Brunner, Heinrich: Deutsche Rechtsgeschichte. Bd. 2. Leipzig, 1892.§ 91. Das Benefizialwesen. gundischen und bairischen Rechte bezeugt ist 6. Ebenso finden sichdeutliche Spuren beschränkter Vererblichkeit königlicher Landschen- kungen 7. Da das ältere salische Volksrecht die weiblichen Nach- kommen vom Grundbesitz ausschloss, ist es höchst wahrscheinlich, dass die merowingische Landschenkung nur auf die männlichen Nach- kommen des Beschenkten vererbte 8. Das Eigentum, welches durch die Schenkung übertragen wurde, war nicht nur ein beschränktes, sondern regelmässig auch ein bedingtes, bedingt nämlich durch den Vorbehalt besonderer Treue gegen den Schenker 9. Bei Schenkungen, die aus Anlass eines Dienst- oder Abhängigkeitsverhältnisses erfolgten, kennen das langobardische, das angelsächsische und das westgotische Recht den Grundsatz, dass die Gabe, mag sie nun in beweglichen oder unbeweglichen Sachen bestehen, mit der Auflösung jenes Ver- hältnisses an den Geber zurückfällt 10. Vermutlich war dieser Vor- behalt auch der merowingischen Landschenkung an königliche Ge- folgsgenossen und Beamte nicht fremd 11. stimmung des Königs zu Veräusserungen erwirkt mit der Begründung, dass das Gut aus königlicher Schenkung herrühre (Pardessus Dipl. II 12, Nr. 254, v. J. 631, vgl. Pertz, Dipl. M. 15 v. J. 635), oder es wird aus Anlass einer Ver- äusserung betont, dass der König schon bei Schenkung des Gutes die Veräusse- rungsbefugnis gewährt habe. Greg. Tur. Hist. Franc. X 31, 11. -- Greg. Tur. l. c. IX 42, S. 402: de rebus, quas in me ... Chlotharius vel ... filii sui contu- lerunt et ego ex eius praeceptiones permisso monasterio tradidi possidendum et per auctoritatem ... regum obtenui confirmari. -- Vgl. Waitz, VG II 1, S. 318 f. 6 v. Amira, Nordgerm. Obligationenrecht I 510 f. Lex Burg. 1, 3; Decr. Dingolf. c. 8, LL III 460 und Berl. SB 1885, S. 1179 ff. 7 Vergabtes Krongut wird nach dem Tode des Beschenkten vom Fiskus ein- gezogen. Greg. Tur. Hist. Franc. VIII 22; Pertz, Dipl. M. 57. 67. Der König verfügt über Güter, die früher ein dritter besessen, ohne dass ein anderer Rechts- grund abzusehen wäre, als der Heimfall an den König. Marculf I 14. 15. 17. 30. 8 Wie bei den Burgundern (Lex Burg. I 3) und bei den Aprisionsgütern der karolingischen Zeit (siehe unten Anm. 72). 9 Der Vorbehalt begegnet in angelsächsischen Königsurkunden. Schlechtweg setzen ihn voraus die Dingolfinger Dekrete, LL III 460, c. 8, und Lex Burg. I 4. In fränkischen Quellen der merowingischen Zeit wird über Konfiskationen ver- gabten Krongutes berichtet, die nicht auf Grund gerichtlichen Verfahrens oder einer Ächtung, sondern durch einfachen Verwaltungsakt erfolgen, während das übrige Vermögen des Betroffenen unversehrt bleibt. Sie können nur den Grund haben, dass das Verhalten des Beschenkten den Bedingungen der Schenkung nicht entsprach. v. Daniels I 501 f. Waitz, VG II 1, S. 317. 10 Rothari 177 (vgl. Aistulf 11). 225. Ine c. 63. Vgl. oben I 139, Anm. 24. Leges Eurici, fragm. 310. Lex Wisigoth. V 3, 1. 11 Aus solchen qualifizierten Schenkungen dürften sich die Nachrichten bei
