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Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 1. Braunschweig: Schwetschke, 1853.

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Asklepios zu Epidauros gebaut. Pausanias äussert sich dar-
über folgendermassen (II, 27, 5): "Die römischen Theater
mögen sich vor dem des Polyklet wohl durch den allerwärts
angebrachten Schmuck, das der Arkader in Megalopolis durch
seine Grösse vor ihm auszeichnen. Welcher Architekt aber
wäre im Stande, gegen Polyklet hinsichtlich der Harmonie
oder der Schönheit in die Schranken zu treten?"

Sämmtlich verdächtig sind die Nachrichten, die von Po-
lyklet als Maler reden. Ein Misverständniss des Tzetzes ist
bereits erwähnt worden. Ein Epigramm des Pollianus (Anall.
II, p. 440, n. 5) legt ihm ein Gemälde der Polyxena bei: ge-
rade diesen Gegenstand hatte aber Polygnot behandelt. Ein
anderes Epigramm des Tullius Geminus (Anall. II, p. 279, n. 3)
handelt von einer Darstellung des noch in der Unterwelt vom
Blitze des Zeus heimgesuchten Salmoneus. Hier scheint aller-
dings der Ausdruck kheir kamen auf die Thätigkeit des Bild-
hauers zu deuten. Der Gegenstand passt indessen besser für
ein Gemälde, als für eine Statue; und dazu kommt, dass Po-
lyklet hier Thasier genannt wird, wodurch wir berechtigt wer-
den, den Namen des Polygnot an seine Stelle zu setzen. Nach
Beseitigung dieser Angaben wird endlich die Annahme gestat-
tet sein, dass auch in einem Gedichte des Gregor von Nazianz
(in Tollii Itin. Ital. p. 66) der Name des Polyklet nur aus Ver-
sehen zwischen Malern angeführt wird.

Vielfältige Zeugnisse des Alterthums kommen uns zu
Hülfe, um ein klareres Bild von dem Verdienste des Künstlers
zu entwerfen. Freilich fühlen wir auch hier die Lückenhaftig-
keit, mit der die Nachrichten der Alten auf uns gekommen
sind. So, um bei der Technik zu beginnen, sagt uns Plinius 1),
dass Polyklet des delischen Erzes sich bediente, während My-
ron dem aeginetischen Erze den Vorzug gab. Aber schon bei
Myron haben wir bemerken müssen, dass uns diese Nachricht
von keinem Nutzen ist, weil wir die Unterschiede beider
Erzmischungen nicht kennen. -- Mehr lernen wir durch die
Nachricht des Plinius über die Toreutik des Polyklet, nament-
lich da sie mit einer andern über das Verdienst des Phidias
in diesem Kunstzweige im engsten Zusammenhange steht.
Denn wie dieser die Kunst der Toreutik zuerst offenbar ge-

1) 34, 10.

Asklepios zu Epidauros gebaut. Pausanias äussert sich dar-
über folgendermassen (II, 27, 5): „Die römischen Theater
mögen sich vor dem des Polyklet wohl durch den allerwärts
angebrachten Schmuck, das der Arkader in Megalopolis durch
seine Grösse vor ihm auszeichnen. Welcher Architekt aber
wäre im Stande, gegen Polyklet hinsichtlich der Harmonie
oder der Schönheit in die Schranken zu treten?”

Sämmtlich verdächtig sind die Nachrichten, die von Po-
lyklet als Maler reden. Ein Misverständniss des Tzetzes ist
bereits erwähnt worden. Ein Epigramm des Pollianus (Anall.
II, p. 440, n. 5) legt ihm ein Gemälde der Polyxena bei: ge-
rade diesen Gegenstand hatte aber Polygnot behandelt. Ein
anderes Epigramm des Tullius Geminus (Anall. II, p. 279, n. 3)
handelt von einer Darstellung des noch in der Unterwelt vom
Blitze des Zeus heimgesuchten Salmoneus. Hier scheint aller-
dings der Ausdruck χεὶρ κάμεν auf die Thätigkeit des Bild-
hauers zu deuten. Der Gegenstand passt indessen besser für
ein Gemälde, als für eine Statue; und dazu kommt, dass Po-
lyklet hier Thasier genannt wird, wodurch wir berechtigt wer-
den, den Namen des Polygnot an seine Stelle zu setzen. Nach
Beseitigung dieser Angaben wird endlich die Annahme gestat-
tet sein, dass auch in einem Gedichte des Gregor von Nazianz
(in Tollii Itin. Ital. p. 66) der Name des Polyklet nur aus Ver-
sehen zwischen Malern angeführt wird.

