Capitain gab vor, daß er in der Eil vergessen habe, frische Speisen zu kaufen, welches ein sehr übler Um- stand für mich war, weil ich niemals gesalzenes Fleisch essen können. Da aber des Obersten Berens Ge- mahlinn die Gewogenheit gehabt, ohne mein Wissen einen überflüßigen Vorrath an Lebensmitteln von al- len Arten auf das Schiff zu schicken, so wurde des Capitains Mangel reichlich ersetzt. Da der Wind fortfuhr, uns entgegen zu seyn, so trieb er uns nach der Jnsel Gothland, und wir fuhren den 2ten Julii bey der Stadt Wisby vorbey. Jndem wir also längs der Küste hinfuhren, sahe ich viele Kirchen mit Thür- men, die nicht über eine Stunde weit von einander lagen. Wir bemühten uns, nach der Jnsel Oeland zu kommen, konnten sie aber nicht erlangen, und nachdem wir drey Tage lang fast vergebens gearbei- tet hatten, so überredete ich den Capitain, bey den Jungfer-Scheren, nahe an der Schwedischen Küste, zu ankern, wo ich mit vier Mann in einem Bothe ans Land zu einigen Fischerhütten gieng, wo wir aber niemanden antrafen. Wir giengen also ein wenig weiter in den Wald, wo wir viele Leute, Männer und Wei- ber, fanden, die Kalksteine brannten; ein alter Mann wies uns den Weg durch den Wald nach einem Dor- fe, wo ich mir ein Schaf, etwas Vögel, Eyer und Butter kaufte, worauf wir zu unserm Schiffe zurück kehrten. Weil aber der Wind noch schlecht war, so konnten wir nicht weiter kommen. Den 8ten bekamen wir endlich Oeland nach einem heftigen Sturme zu se- hen, wobey sich die Wellen den ganzen Tag über uns brachen, und wir einem Holländischen Schiffe be- gegneten, das seinen Hauptmast verlohren hatte.
Den
Capitain gab vor, daß er in der Eil vergeſſen habe, friſche Speiſen zu kaufen, welches ein ſehr uͤbler Um- ſtand fuͤr mich war, weil ich niemals geſalzenes Fleiſch eſſen koͤnnen. Da aber des Oberſten Berens Ge- mahlinn die Gewogenheit gehabt, ohne mein Wiſſen einen uͤberfluͤßigen Vorrath an Lebensmitteln von al- len Arten auf das Schiff zu ſchicken, ſo wurde des Capitains Mangel reichlich erſetzt. Da der Wind fortfuhr, uns entgegen zu ſeyn, ſo trieb er uns nach der Jnſel Gothland, und wir fuhren den 2ten Julii bey der Stadt Wisby vorbey. Jndem wir alſo laͤngs der Kuͤſte hinfuhren, ſahe ich viele Kirchen mit Thuͤr- men, die nicht uͤber eine Stunde weit von einander lagen. Wir bemuͤhten uns, nach der Jnſel Oeland zu kommen, konnten ſie aber nicht erlangen, und nachdem wir drey Tage lang faſt vergebens gearbei- tet hatten, ſo uͤberredete ich den Capitain, bey den Jungfer-Scheren, nahe an der Schwediſchen Kuͤſte, zu ankern, wo ich mit vier Mann in einem Bothe ans Land zu einigen Fiſcherhuͤtten gieng, wo wir aber niemanden antrafen. Wir giengen alſo ein wenig weiter in den Wald, wo wir viele Leute, Maͤnner und Wei- ber, fanden, die Kalkſteine brannten; ein alter Mann wies uns den Weg durch den Wald nach einem Dor- fe, wo ich mir ein Schaf, etwas Voͤgel, Eyer und Butter kaufte, worauf wir zu unſerm Schiffe zuruͤck kehrten. Weil aber der Wind noch ſchlecht war, ſo konnten wir nicht weiter kommen. Den 8ten bekamen wir endlich Oeland nach einem heftigen Sturme zu ſe- hen, wobey ſich die Wellen den ganzen Tag uͤber uns brachen, und wir einem Hollaͤndiſchen Schiffe be- gegneten, das ſeinen Hauptmaſt verlohren hatte.
