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Brümmer, Franz: Lexikon der deutschen Dichter und Prosaisten vom Beginn des 19. Jahrhunderts bis zur Gegenwart. Bd. 3. 6. Aufl. Leipzig, 1913.

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Ker
damals Arzt war. Ludwig Uhland
hob ihn aus der Taufe. Jm Hause
zu Weinsberg, das Justinus K. 1822
am Fuße der Weibertreu erbaute und
das durch vier Dezennien Tausenden,
die der Dichterruhm, die Originali-
tät und liebenswürdige Gastfreund-
schaft K.s anzog, in dem Hause, wo
die Ritter des Geistes Tieck, Uhland,
Schwab, Lenau, Mayer, Möricke,
Strauß u. verschied. and. ihre fröh-
liche Tafelrunde hielten, aber auch
die Schattenseite der Natur durch
unheimliche Mystiker, Magnetische,
Besessene, Gemütskranke zahlreich
vertreten war: dort verlebte Theob.
K. seine poesievolle, glückliche Jugend.
Jm Jahre 1835 bezog er zum Stu-
dium der Medizin die Universität
Tübingen, war zu fernerer Ausbil-
dung in München, wo er den kranken
Clemens Brentano pflegte, in Wien,
Würzburg und machte sich dann zu
ärztlicher Unterstützung seines augen-
leidenden Vaters in Weinsberg als
Arzt seßhaft. An der Bewegung des
Jahres 1848 tätigen Anteil nehmend,
mußte er ein Jahr in Straßburg als
Flüchtling leben und wurde, als er
1850 wegen tödlicher Erkrankung
einer Schwester heimkehrte, vom
Schwurgericht zu zehn Monaten Fe-
stungshaft verurteilt, die er auf dem
Hohenasperg verbüßte. Jm Jahre
1852 zog er, da sein Vater sein Amt
als Oberamtsarzt und die ärztliche
Praxisniedergelegt hatte, nach Stutt-
gart und gründete daselbst seine viel-
besuchte galvano-magnetische Heil-
anstalt, die er 1856 nach Cannstatt
verlegte, und 1863, einige Monate
nach des Vaters Tode, zog er in das
elterliche Haus zu Weinsberg, das
nach des Vaters Wunsch nicht in
fremde Hände übergehen sollte, und
dessen Schätze und Erinnerungen er
bis zu seinem letzten Atemzuge treu
gehütet hat. Er starb, 90 Jahre alt,
am 11. August 1907.

S:

Gedichte,
1845, 1852. - Prinzessin Klatschrose
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Ker
(Ein Blumenbilderbuch für Kinder),
1853. Neue Ausg. 1894. - Aus dem
Kinderleben, 1858. - Der fliegende
Schneider (Singsp.), 1860. - Natur
und Frieden (Nn.), 1859; ins Eng-
lische übersetzt als Nature and Peace,
1861. - Tragische Erlebnisse (Nn.),
1864. - Der Einsiedler an der Wei-
bertreu (Volkskalender), 1870. - Die
Dichtungen Th. Kerners, 1879. - Der
neue Ahasver (Lustsp.), 1885. - Das
Kerner-Haus und seine Gäste, 1894.
- Altes u. Neues (Dichtungen: 1. Ge-
dichte. - 2. Scherz und Ernst), 1902.
Neue Ausg. 1903.

*Kernstock, Otto

(Klostername:
Ottokar) wurde am 25. Juli 1848 in
Marburg an der Drau (Steiermark)
geboren, wo sein (1890 in Graz als
kaiserl. Rat gestorbener) Vater Be-
amter war. Er absolvierte das Gym-
nasium in Graz, trat 1867 in das
regulierte lateranensische Chorherrn-
stift Vorau in Steiermark ein und
studierte an der Universität in Graz
Theologie, betrieb aber daneben mit
Vorliebe archivalische und historische
Studien, so daß ihm bei seiner Rück-
kehr in das Stift die Stelle des Ar-
chivars u. Bibliothekars übertragen
werden konnte. Die großartige Bü-
cherei des Klosters zählt unter ihren
Schätzen 415 Manuskripte, darunter
den berühmten "Kodex 41", eine
der köstlichsten Perlen germanischer
Schriftdenkmale, die älteste deutsche
Sammelhandschrift geistlicher und
weltlicher Dichtungen. Hier fand der
junge Mönch reichlich Gelegenheit zu
historischen, literar- u. kunstgeschicht-
lichen Arbeiten, die er in verschiede-
nen Zeitschriften veröffentlichte. Jm
Jahre 1872 erhielt er die Priester-
weihe, behielt aber sein Amt als Ar-
chivar noch bei. Später war er auf
einigen von den zehn zum Stift Vorau
gehörigen Stiftspfarren als Seel-
sorger tätig, und seit 1889 verwaltet
er die Pfarrei Festenburg. Jn die-
sem Alpenschlosse am Fuße des Wech-

