Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659.Erstes Buch. auff jener abermahl seine Willigkeit anboht. Sie foderten feste Speer/ begegneten einan-der zierlich und herzhafft/ daß die Speere splittersweise in die Lufft flogen/ und keiner im Sattel bewäget ward. Diese beyde stechen umb den ersten Preiß/ sagte der Stathalter zu Ladisla/ wo sie ihn nicht beyde gewinnen. Ich fürchte eben dasselbe/ antwortete dieser/ schik- te deßwegen nach der Stad/ ein Halsband/ dem ersten gleich/ herzuhohlen. Die Stecher foderten neue Speere/ und wurden auff sich selbst unwillig/ daß sie im andern Ritte beyder- seits fehleten/ weil jeder sich bemühete/ dem andern aus dem Stosse zuweichen/ und seinen anzubringen; tahten darauff den dritten so viel hefftiger und gerade zu/ da sie beyde hinter sich bogen/ auch der Rostige einen Stegreiff verlohr/ dessen doch niemand innen ward; und weil die Speere abermahl zubrochen wahren/ nahmen sie nochmahls andere/ ranten als blindling/ und traffen sehr wol/ auch ohn alles wanken; im vorübertraben aber griffen sie ei- ner nach dem andern/ zogen sich von ihren Pferden/ sprungen bald auff/ und fingen an mit einander zu ringen/ in welchem der Rostige schier solte Meister worden seyn; weil aber die Richter auffklopffen und sie warnen liessen/ traten sie voneinander/ und lieffen ihren Pfer- den zu. Bald darauff ward das Stechen auffgeruffen/ und den Rittern ins gemein Dank gesagt/ welche auff den folgenden Tag wieder eingeladen wurden. Die Richter/ Herren Kornelius und Emilius traten mit Fr. Sophien/ Frl. Sibyllen und Fr. Ursulen zusam- men/ und urteileten/ daß der erste und lezte in gleichem Wert den höchsten Preiß verdienet hätten; den andern legten sie dem Blanken/ und den dritten dem Schwarzen zu. Da ließ nun Fr. Sophia die ersten beyden vor sich fodern/ und redete sie also an: Manhaffte/ hoch- ädle Ritter/ wie selten es geschihet/ daß zween zugleich den höchsten Preiß verdienen/ so hoch verwundert man sich über euer beyder gleichmässigem Wolverhalten/ und daß man ihre Tapfferkeit so gar nicht zu unterscheiden weiß/ ohn daß der eine hat müssen scharff fech- ten. Der erste entschuldigte sich der Ehren/ und legete dem Rostigen das höchste Lob zu; die- ser gab dagegen vor/ sein Stechen währe mit dieses seinem nicht zuvergleichen/ welches al- le anwesende würden bezeugen müssen. Aber Fr. Sophia sagte: Ihr Herren Ritter/ wer- det ja unserer Herren Richter Urtel nicht ungültig machen/ sondern dieses unwägerlich als einen wolverdienten Gewin annehmen; reichte damit einem jeden das Halsband ein/ und daß sie dabey sich ihres Wolverhaltens allemahl zuerinnern hätten. Der Rostige aber taht seinen Helm ab/ dann er wahr der Böhmische Ritter Leches/ ging ungefodert nach Ladisla auff die Schau Bühne/ setzete sich vor ihm auf die Knie/ und sagete überlaut: Durchleuch- tigster/ gnädigster Herr; daß gestriges Tages Euer Durchl. ich die Hände untertähnigst zuküssen unterlassen/ bitte ich umb gnädigste Verzeihung/ bin sonst mit den Königlichen Herren Gesanten herüber kommen/ keiner andern Ursach wegen/ als Ihrer Durchl. un- tertähnigst auffzuwarten/ und in meines Königes Diensten zu sterben; Zog sein Schrei- ben hervor/ und übergab es seinem Herrn/ welches die Königin ihm absonderlich mitgege- ben/ und darinnen seines Vaters des alten Pribisla Träue überschrieben hatte; begehrete auch/ diesen guten Ritter in geheime Dienste zunehmen/ und als einen Königlichen Ver- wanten zu halten. Ladisla wahr nicht allein seiner Ankunfft froh/ sondern freuete sich inson- derheit/ daß er sich im Kampff und Stechen so ritterlich verhalten hatte/ hieß ihn auffste- hen/ boht ihm die Hand (welche er küssete) und versprach ihm alle Gnade und Gewogen- heit/