Den
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0442"n="432"/>
Capitain gab vor, daß er in der Eil vergeſſen habe,<lb/>
friſche Speiſen zu kaufen, welches ein ſehr uͤbler Um-<lb/>ſtand fuͤr mich war, weil ich niemals geſalzenes Fleiſch<lb/>
eſſen koͤnnen. Da aber des Oberſten Berens Ge-<lb/>
mahlinn die Gewogenheit gehabt, ohne mein Wiſſen<lb/>
einen uͤberfluͤßigen Vorrath an Lebensmitteln von al-<lb/>
len Arten auf das Schiff zu ſchicken, ſo wurde des<lb/>
Capitains Mangel reichlich erſetzt. Da der Wind<lb/>
fortfuhr, uns entgegen zu ſeyn, ſo trieb er uns nach<lb/>
der Jnſel Gothland, und wir fuhren den 2ten Julii<lb/>
bey der Stadt Wisby vorbey. Jndem wir alſo laͤngs<lb/>
der Kuͤſte hinfuhren, ſahe ich viele Kirchen mit Thuͤr-<lb/>
men, die nicht uͤber eine Stunde weit von einander<lb/>
lagen. Wir bemuͤhten uns, nach der Jnſel Oeland<lb/>
zu kommen, konnten ſie aber nicht erlangen, und<lb/>
nachdem wir drey Tage lang faſt vergebens gearbei-<lb/>
tet hatten, ſo uͤberredete ich den Capitain, bey den<lb/>
Jungfer-Scheren, nahe an der Schwediſchen Kuͤſte,<lb/>
zu ankern, wo ich mit vier Mann in einem Bothe<lb/>
ans Land zu einigen Fiſcherhuͤtten gieng, wo wir aber<lb/>
niemanden antrafen. Wir giengen alſo ein wenig weiter<lb/>
in den Wald, wo wir viele Leute, Maͤnner und Wei-<lb/>
ber, fanden, die Kalkſteine brannten; ein alter Mann<lb/>
wies uns den Weg durch den Wald nach einem Dor-<lb/>
fe, wo ich mir ein Schaf, etwas Voͤgel, Eyer und<lb/>
Butter kaufte, worauf wir zu unſerm Schiffe zuruͤck<lb/>
kehrten. Weil aber der Wind noch ſchlecht war, ſo<lb/>
konnten wir nicht weiter kommen. Den 8ten bekamen<lb/>
wir endlich Oeland nach einem heftigen Sturme zu ſe-<lb/>
hen, wobey ſich die Wellen den ganzen Tag uͤber uns<lb/>
brachen, und wir einem Hollaͤndiſchen Schiffe be-<lb/>
gegneten, das ſeinen Hauptmaſt verlohren hatte.<lb/><fwplace="bottom"type="catch">Den</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[432/0442]
Capitain gab vor, daß er in der Eil vergeſſen habe,
friſche Speiſen zu kaufen, welches ein ſehr uͤbler Um-
ſtand fuͤr mich war, weil ich niemals geſalzenes Fleiſch
eſſen koͤnnen. Da aber des Oberſten Berens Ge-
mahlinn die Gewogenheit gehabt, ohne mein Wiſſen
einen uͤberfluͤßigen Vorrath an Lebensmitteln von al-
len Arten auf das Schiff zu ſchicken, ſo wurde des
Capitains Mangel reichlich erſetzt. Da der Wind
fortfuhr, uns entgegen zu ſeyn, ſo trieb er uns nach
der Jnſel Gothland, und wir fuhren den 2ten Julii
bey der Stadt Wisby vorbey. Jndem wir alſo laͤngs
der Kuͤſte hinfuhren, ſahe ich viele Kirchen mit Thuͤr-
men, die nicht uͤber eine Stunde weit von einander
lagen. Wir bemuͤhten uns, nach der Jnſel Oeland
zu kommen, konnten ſie aber nicht erlangen, und
nachdem wir drey Tage lang faſt vergebens gearbei-
tet hatten, ſo uͤberredete ich den Capitain, bey den
Jungfer-Scheren, nahe an der Schwediſchen Kuͤſte,
zu ankern, wo ich mit vier Mann in einem Bothe
ans Land zu einigen Fiſcherhuͤtten gieng, wo wir aber
niemanden antrafen. Wir giengen alſo ein wenig weiter
in den Wald, wo wir viele Leute, Maͤnner und Wei-
ber, fanden, die Kalkſteine brannten; ein alter Mann
wies uns den Weg durch den Wald nach einem Dor-
fe, wo ich mir ein Schaf, etwas Voͤgel, Eyer und
Butter kaufte, worauf wir zu unſerm Schiffe zuruͤck
kehrten. Weil aber der Wind noch ſchlecht war, ſo
konnten wir nicht weiter kommen. Den 8ten bekamen
wir endlich Oeland nach einem heftigen Sturme zu ſe-
hen, wobey ſich die Wellen den ganzen Tag uͤber uns
brachen, und wir einem Hollaͤndiſchen Schiffe be-
gegneten, das ſeinen Hauptmaſt verlohren hatte.
Den
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Bruce, Peter Henry: Des Herrn Peter Heinrich Bruce [...] Nachrichten von seinen Reisen in Deutschland, Rußland, die Tartarey, Türkey, Westindien u. s. f. Leipzig, 1784, S. 432. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bruce_reisen_1784/442>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.