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Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 2. Stuttgart, 1859.

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erklärt ist. Allein die Falschheit der Form weist auf moderne
Fälschung hin, und macht die Vermuthung Stephani's (An-
gebl. Steinschn. S. 219) wahrscheinlich, dass eine Inschrift
aus dem Columbarium der Livia (Gori p. 153, n. 122): HE-
DYS. AVR. SECVNDA HEDI der Fälschung zu Grunde
liege, indem schon Bianchini [p. 30, n. 42] und Gori AVR als
Aurifex deuten und unter diesem Gewerbe auch das der Stein-
schneidekunst mitverstehen wollten.

Heius.

Auf einem Glassflusse, der nach Stosch (pref. p. 7) von einem
Achat genommen sein soll, ist im archaistischen Styl Arte-
mis in langem Gewande, welches die linke Brust entblösst
lässt, stehend gebildet, wie sie mit der Rechten einen neben
ihr stehenden Hirsch am Geweihe fasst, während sie in der
Linken ruhig den Bogen hält; im untern Abschnitte liest man
HEIOY: Stosch t. 36; Caylus Rec. de 300 tetes, pl. 285 (wo
fälschlich METOY steht); Bracci II, t. 76; Winck. Descr.
II, 287; Lippert I, 212; Raspe 2127; Cades I, F, 14 (dazu
XXII, P, 619 eine moderne Copie); C. I. 7194. Was zuerst
den Namen anlangt, so hat gewiss Letronne (Ann. dell' Inst.
XVII, p. 269) das Richtige getroffen, wenn er ihn für den ur-
sprünglich oskischen Heius nimmt, denselben, den der bekannte
mamertiner Kunstfreund in Cicero's Verrinen führt, und den
wir auch aus Münzen und aus einer griechischen Inschrift
kennen: C. I. 5858; vgl. Th. I, S. 524. Da nun aber die
griechische Schreibung [fremdsprachliches Material - fehlt] ist, so muss die nur der alten
Zeit eigene Aspiration durch H hier als augenfällige Ueber-
tragung eines Unkundigen aus dem Lateinischen nothwendig
Verdacht gegen die Echtheit der Gemmeninschrift erwecken.
Gegen diese Darlegung Letronne's bemerkt zwar Stephani
(bei Köhler S. 313), obwohl auch er die Inschrift als gefälscht
bezeichnet: "ich sehe auch nicht recht ein, wie man, ohne diese
Inschrift schon auf einem antiken Steine vorzufinden, darauf
kommen konnte, jenen bekannten Heius zu einem Steinschnei-
der zu machen, wofür kaum eine Analogie würde nachgewiesen
werden können. Denn der Annahme, dass der erste Fälscher
durch den Namen habe anzeigen wollen, dass der Stein je-
nem bekannten Heius angehört habe, und nicht, dass er von
ihm geschnitten sei, widerspricht dem Geschmack der Zeit,
in welcher der Name auftaucht, und der Umstand, dass er

erklärt ist. Allein die Falschheit der Form weist auf moderne
Fälschung hin, und macht die Vermuthung Stephani’s (An-
gebl. Steinschn. S. 219) wahrscheinlich, dass eine Inschrift
aus dem Columbarium der Livia (Gori p. 153, n. 122): HE-
DYS. AVR. SECVNDA HEDI der Fälschung zu Grunde
liege, indem schon Bianchini [p. 30, n. 42] und Gori AVR als
Aurifex deuten und unter diesem Gewerbe auch das der Stein-
schneidekunst mitverstehen wollten.

Heius.

