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Brunner, Heinrich: Deutsche Rechtsgeschichte. Bd. 1. Leipzig, 1887.

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der fränkischen und der nachfränkischen Zeit.
angesehen und in häufigen Zitaten nicht nur aus den Institutionen,
sondern auch aus den neun ersten Büchern des Kodex, aus Julians
Novellenauszug und aus den Digesten verwertet. Die für die spätere
Ausgestaltung des langobardischen und für die Geschichte des römischen
Rechtes unschätzbare Arbeit war nicht sowohl für den Unterricht als
für den Gebrauch der richterlichen Praxis bestimmt.

Noch vor Beginn des zwölften Jahrhunderts wurde der Liber
legis Langobardorum umgearbeitet, indem man von der chronologischen
Anordnung der einzelnen Gesetze abging und den gesamten Stoff in
systematisch geordnete Titel verteilte 15. Dieses Rechtsbuch, welches
ursprünglich in drei, später in vier Bücher zerfiel, wurde von der
Bologneser Rechtsschule rezipiert und als Lombarda von dem Liber
Papiensis unterschieden 16, den es schliesslich völlig verdrängte. Die
Lombarda liegt uns in zwei Hauptformen vor. Die ältere, dem Liber
Papiensis näherstehende wird durch eine Handschrift des Klosters Monte
Cassino vertreten und daher als Lombarda Casinensis bezeichnet. Die
jüngere, handschriftlich viel mehr verbreitete Form nennt man Lom-
barda vulgata. Auf die Lombarda wurde die zum Liber Papiensis ver-
fasste Expositio übertragen. Ausserdem versah man sie mit einem
reichhaltigen Apparate von Glossen, der zu Anfang des dreizehnten
Jahrhunderts durch Carolus de Tocco 17, den Accursius der lango-
bardischen Jurisprudenz, seine abschliessende Form erhielt. Auf
Grundlage der Lombarda wurden an der Rechtsschule von Bologna
Vorlesungen über lombardisches Recht gehalten. Aus solchen Vor-
lesungen gingen im zwölften Jahrhundert die sogenannten Lombarda-
kommentare hervor, nachgeschriebene Hefte von Scholaren. Auf
Grund eines Missverständnisses hat man sie für litterarische Arbeiten
der Juristen Ariprand und Albertus angesehen, die darin gelegentlich
als Autoritäten zitiert werden 18. Zur Einführung in das Studium der
Lombarda wurde im zwölften Jahrhundert (wahrscheinlich in der
zweiten Hälfte desselben) von einem unbekannten Autor eine knapp
gefasste Summa ausgearbeitet 19.

15 Bluhme, Praefatio in LL IV 98 ff.
16 Bis in die Mitte des 12. Jahrh. werden beide Sammlungen noch als Lom-
barda bezeichnet. Die systematische wird auch Liber legis Langobardorum genannt.
17 Über ihn s. Savigny, Gesch. des röm. Rechts V 174--183.
18 Siegel, Die Lombardakommentare S 4 ff.
19 Hg. von Anschütz 1870. -- Die Geschichte des langob. Rechts ist hier
nur so weit über die Grenzen der fränkischen Zeit hinaus verfolgt worden, als es
zum Verständnis der Zitate nötig ist, zu welchen die Verwertung der langob. Quellen
für die deutsche Rechtsgeschichte schon innerhalb der fränk. Periode Anlass giebt.

der fränkischen und der nachfränkischen Zeit.
angesehen und in häufigen Zitaten nicht nur aus den Institutionen,
sondern auch aus den neun ersten Büchern des Kodex, aus Julians
Novellenauszug und aus den Digesten verwertet. Die für die spätere
Ausgestaltung des langobardischen und für die Geschichte des römischen
Rechtes unschätzbare Arbeit war nicht sowohl für den Unterricht als
für den Gebrauch der richterlichen Praxis bestimmt.

Noch vor Beginn des zwölften Jahrhunderts wurde der Liber
legis Langobardorum umgearbeitet, indem man von der chronologischen
Anordnung der einzelnen Gesetze abging und den gesamten Stoff in
systematisch geordnete Titel verteilte 15. Dieses Rechtsbuch, welches
ursprünglich in drei, später in vier Bücher zerfiel, wurde von der
Bologneser Rechtsschule rezipiert und als Lombarda von dem Liber
Papiensis unterschieden 16, den es schlieſslich völlig verdrängte. Die
Lombarda liegt uns in zwei Hauptformen vor. Die ältere, dem Liber
Papiensis näherstehende wird durch eine Handschrift des Klosters Monte
Cassino vertreten und daher als Lombarda Casinensis bezeichnet. Die
jüngere, handschriftlich viel mehr verbreitete Form nennt man Lom-
barda vulgata. Auf die Lombarda wurde die zum Liber Papiensis ver-
faſste Expositio übertragen. Auſserdem versah man sie mit einem
reichhaltigen Apparate von Glossen, der zu Anfang des dreizehnten
Jahrhunderts durch Carolus de Tocco 17, den Accursius der lango-
bardischen Jurisprudenz, seine abschlieſsende Form erhielt. Auf
Grundlage der Lombarda wurden an der Rechtsschule von Bologna
Vorlesungen über lombardisches Recht gehalten. Aus solchen Vor-
lesungen gingen im zwölften Jahrhundert die sogenannten Lombarda-
kommentare hervor, nachgeschriebene Hefte von Scholaren. Auf
Grund eines Miſsverständnisses hat man sie für litterarische Arbeiten
der Juristen Ariprand und Albertus angesehen, die darin gelegentlich
als Autoritäten zitiert werden 18. Zur Einführung in das Studium der
Lombarda wurde im zwölften Jahrhundert (wahrscheinlich in der
zweiten Hälfte desselben) von einem unbekannten Autor eine knapp
gefaſste Summa ausgearbeitet 19.

