach einem heftigen Sturme zu ſe-
hen, wobey ſich die Wellen den ganzen Tag uͤber uns
brachen, und wir einem Hollaͤndiſchen Schiffe be-
gegneten, das ſeinen Hauptmaſt verlohren hatte.

Den
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[432/0442] Capitain gab vor, daß er in der Eil vergeſſen habe, friſche Speiſen zu kaufen, welches ein ſehr uͤbler Um- ſtand fuͤr mich war, weil ich niemals geſalzenes Fleiſch eſſen koͤnnen. Da aber des Oberſten Berens Ge- mahlinn die Gewogenheit gehabt, ohne mein Wiſſen einen uͤberfluͤßigen Vorrath an Lebensmitteln von al- len Arten auf das Schiff zu ſchicken, ſo wurde des Capitains Mangel reichlich erſetzt. Da der Wind fortfuhr, uns entgegen zu ſeyn, ſo trieb er uns nach der Jnſel Gothland, und wir fuhren den 2ten Julii bey der Stadt Wisby vorbey. Jndem wir alſo laͤngs der Kuͤſte hinfuhren, ſahe ich viele Kirchen mit Thuͤr- men, die nicht uͤber eine Stunde weit von einander lagen. Wir bemuͤhten uns, nach der Jnſel Oeland zu kommen, konnten ſie aber nicht erlangen, und nachdem wir drey Tage lang faſt vergebens gearbei- tet hatten, ſo uͤberredete ich den Capitain, bey den Jungfer-Scheren, nahe an der Schwediſchen Kuͤſte, zu ankern, wo ich mit vier Mann in einem Bothe ans Land zu einigen Fiſcherhuͤtten gieng, wo wir aber niemanden antrafen. Wir giengen alſo ein wenig weiter in den Wald, wo wir viele Leute, Maͤnner und Wei- ber, fanden, die Kalkſteine brannten; ein alter Mann wies uns den Weg durch den Wald nach einem Dor- fe, wo ich mir ein Schaf, etwas Voͤgel, Eyer und Butter kaufte, worauf wir zu unſerm Schiffe zuruͤck kehrten. Weil aber der Wind noch ſchlecht war, ſo konnten wir nicht weiter kommen. Den 8ten bekamen wir endlich Oeland nach einem heftigen Sturme zu ſe- hen, wobey ſich die Wellen den ganzen Tag uͤber uns brachen, und wir einem Hollaͤndiſchen Schiffe be- gegneten, das ſeinen Hauptmaſt verlohren hatte. Den

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Zitationshilfe: Bruce, Peter Henry: Des Herrn Peter Heinrich Bruce [...] Nachrichten von seinen Reisen in Deutschland, Rußland, die Tartarey, Türkey, Westindien u. s. f. Leipzig, 1784, S. 432. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bruce_reisen_1784/442>, abgerufen am 21.11.2024.