Vielfältige Zeugnisse des Alterthums kommen uns zu
Hülfe, um ein klareres Bild von dem Verdienste des Künstlers
zu entwerfen. Freilich fühlen wir auch hier die Lückenhaftig-
keit, mit der die Nachrichten der Alten auf uns gekommen
sind. So, um bei der Technik zu beginnen, sagt uns Plinius 1),
dass Polyklet des delischen Erzes sich bediente, während My-
ron dem aeginetischen Erze den Vorzug gab. Aber schon bei
Myron haben wir bemerken müssen, dass uns diese Nachricht
von keinem Nutzen ist, weil wir die Unterschiede beider
Erzmischungen nicht kennen. — Mehr lernen wir durch die
Nachricht des Plinius über die Toreutik des Polyklet, nament-
lich da sie mit einer andern über das Verdienst des Phidias
in diesem Kunstzweige im engsten Zusammenhange steht.
Denn wie dieser die Kunst der Toreutik zuerst offenbar ge-

1) 34, 10.
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[217/0230] Asklepios zu Epidauros gebaut. Pausanias äussert sich dar- über folgendermassen (II, 27, 5): „Die römischen Theater mögen sich vor dem des Polyklet wohl durch den allerwärts angebrachten Schmuck, das der Arkader in Megalopolis durch seine Grösse vor ihm auszeichnen. Welcher Architekt aber wäre im Stande, gegen Polyklet hinsichtlich der Harmonie oder der Schönheit in die Schranken zu treten?” Sämmtlich verdächtig sind die Nachrichten, die von Po- lyklet als Maler reden. Ein Misverständniss des Tzetzes ist bereits erwähnt worden. Ein Epigramm des Pollianus (Anall. II, p. 440, n. 5) legt ihm ein Gemälde der Polyxena bei: ge- rade diesen Gegenstand hatte aber Polygnot behandelt. Ein anderes Epigramm des Tullius Geminus (Anall. II, p. 279, n. 3) handelt von einer Darstellung des noch in der Unterwelt vom Blitze des Zeus heimgesuchten Salmoneus. Hier scheint aller- dings der Ausdruck χεὶρ κάμεν auf die Thätigkeit des Bild- hauers zu deuten. Der Gegenstand passt indessen besser für ein Gemälde, als für eine Statue; und dazu kommt, dass Po- lyklet hier Thasier genannt wird, wodurch wir berechtigt wer- den, den Namen des Polygnot an seine Stelle zu setzen. Nach Beseitigung dieser Angaben wird endlich die Annahme gestat- tet sein, dass auch in einem Gedichte des Gregor von Nazianz (in Tollii Itin. Ital. p. 66) der Name des Polyklet nur aus Ver- sehen zwischen Malern angeführt wird. Vielfältige Zeugnisse des Alterthums kommen uns zu Hülfe, um ein klareres Bild von dem Verdienste des Künstlers zu entwerfen. Freilich fühlen wir auch hier die Lückenhaftig- keit, mit der die Nachrichten der Alten auf uns gekommen sind. So, um bei der Technik zu beginnen, sagt uns Plinius 1), dass Polyklet des delischen Erzes sich bediente, während My- ron dem aeginetischen Erze den Vorzug gab. Aber schon bei Myron haben wir bemerken müssen, dass uns diese Nachricht von keinem Nutzen ist, weil wir die Unterschiede beider Erzmischungen nicht kennen. — Mehr lernen wir durch die Nachricht des Plinius über die Toreutik des Polyklet, nament- lich da sie mit einer andern über das Verdienst des Phidias in diesem Kunstzweige im engsten Zusammenhange steht. Denn wie dieser die Kunst der Toreutik zuerst offenbar ge- 1) 34, 10.

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Zitationshilfe: Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 1. Braunschweig: Schwetschke, 1853, S. 217. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunn_griechen01_1853/230>, abgerufen am 22.11.2024.