15 Bluhme, Praefatio in LL IV 98 ff.
16 Bis in die Mitte des 12. Jahrh. werden beide Sammlungen noch als Lom-
barda bezeichnet. Die systematische wird auch Liber legis Langobardorum genannt.
17 Über ihn s. Savigny, Gesch. des röm. Rechts V 174—183.
18 Siegel, Die Lombardakommentare S 4 ff.
19 Hg. von Anschütz 1870. — Die Geschichte des langob. Rechts ist hier
nur so weit über die Grenzen der fränkischen Zeit hinaus verfolgt worden, als es
zum Verständnis der Zitate nötig ist, zu welchen die Verwertung der langob. Quellen
für die deutsche Rechtsgeschichte schon innerhalb der fränk. Periode Anlaſs giebt.
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[391/0409] der fränkischen und der nachfränkischen Zeit. angesehen und in häufigen Zitaten nicht nur aus den Institutionen, sondern auch aus den neun ersten Büchern des Kodex, aus Julians Novellenauszug und aus den Digesten verwertet. Die für die spätere Ausgestaltung des langobardischen und für die Geschichte des römischen Rechtes unschätzbare Arbeit war nicht sowohl für den Unterricht als für den Gebrauch der richterlichen Praxis bestimmt. Noch vor Beginn des zwölften Jahrhunderts wurde der Liber legis Langobardorum umgearbeitet, indem man von der chronologischen Anordnung der einzelnen Gesetze abging und den gesamten Stoff in systematisch geordnete Titel verteilte 15. Dieses Rechtsbuch, welches ursprünglich in drei, später in vier Bücher zerfiel, wurde von der Bologneser Rechtsschule rezipiert und als Lombarda von dem Liber Papiensis unterschieden 16, den es schlieſslich völlig verdrängte. Die Lombarda liegt uns in zwei Hauptformen vor. Die ältere, dem Liber Papiensis näherstehende wird durch eine Handschrift des Klosters Monte Cassino vertreten und daher als Lombarda Casinensis bezeichnet. Die jüngere, handschriftlich viel mehr verbreitete Form nennt man Lom- barda vulgata. Auf die Lombarda wurde die zum Liber Papiensis ver- faſste Expositio übertragen. Auſserdem versah man sie mit einem reichhaltigen Apparate von Glossen, der zu Anfang des dreizehnten Jahrhunderts durch Carolus de Tocco 17, den Accursius der lango- bardischen Jurisprudenz, seine abschlieſsende Form erhielt. Auf Grundlage der Lombarda wurden an der Rechtsschule von Bologna Vorlesungen über lombardisches Recht gehalten. Aus solchen Vor- lesungen gingen im zwölften Jahrhundert die sogenannten Lombarda- kommentare hervor, nachgeschriebene Hefte von Scholaren. Auf Grund eines Miſsverständnisses hat man sie für litterarische Arbeiten der Juristen Ariprand und Albertus angesehen, die darin gelegentlich als Autoritäten zitiert werden 18. Zur Einführung in das Studium der Lombarda wurde im zwölften Jahrhundert (wahrscheinlich in der zweiten Hälfte desselben) von einem unbekannten Autor eine knapp gefaſste Summa ausgearbeitet 19. 15 Bluhme, Praefatio in LL IV 98 ff. 16 Bis in die Mitte des 12. Jahrh. werden beide Sammlungen noch als Lom- barda bezeichnet. Die systematische wird auch Liber legis Langobardorum genannt. 17 Über ihn s. Savigny, Gesch. des röm. Rechts V 174—183. 18 Siegel, Die Lombardakommentare S 4 ff. 19 Hg. von Anschütz 1870. — Die Geschichte des langob. Rechts ist hier nur so weit über die Grenzen der fränkischen Zeit hinaus verfolgt worden, als es zum Verständnis der Zitate nötig ist, zu welchen die Verwertung der langob. Quellen für die deutsche Rechtsgeschichte schon innerhalb der fränk. Periode Anlaſs giebt.

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Zitationshilfe: Brunner, Heinrich: Deutsche Rechtsgeschichte. Bd. 1. Leipzig, 1887, S. 391. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunner_rechtsgeschichte01_1887/409>, abgerufen am 21.11.2024.