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Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 2. Stuttgart, 1859.

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samkeit anderer Forscher auf die Punkte gelenkt werde,
welche erneuter Prüfung besonders bedürftig sind. Zu die-
sem Zwecke erschien es angemessen, (abgesehen von den
wenigen schriftlichen Nachrichten des Alterthums über Stein-
schneider), die durch Inschriften bekannten Namen in drei
Abtheilungen zu sondern, und zwar in der ersten diejenigen
zu behandeln, welche uns durch eine echte Inschrift überlie-
fert und mit Sicherheit auf einen Künstler zu beziehen sind.
Den Gegensatz hierzu bilden die Namen, welche nur auf
Fälschungen beruhen, oder, wenn echt, doch auf keinen Fall
einen Künstler bezeichnen können. In die Mitte zwischen
diese beiden Klassen endlich stellen sich diejenigen, deren
Echtheit oder Unechtheit noch nicht hinlänglich bewiesen,
oder deren Bedeutung als Künstlerinschrift noch zweifelhaft
ist. Da die Entscheidung über echt und falsch möglichst
streng nach dem objectiven Thatbestand, nicht nach subjec
tivem Ermessen zu fällen war, so musste natürlich die mitt-
lere Kategorie des Zweifelhaften zu einem verhältnissmässig
grossen Umfange anwachsen, der sich jedoch bald wieder
vermindern wird, sobald nur diejenigen, denen die Hülfsmit-
tel zu Gebote stehen, auf diese Abtheilung ihr Augenmerk
richten wollen. Häufig wird der Anblick eines Abdruckes
oder selbst einer Abbildung, die mir nicht zu Gebote stan-
den, zu einer Entscheidung genügen. In anderen Fällen han-
delt es sich um die Prüfung eines einzelnen Steines im Ori-
ginal. Nach Beseitigung dieser durch einfache Beobachtung
zu erledigenden Fälle wird nur eine geringe Anzahl von Fra-
gen übrig bleiben (wie z. B. über die Bedeutung der römi-
schen Vornamen), welche eine principielle Entscheidung er-
fordern, aber nach Abschluss der Detailuntersuchungen wahr-
scheinlich auch ohne Schwierigkeit erhalten werden. Erst
dann wird sich der Versuch, aus dem so gesichteten Mate-
rial einigen Nutzen für die Geschichte der Steinschneidekunst
zu ziehen, mit Aussicht auf günstigen Erfolg unternehmen
lassen.

samkeit anderer Forscher auf die Punkte gelenkt werde,
welche erneuter Prüfung besonders bedürftig sind. Zu die-
sem Zwecke erschien es angemessen, (abgesehen von den
wenigen schriftlichen Nachrichten des Alterthums über Stein-
schneider), die durch Inschriften bekannten Namen in drei
Abtheilungen zu sondern, und zwar in der ersten diejenigen
zu behandeln, welche uns durch eine echte Inschrift überlie-
fert und mit Sicherheit auf einen Künstler zu beziehen sind.
Den Gegensatz hierzu bilden die Namen, welche nur auf
Fälschungen beruhen, oder, wenn echt, doch auf keinen Fall
einen Künstler bezeichnen können. In die Mitte zwischen
diese beiden Klassen endlich stellen sich diejenigen, deren
Echtheit oder Unechtheit noch nicht hinlänglich bewiesen,
oder deren Bedeutung als Künstlerinschrift noch zweifelhaft
ist. Da die Entscheidung über echt und falsch möglichst
streng nach dem objectiven Thatbestand, nicht nach subjec
tivem Ermessen zu fällen war, so musste natürlich die mitt-
lere Kategorie des Zweifelhaften zu einem verhältnissmässig
grossen Umfange anwachsen, der sich jedoch bald wieder
vermindern wird, sobald nur diejenigen, denen die Hülfsmit-
tel zu Gebote stehen, auf diese Abtheilung ihr Augenmerk
richten wollen. Häufig wird der Anblick eines Abdruckes
oder selbst einer Abbildung, die mir nicht zu Gebote stan-
den, zu einer Entscheidung genügen. In anderen Fällen han-
delt es sich um die Prüfung eines einzelnen Steines im Ori-
ginal. Nach Beseitigung dieser durch einfache Beobachtung
zu erledigenden Fälle wird nur eine geringe Anzahl von Fra-
gen übrig bleiben (wie z. B. über die Bedeutung der römi-
schen Vornamen), welche eine principielle Entscheidung er-
fordern, aber nach Abschluss der Detailuntersuchungen wahr-
scheinlich auch ohne Schwierigkeit erhalten werden. Erst
dann wird sich der Versuch, aus dem so gesichteten Mate-
rial einigen Nutzen für die Geschichte der Steinschneidekunst
zu ziehen, mit Aussicht auf günstigen Erfolg unternehmen
lassen.

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[466/0483] samkeit anderer Forscher auf die Punkte gelenkt werde, welche erneuter Prüfung besonders bedürftig sind. Zu die- sem Zwecke erschien es angemessen, (abgesehen von den wenigen schriftlichen Nachrichten des Alterthums über Stein- schneider), die durch Inschriften bekannten Namen in drei Abtheilungen zu sondern, und zwar in der ersten diejenigen zu behandeln, welche uns durch eine echte Inschrift überlie- fert und mit Sicherheit auf einen Künstler zu beziehen sind. Den Gegensatz hierzu bilden die Namen, welche nur auf Fälschungen beruhen, oder, wenn echt, doch auf keinen Fall einen Künstler bezeichnen können. In die Mitte zwischen diese beiden Klassen endlich stellen sich diejenigen, deren Echtheit oder Unechtheit noch nicht hinlänglich bewiesen, oder deren Bedeutung als Künstlerinschrift noch zweifelhaft ist. Da die Entscheidung über echt und falsch möglichst streng nach dem objectiven Thatbestand, nicht nach subjec tivem Ermessen zu fällen war, so musste natürlich die mitt- lere Kategorie des Zweifelhaften zu einem verhältnissmässig grossen Umfange anwachsen, der sich jedoch bald wieder vermindern wird, sobald nur diejenigen, denen die Hülfsmit- tel zu Gebote stehen, auf diese Abtheilung ihr Augenmerk richten wollen. Häufig wird der Anblick eines Abdruckes oder selbst einer Abbildung, die mir nicht zu Gebote stan- den, zu einer Entscheidung genügen. In anderen Fällen han- delt es sich um die Prüfung eines einzelnen Steines im Ori- ginal. Nach Beseitigung dieser durch einfache Beobachtung zu erledigenden Fälle wird nur eine geringe Anzahl von Fra- gen übrig bleiben (wie z. B. über die Bedeutung der römi- schen Vornamen), welche eine principielle Entscheidung er- fordern, aber nach Abschluss der Detailuntersuchungen wahr- scheinlich auch ohne Schwierigkeit erhalten werden. Erst dann wird sich der Versuch, aus dem so gesichteten Mate- rial einigen Nutzen für die Geschichte der Steinschneidekunst zu ziehen, mit Aussicht auf günstigen Erfolg unternehmen lassen.

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Zitationshilfe: Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 2. Stuttgart, 1859, S. 466. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunn_griechen02_1859/483>, abgerufen am 24.11.2024.