Auf einem Glassflusse, der nach Stosch (préf. p. 7) von einem
Achat genommen sein soll, ist im archaistischen Styl Arte-
mis in langem Gewande, welches die linke Brust entblösst
lässt, stehend gebildet, wie sie mit der Rechten einen neben
ihr stehenden Hirsch am Geweihe fasst, während sie in der
Linken ruhig den Bogen hält; im untern Abschnitte liest man
HEIOY: Stosch t. 36; Caylus Rec. de 300 têtes, pl. 285 (wo
fälschlich METOY steht); Bracci II, t. 76; Winck. Descr.
II, 287; Lippert I, 212; Raspe 2127; Cades I, F, 14 (dazu
XXII, P, 619 eine moderne Copie); C. I. 7194. Was zuerst
den Namen anlangt, so hat gewiss Letronne (Ann. dell’ Inst.
XVII, p. 269) das Richtige getroffen, wenn er ihn für den ur-
sprünglich oskischen Heius nimmt, denselben, den der bekannte
mamertiner Kunstfreund in Cicero’s Verrinen führt, und den
wir auch aus Münzen und aus einer griechischen Inschrift
kennen: C. I. 5858; vgl. Th. I, S. 524. Da nun aber die
griechische Schreibung [fremdsprachliches Material – fehlt] ist, so muss die nur der alten
Zeit eigene Aspiration durch H hier als augenfällige Ueber-
tragung eines Unkundigen aus dem Lateinischen nothwendig
Verdacht gegen die Echtheit der Gemmeninschrift erwecken.
Gegen diese Darlegung Letronne’s bemerkt zwar Stephani
(bei Köhler S. 313), obwohl auch er die Inschrift als gefälscht
bezeichnet: „ich sehe auch nicht recht ein, wie man, ohne diese
Inschrift schon auf einem antiken Steine vorzufinden, darauf
kommen konnte, jenen bekannten Heius zu einem Steinschnei-
der zu machen, wofür kaum eine Analogie würde nachgewiesen
werden können. Denn der Annahme, dass der erste Fälscher
durch den Namen habe anzeigen wollen, dass der Stein je-
nem bekannten Heius angehört habe, und nicht, dass er von
ihm geschnitten sei, widerspricht dem Geschmack der Zeit,
in welcher der Name auftaucht, und der Umstand, dass er

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[613/0630] erklärt ist. Allein die Falschheit der Form weist auf moderne Fälschung hin, und macht die Vermuthung Stephani’s (An- gebl. Steinschn. S. 219) wahrscheinlich, dass eine Inschrift aus dem Columbarium der Livia (Gori p. 153, n. 122): HE- DYS. AVR. SECVNDA HEDI der Fälschung zu Grunde liege, indem schon Bianchini [p. 30, n. 42] und Gori AVR als Aurifex deuten und unter diesem Gewerbe auch das der Stein- schneidekunst mitverstehen wollten. Heius. Auf einem Glassflusse, der nach Stosch (préf. p. 7) von einem Achat genommen sein soll, ist im archaistischen Styl Arte- mis in langem Gewande, welches die linke Brust entblösst lässt, stehend gebildet, wie sie mit der Rechten einen neben ihr stehenden Hirsch am Geweihe fasst, während sie in der Linken ruhig den Bogen hält; im untern Abschnitte liest man HEIOY: Stosch t. 36; Caylus Rec. de 300 têtes, pl. 285 (wo fälschlich METOY steht); Bracci II, t. 76; Winck. Descr. II, 287; Lippert I, 212; Raspe 2127; Cades I, F, 14 (dazu XXII, P, 619 eine moderne Copie); C. I. 7194. Was zuerst den Namen anlangt, so hat gewiss Letronne (Ann. dell’ Inst. XVII, p. 269) das Richtige getroffen, wenn er ihn für den ur- sprünglich oskischen Heius nimmt, denselben, den der bekannte mamertiner Kunstfreund in Cicero’s Verrinen führt, und den wir auch aus Münzen und aus einer griechischen Inschrift kennen: C. I. 5858; vgl. Th. I, S. 524. Da nun aber die griechische Schreibung _ ist, so muss die nur der alten Zeit eigene Aspiration durch H hier als augenfällige Ueber- tragung eines Unkundigen aus dem Lateinischen nothwendig Verdacht gegen die Echtheit der Gemmeninschrift erwecken. Gegen diese Darlegung Letronne’s bemerkt zwar Stephani (bei Köhler S. 313), obwohl auch er die Inschrift als gefälscht bezeichnet: „ich sehe auch nicht recht ein, wie man, ohne diese Inschrift schon auf einem antiken Steine vorzufinden, darauf kommen konnte, jenen bekannten Heius zu einem Steinschnei- der zu machen, wofür kaum eine Analogie würde nachgewiesen werden können. Denn der Annahme, dass der erste Fälscher durch den Namen habe anzeigen wollen, dass der Stein je- nem bekannten Heius angehört habe, und nicht, dass er von ihm geschnitten sei, widerspricht dem Geschmack der Zeit, in welcher der Name auftaucht, und der Umstand, dass er

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Zitationshilfe: Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 2. Stuttgart, 1859, S. 613. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunn_griechen02_1859/630>, abgerufen am 01.06.2024.