Nikosthenes war daher offenbar nicht an einem der beiden Orte, sondern an einem dritten, von wo aus die besonderen Arten der Gefässe je nach dem besondern Geschmacke und der Mode der fremden Städte exportirt wurden. Dieselbe Erscheinung scheint sich bei den Vasen des Panphaeos zu wiederholen. Dass Attika der Mittelpunkt der Fabrikation gewesen sei, mag aus anderen Gründen wahrscheinlich sein, lässt sich aber durch die Künstlerinschriften nicht beweisen: es liesse sich sogar behaupten, dass die zwei einzigen aus Athen bekannten Gefässe mit den Namen des Hegias, des Hilinos und Psiax eine feinere und geistreichere Behandlung zeigen als die Masse der aus Etrurien stammenden Gefässe, wenn nicht wiederum zuzugeben wäre, dass bei den für Nicht- Athener gearbeiteten Gefässen der Geschmack der Besteller Berücksichtigung finden mochte: entschieden ist dies der Fall an der bei Pantikapaeon gefundenen Vase des Xenophantos, der wohl gerade deshalb, weil er in der Fremde arbeitete, ausnahmsweise sein Vaterland, Athen, angiebt. In den Na- men selbst ist ein speciell attischer Charakter nicht zu er- kennen; eher, wie Jahn bemerkt (S. 107), deuten die vielen seltenen und sonderbaren, häufig noch dazu wenig ortho- graphisch geschriebenen unter ihnen auf den Handwerker- stand.
Wenn wir demnach die Frage nach dem Vaterlande der Künstler hier unentschieden lassen müssen, so darf doch nicht unbemerkt bleiben, dass sich aus der gesammten Masse einige Namen in bestimmter Weise ausscheiden. Es sind Assteas, Lasimos, Meidias, Python. Ihre Werke gehören sämmtlich dem frei entwickelten, ja zum Theil dem spätesten Styl der Vasenmalerei an. Demgemäss ist auch die Paläographie der Inschriften die spätere, theils in den Formen der Buchstaben, theils in der Anwendung der langen Vocale. Die Werke dieser Künstler aber stammen sämmtlich aus Unteritalien. Das Zusammentreffen dieser Umstände führt uns also wie von selbst auf die Annahme einer von den übrigen getrenn- ten, speciell unteritalischen Vasenfabrikation, und bestätigt demnach, was die dort gefundenen Vasen ohne Künstlerna- men in noch umfassenderer Weise uns lehren.
Hinsichtlich der Abfassung der Inschriften ward oben bemerkt, dass die Namen theils mit dem Verbum [fremdsprachliches Material - fehlt] , theils
Nikosthenes war daher offenbar nicht an einem der beiden Orte, sondern an einem dritten, von wo aus die besonderen Arten der Gefässe je nach dem besondern Geschmacke und der Mode der fremden Städte exportirt wurden. Dieselbe Erscheinung scheint sich bei den Vasen des Panphaeos zu wiederholen. Dass Attika der Mittelpunkt der Fabrikation gewesen sei, mag aus anderen Gründen wahrscheinlich sein, lässt sich aber durch die Künstlerinschriften nicht beweisen: es liesse sich sogar behaupten, dass die zwei einzigen aus Athen bekannten Gefässe mit den Namen des Hegias, des Hilinos und Psiax eine feinere und geistreichere Behandlung zeigen als die Masse der aus Etrurien stammenden Gefässe, wenn nicht wiederum zuzugeben wäre, dass bei den für Nicht- Athener gearbeiteten Gefässen der Geschmack der Besteller Berücksichtigung finden mochte: entschieden ist dies der Fall an der bei Pantikapaeon gefundenen Vase des Xenophantos, der wohl gerade deshalb, weil er in der Fremde arbeitete, ausnahmsweise sein Vaterland, Athen, angiebt. In den Na- men selbst ist ein speciell attischer Charakter nicht zu er- kennen; eher, wie Jahn bemerkt (S. 107), deuten die vielen seltenen und sonderbaren, häufig noch dazu wenig ortho- graphisch geschriebenen unter ihnen auf den Handwerker- stand.