Greg. Tur. Hist. Franc. VIII 22, IX 35 erklären. § 91. Das Benefizialwesen. gundischen und bairischen Rechte bezeugt ist 6. Ebenso finden sichdeutliche Spuren beschränkter Vererblichkeit königlicher Landschen- kungen 7. Da das ältere salische Volksrecht die weiblichen Nach- kommen vom Grundbesitz ausschloſs, ist es höchst wahrscheinlich, daſs die merowingische Landschenkung nur auf die männlichen Nach- kommen des Beschenkten vererbte 8. Das Eigentum, welches durch die Schenkung übertragen wurde, war nicht nur ein beschränktes, sondern regelmäſsig auch ein bedingtes, bedingt nämlich durch den Vorbehalt besonderer Treue gegen den Schenker 9. Bei Schenkungen, die aus Anlaſs eines Dienst- oder Abhängigkeitsverhältnisses erfolgten, kennen das langobardische, das angelsächsische und das westgotische Recht den Grundsatz, daſs die Gabe, mag sie nun in beweglichen oder unbeweglichen Sachen bestehen, mit der Auflösung jenes Ver- hältnisses an den Geber zurückfällt 10. Vermutlich war dieser Vor- behalt auch der merowingischen Landschenkung an königliche Ge- folgsgenossen und Beamte nicht fremd 11. stimmung des Königs zu Veräuſserungen erwirkt mit der Begründung, daſs das Gut aus königlicher Schenkung herrühre (Pardessus Dipl. II 12, Nr. 254, v. J. 631, vgl. Pertz, Dipl. M. 15 v. J. 635), oder es wird aus Anlaſs einer Ver- äuſserung betont, daſs der König schon bei Schenkung des Gutes die Veräuſse- rungsbefugnis gewährt habe. Greg. Tur. Hist. Franc. X 31, 11. — Greg. Tur. l. c. IX 42, S. 402: de rebus, quas in me … Chlotharius vel … filii sui contu- lerunt et ego ex eius praeceptiones permisso monasterio tradidi possidendum et per auctoritatem … regum obtenui confirmari. — Vgl. Waitz, VG II 1, S. 318 f. 6 v. Amira, Nordgerm. Obligationenrecht I 510 f. Lex Burg. 1, 3; Decr. Dingolf. c. 8, LL III 460 und Berl. SB 1885, S. 1179 ff. 7 Vergabtes Krongut wird nach dem Tode des Beschenkten vom Fiskus ein- gezogen. Greg. Tur. Hist. Franc. VIII 22; Pertz, Dipl. M. 57. 67. Der König verfügt über Güter, die früher ein dritter besessen, ohne daſs ein anderer Rechts- grund abzusehen wäre, als der Heimfall an den König. Marculf I 14. 15. 17. 30. 8 Wie bei den Burgundern (Lex Burg. I 3) und bei den Aprisionsgütern der karolingischen Zeit (siehe unten Anm. 72). 9 Der Vorbehalt begegnet in angelsächsischen Königsurkunden. Schlechtweg setzen ihn voraus die Dingolfinger Dekrete, LL III 460, c. 8, und Lex Burg. I 4. In fränkischen Quellen der merowingischen Zeit wird über Konfiskationen ver- gabten Krongutes berichtet, die nicht auf Grund gerichtlichen Verfahrens oder einer Ächtung, sondern durch einfachen Verwaltungsakt erfolgen, während das übrige Vermögen des Betroffenen unversehrt bleibt. Sie können nur den Grund haben, daſs das Verhalten des Beschenkten den Bedingungen der Schenkung nicht entsprach. v. Daniels I 501 f. Waitz, VG II 1, S. 317. 10 Rothari 177 (vgl. Aistulf 11). 225. Ine c. 63. Vgl. oben I 139, Anm. 24. Leges Eurici, fragm. 310. Lex Wisigoth. V 3, 1. 11 Aus solchen qualifizierten Schenkungen dürften sich die Nachrichten bei
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§ 91. Das Benefizialwesen.