*


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Ker
damals Arzt war. Ludwig Uhland
hob ihn aus der Taufe. Jm Hauſe
zu Weinsberg, das Juſtinus K. 1822
am Fuße der Weibertreu erbaute und
das durch vier Dezennien Tauſenden,
die der Dichterruhm, die Originali-
tät und liebenswürdige Gaſtfreund-
ſchaft K.s anzog, in dem Hauſe, wo
die Ritter des Geiſtes Tieck, Uhland,
Schwab, Lenau, Mayer, Möricke,
Strauß u. verſchied. and. ihre fröh-
liche Tafelrunde hielten, aber auch
die Schattenſeite der Natur durch
unheimliche Myſtiker, Magnetiſche,
Beſeſſene, Gemütskranke zahlreich
vertreten war: dort verlebte Theob.
K. ſeine poeſievolle, glückliche Jugend.
Jm Jahre 1835 bezog er zum Stu-
dium der Medizin die Univerſität
Tübingen, war zu fernerer Ausbil-
dung in München, wo er den kranken
Clemens Brentano pflegte, in Wien,
Würzburg und machte ſich dann zu
ärztlicher Unterſtützung ſeines augen-
leidenden Vaters in Weinsberg als
Arzt ſeßhaft. An der Bewegung des
Jahres 1848 tätigen Anteil nehmend,
mußte er ein Jahr in Straßburg als
Flüchtling leben und wurde, als er
1850 wegen tödlicher Erkrankung
einer Schweſter heimkehrte, vom
Schwurgericht zu zehn Monaten Fe-
ſtungshaft verurteilt, die er auf dem
Hohenasperg verbüßte. Jm Jahre
1852 zog er, da ſein Vater ſein Amt
als Oberamtsarzt und die ärztliche
Praxisniedergelegt hatte, nach Stutt-
gart und gründete daſelbſt ſeine viel-
beſuchte galvano-magnetiſche Heil-
anſtalt, die er 1856 nach Cannſtatt
verlegte, und 1863, einige Monate
nach des Vaters Tode, zog er in das
elterliche Haus zu Weinsberg, das
nach des Vaters Wunſch nicht in
fremde Hände übergehen ſollte, und
deſſen Schätze und Erinnerungen er
bis zu ſeinem letzten Atemzuge treu
gehütet hat. Er ſtarb, 90 Jahre alt,
am 11. Auguſt 1907.

S:

Gedichte,
1845, 1852. – Prinzeſſin Klatſchroſe
[Spaltenumbruch]

Ker
(Ein Blumenbilderbuch für Kinder),
1853. Neue Ausg. 1894. – Aus dem
Kinderleben, 1858. – Der fliegende
Schneider (Singſp.), 1860. – Natur
und Frieden (Nn.), 1859; ins Eng-
liſche überſetzt als Nature and Peace,
1861. – Tragiſche Erlebniſſe (Nn.),
1864. – Der Einſiedler an der Wei-
bertreu (Volkskalender), 1870. – Die
Dichtungen Th. Kerners, 1879. – Der
neue Ahasver (Luſtſp.), 1885. – Das
Kerner-Haus und ſeine Gäſte, 1894.
– Altes u. Neues (Dichtungen: 1. Ge-
dichte. – 2. Scherz und Ernſt), 1902.
Neue Ausg. 1903.

*Kernſtock, Otto

(Kloſtername:
Ottokar) wurde am 25. Juli 1848 in
Marburg an der Drau (Steiermark)
geboren, wo ſein (1890 in Graz als
kaiſerl. Rat geſtorbener) Vater Be-
amter war. Er abſolvierte das Gym-
naſium in Graz, trat 1867 in das
regulierte lateranenſiſche Chorherrn-
ſtift Vorau in Steiermark ein und
ſtudierte an der Univerſität in Graz
Theologie, betrieb aber daneben mit
Vorliebe archivaliſche und hiſtoriſche
Studien, ſo daß ihm bei ſeiner Rück-
kehr in das Stift die Stelle des Ar-
chivars u. Bibliothekars übertragen
werden konnte. Die großartige Bü-
cherei des Kloſters zählt unter ihren
Schätzen 415 Manuſkripte, darunter
den berühmten „Kodex 41“, eine
der köſtlichſten Perlen germaniſcher
Schriftdenkmale, die älteſte deutſche
Sammelhandſchrift geiſtlicher und
weltlicher Dichtungen. Hier fand der
junge Mönch reichlich Gelegenheit zu
hiſtoriſchen, literar- u. kunſtgeſchicht-
lichen Arbeiten, die er in verſchiede-
nen Zeitſchriften veröffentlichte. Jm
Jahre 1872 erhielt er die Prieſter-
weihe, behielt aber ſein Amt als Ar-
chivar noch bei. Später war er auf
einigen von den zehn zum Stift Vorau
gehörigen Stiftspfarren als Seel-
ſorger tätig, und ſeit 1889 verwaltet
er die Pfarrei Feſtenburg. Jn die-
ſem Alpenſchloſſe am Fuße des Wech-