Wenn wir demnach die Frage nach dem Vaterlande der Künstler hier unentschieden lassen müssen, so darf doch nicht unbemerkt bleiben, dass sich aus der gesammten Masse einige Namen in bestimmter Weise ausscheiden. Es sind Assteas, Lasimos, Meidias, Python. Ihre Werke gehören sämmtlich dem frei entwickelten, ja zum Theil dem spätesten Styl der Vasenmalerei an. Demgemäss ist auch die Paläographie der Inschriften die spätere, theils in den Formen der Buchstaben, theils in der Anwendung der langen Vocale. Die Werke dieser Künstler aber stammen sämmtlich aus Unteritalien. Das Zusammentreffen dieser Umstände führt uns also wie von selbst auf die Annahme einer von den übrigen getrenn- ten, speciell unteritalischen Vasenfabrikation, und bestätigt demnach, was die dort gefundenen Vasen ohne Künstlerna- men in noch umfassenderer Weise uns lehren.
Hinsichtlich der Abfassung der Inschriften ward oben bemerkt, dass die Namen theils mit dem Verbum [fremdsprachliches Material – fehlt] , theils
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Nikosthenes war daher offenbar nicht an einem der beiden
Orte, sondern an einem dritten, von wo aus die besonderen
Arten der Gefässe je nach dem besondern Geschmacke und
der Mode der fremden Städte exportirt wurden. Dieselbe
Erscheinung scheint sich bei den Vasen des Panphaeos zu
wiederholen. Dass Attika der Mittelpunkt der Fabrikation
gewesen sei, mag aus anderen Gründen wahrscheinlich sein,
lässt sich aber durch die Künstlerinschriften nicht beweisen:
es liesse sich sogar behaupten, dass die zwei einzigen aus
Athen bekannten Gefässe mit den Namen des Hegias, des
Hilinos und Psiax eine feinere und geistreichere Behandlung
zeigen als die Masse der aus Etrurien stammenden Gefässe,
wenn nicht wiederum zuzugeben wäre, dass bei den für Nicht-
Athener gearbeiteten Gefässen der Geschmack der Besteller
Berücksichtigung finden mochte: entschieden ist dies der Fall
an der bei Pantikapaeon gefundenen Vase des Xenophantos,
der wohl gerade deshalb, weil er in der Fremde arbeitete,
ausnahmsweise sein Vaterland, Athen, angiebt. In den Na-
men selbst ist ein speciell attischer Charakter nicht zu er-
kennen; eher, wie Jahn bemerkt (S. 107), deuten die vielen
seltenen und sonderbaren, häufig noch dazu wenig ortho-
graphisch geschriebenen unter ihnen auf den Handwerker-
stand.
Wenn wir demnach die Frage nach dem Vaterlande der
Künstler hier unentschieden lassen müssen, so darf doch nicht
unbemerkt bleiben, dass sich aus der gesammten Masse einige
Namen in bestimmter Weise ausscheiden. Es sind Assteas,
Lasimos, Meidias, Python. Ihre Werke gehören sämmtlich
dem frei entwickelten, ja zum Theil dem spätesten Styl der
Vasenmalerei an. Demgemäss ist auch die Paläographie der
Inschriften die spätere, theils in den Formen der Buchstaben,
theils in der Anwendung der langen Vocale. Die Werke
dieser Künstler aber stammen sämmtlich aus Unteritalien.
Das Zusammentreffen dieser Umstände führt uns also wie
von selbst auf die Annahme einer von den übrigen getrenn-
ten, speciell unteritalischen Vasenfabrikation, und bestätigt
demnach, was die dort gefundenen Vasen ohne Künstlerna-
men in noch umfassenderer Weise uns lehren.
Hinsichtlich der Abfassung der Inschriften ward oben
bemerkt, dass die Namen theils mit dem Verbum _ , theils
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Der zweite Band der "Geschichte der griechischen … [mehr]
Der zweite Band der "Geschichte der griechischen Künstler" von Heinrich von Brunn enthält ebenfalls den "Zweiten Teil der ersten Abteilung", die im Deutschen Textarchiv als eigenständiges Werk verzeichnet ist.
Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 2. Stuttgart, 1859, S. 647. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunn_griechen02_1859/664>, abgerufen am 24.11.2024.
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