gundischen und bairischen Rechte bezeugt ist 6. Ebenso finden sich
deutliche Spuren beschränkter Vererblichkeit königlicher Landschen-
kungen 7. Da das ältere salische Volksrecht die weiblichen Nach-
kommen vom Grundbesitz ausschloſs, ist es höchst wahrscheinlich,
daſs die merowingische Landschenkung nur auf die männlichen Nach-
kommen des Beschenkten vererbte 8. Das Eigentum, welches durch
die Schenkung übertragen wurde, war nicht nur ein beschränktes,
sondern regelmäſsig auch ein bedingtes, bedingt nämlich durch den
Vorbehalt besonderer Treue gegen den Schenker 9. Bei Schenkungen,
die aus Anlaſs eines Dienst- oder Abhängigkeitsverhältnisses erfolgten,
kennen das langobardische, das angelsächsische und das westgotische
Recht den Grundsatz, daſs die Gabe, mag sie nun in beweglichen
oder unbeweglichen Sachen bestehen, mit der Auflösung jenes Ver-
hältnisses an den Geber zurückfällt 10. Vermutlich war dieser Vor-
behalt auch der merowingischen Landschenkung an königliche Ge-
folgsgenossen und Beamte nicht fremd 11.
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6 v. Amira, Nordgerm. Obligationenrecht I 510 f. Lex Burg. 1, 3; Decr.
Dingolf. c. 8, LL III 460 und Berl. SB 1885, S. 1179 ff.
7 Vergabtes Krongut wird nach dem Tode des Beschenkten vom Fiskus ein-
gezogen. Greg. Tur. Hist. Franc. VIII 22; Pertz, Dipl. M. 57. 67. Der König
verfügt über Güter, die früher ein dritter besessen, ohne daſs ein anderer Rechts-
grund abzusehen wäre, als der Heimfall an den König. Marculf I 14. 15. 17. 30.
8 Wie bei den Burgundern (Lex Burg. I 3) und bei den Aprisionsgütern der
karolingischen Zeit (siehe unten Anm. 72).
9 Der Vorbehalt begegnet in angelsächsischen Königsurkunden. Schlechtweg
setzen ihn voraus die Dingolfinger Dekrete, LL III 460, c. 8, und Lex Burg. I 4.
In fränkischen Quellen der merowingischen Zeit wird über Konfiskationen ver-
gabten Krongutes berichtet, die nicht auf Grund gerichtlichen Verfahrens oder einer
Ächtung, sondern durch einfachen Verwaltungsakt erfolgen, während das übrige
Vermögen des Betroffenen unversehrt bleibt. Sie können nur den Grund haben, daſs
das Verhalten des Beschenkten den Bedingungen der Schenkung nicht entsprach.
v. Daniels I 501 f. Waitz, VG II 1, S. 317.
10 Rothari 177 (vgl. Aistulf 11). 225. Ine c. 63. Vgl. oben I 139, Anm. 24.
Leges Eurici, fragm. 310. Lex Wisigoth. V 3, 1.
11 Aus solchen qualifizierten Schenkungen dürften sich die Nachrichten bei
Greg. Tur. Hist. Franc. VIII 22, IX 35 erklären.
5 stimmung des Königs zu Veräuſserungen erwirkt mit der Begründung, daſs das
Gut aus königlicher Schenkung herrühre (Pardessus Dipl. II 12, Nr. 254, v. J.
631, vgl. Pertz, Dipl. M. 15 v. J. 635), oder es wird aus Anlaſs einer Ver-
äuſserung betont, daſs der König schon bei Schenkung des Gutes die Veräuſse-
rungsbefugnis gewährt habe. Greg. Tur. Hist. Franc. X 31, 11. — Greg. Tur.
l. c. IX 42, S. 402: de rebus, quas in me … Chlotharius vel … filii sui contu-
lerunt et ego ex eius praeceptiones permisso monasterio tradidi possidendum et
per auctoritatem … regum obtenui confirmari. — Vgl. Waitz, VG II 1, S. 318 f.
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