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[446/0450] Ker Ker damals Arzt war. Ludwig Uhland hob ihn aus der Taufe. Jm Hauſe zu Weinsberg, das Juſtinus K. 1822 am Fuße der Weibertreu erbaute und das durch vier Dezennien Tauſenden, die der Dichterruhm, die Originali- tät und liebenswürdige Gaſtfreund- ſchaft K.s anzog, in dem Hauſe, wo die Ritter des Geiſtes Tieck, Uhland, Schwab, Lenau, Mayer, Möricke, Strauß u. verſchied. and. ihre fröh- liche Tafelrunde hielten, aber auch die Schattenſeite der Natur durch unheimliche Myſtiker, Magnetiſche, Beſeſſene, Gemütskranke zahlreich vertreten war: dort verlebte Theob. K. ſeine poeſievolle, glückliche Jugend. Jm Jahre 1835 bezog er zum Stu- dium der Medizin die Univerſität Tübingen, war zu fernerer Ausbil- dung in München, wo er den kranken Clemens Brentano pflegte, in Wien, Würzburg und machte ſich dann zu ärztlicher Unterſtützung ſeines augen- leidenden Vaters in Weinsberg als Arzt ſeßhaft. An der Bewegung des Jahres 1848 tätigen Anteil nehmend, mußte er ein Jahr in Straßburg als Flüchtling leben und wurde, als er 1850 wegen tödlicher Erkrankung einer Schweſter heimkehrte, vom Schwurgericht zu zehn Monaten Fe- ſtungshaft verurteilt, die er auf dem Hohenasperg verbüßte. Jm Jahre 1852 zog er, da ſein Vater ſein Amt als Oberamtsarzt und die ärztliche Praxisniedergelegt hatte, nach Stutt- gart und gründete daſelbſt ſeine viel- beſuchte galvano-magnetiſche Heil- anſtalt, die er 1856 nach Cannſtatt verlegte, und 1863, einige Monate nach des Vaters Tode, zog er in das elterliche Haus zu Weinsberg, das nach des Vaters Wunſch nicht in fremde Hände übergehen ſollte, und deſſen Schätze und Erinnerungen er bis zu ſeinem letzten Atemzuge treu gehütet hat. Er ſtarb, 90 Jahre alt, am 11. Auguſt 1907. S: Gedichte, 1845, 1852. – Prinzeſſin Klatſchroſe (Ein Blumenbilderbuch für Kinder), 1853. Neue Ausg. 1894. – Aus dem Kinderleben, 1858. – Der fliegende Schneider (Singſp.), 1860. – Natur und Frieden (Nn.), 1859; ins Eng- liſche überſetzt als Nature and Peace, 1861. – Tragiſche Erlebniſſe (Nn.), 1864. – Der Einſiedler an der Wei- bertreu (Volkskalender), 1870. – Die Dichtungen Th. Kerners, 1879. – Der neue Ahasver (Luſtſp.), 1885. – Das Kerner-Haus und ſeine Gäſte, 1894. – Altes u. Neues (Dichtungen: 1. Ge- dichte. – 2. Scherz und Ernſt), 1902. Neue Ausg. 1903. *Kernſtock, Otto (Kloſtername: Ottokar) wurde am 25. Juli 1848 in Marburg an der Drau (Steiermark) geboren, wo ſein (1890 in Graz als kaiſerl. Rat geſtorbener) Vater Be- amter war. Er abſolvierte das Gym- naſium in Graz, trat 1867 in das regulierte lateranenſiſche Chorherrn- ſtift Vorau in Steiermark ein und ſtudierte an der Univerſität in Graz Theologie, betrieb aber daneben mit Vorliebe archivaliſche und hiſtoriſche Studien, ſo daß ihm bei ſeiner Rück- kehr in das Stift die Stelle des Ar- chivars u. Bibliothekars übertragen werden konnte. Die großartige Bü- cherei des Kloſters zählt unter ihren Schätzen 415 Manuſkripte, darunter den berühmten „Kodex 41“, eine der köſtlichſten Perlen germaniſcher Schriftdenkmale, die älteſte deutſche Sammelhandſchrift geiſtlicher und weltlicher Dichtungen. Hier fand der junge Mönch reichlich Gelegenheit zu hiſtoriſchen, literar- u. kunſtgeſchicht- lichen Arbeiten, die er in verſchiede- nen Zeitſchriften veröffentlichte. Jm Jahre 1872 erhielt er die Prieſter- weihe, behielt aber ſein Amt als Ar- chivar noch bei. Später war er auf einigen von den zehn zum Stift Vorau gehörigen Stiftspfarren als Seel- ſorger tätig, und ſeit 1889 verwaltet er die Pfarrei Feſtenburg. Jn die- ſem Alpenſchloſſe am Fuße des Wech- *

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Zitationshilfe: Brümmer, Franz: Lexikon der deutschen Dichter und Prosaisten vom Beginn des 19. Jahrhunderts bis zur Gegenwart. Bd. 3. 6. Aufl. Leipzig, 1913, S. 446. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bruemmer_lexikon03_1913/450>, abgerufen am 22.11.2024.