Erſtes Buch. auff jener abermahl ſeine Willigkeit anboht. Sie foderten feſte Speer/ begegneten einan-der zierlich und herzhafft/ daß die Speere ſplittersweiſe in die Lufft flogen/ und keiner im Sattel bewaͤget ward. Dieſe beyde ſtechen umb den erſten Preiß/ ſagte der Stathalter zu Ladiſla/ wo ſie ihn nicht beyde gewinnen. Ich fuͤrchte eben daſſelbe/ antwortete dieſer/ ſchik- te deßwegen nach der Stad/ ein Halsband/ dem erſten gleich/ herzuhohlen. Die Stecher foderten neue Speere/ und wurden auff ſich ſelbſt unwillig/ daß ſie im andern Ritte beyder- ſeits fehleten/ weil jeder ſich bemuͤhete/ dem andern aus dem Stoſſe zuweichen/ und ſeinen anzubringen; tahten darauff den dritten ſo viel hefftiger und gerade zu/ da ſie beyde hinter ſich bogen/ auch der Roſtige einen Stegreiff verlohr/ deſſen doch niemand innen ward; und weil die Speere abermahl zubrochen wahren/ nahmen ſie nochmahls andere/ ranten als blindling/ und traffen ſehr wol/ auch ohn alles wanken; im voruͤbertraben aber griffen ſie ei- ner nach dem andern/ zogen ſich von ihren Pferden/ ſprungen bald auff/ und fingen an mit einander zu ringen/ in welchem der Roſtige ſchier ſolte Meiſter worden ſeyn; weil aber die Richter auffklopffen und ſie warnen lieſſen/ traten ſie voneinander/ und lieffen ihren Pfeꝛ- den zu. Bald darauff ward das Stechen auffgeruffen/ und den Rittern ins gemein Dank geſagt/ welche auff den folgenden Tag wieder eingeladen wurden. Die Richter/ Herren Kornelius und Emilius traten mit Fr. Sophien/ Frl. Sibyllen und Fr. Urſulen zuſam- men/ und urteileten/ daß der erſte und lezte in gleichem Wert den hoͤchſten Preiß verdienet haͤtten; den andern legten ſie dem Blanken/ und den dritten dem Schwarzen zu. Da ließ nun Fr. Sophia die erſten beyden vor ſich fodern/ und redete ſie alſo an: Manhaffte/ hoch- aͤdle Ritter/ wie ſelten es geſchihet/ daß zween zugleich den hoͤchſten Preiß verdienen/ ſo hoch verwundert man ſich uͤber euer beyder gleichmaͤſſigem Wolverhalten/ und daß man ihre Tapfferkeit ſo gar nicht zu unterſcheiden weiß/ ohn daß der eine hat muͤſſen ſcharff fech- ten. Der erſte entſchuldigte ſich der Ehren/ und legete dem Roſtigen das hoͤchſte Lob zu; die- ſer gab dagegen vor/ ſein Stechen waͤhre mit dieſes ſeinem nicht zuvergleichen/ welches al- le anweſende wuͤrden bezeugen muͤſſen. Aber Fr. Sophia ſagte: Ihr Herren Ritter/ wer- det ja unſerer Herren Richter Urtel nicht unguͤltig machen/ ſondern dieſes unwaͤgerlich als einen wolverdienten Gewin annehmen; reichte damit einem jeden das Halsband ein/ und daß ſie dabey ſich ihres Wolverhaltens allemahl zuerinnern haͤtten. Der Roſtige aber taht ſeinen Helm ab/ dann er wahr der Boͤhmiſche Ritter Leches/ ging ungefodert nach Ladiſla auff die Schau Buͤhne/ ſetzete ſich vor ihm auf die Knie/ und ſagete uͤberlaut: Durchleuch- tigſter/ gnaͤdigſter Herꝛ; daß geſtriges Tages Euer Durchl. ich die Haͤnde untertaͤhnigſt zukuͤſſen unterlaſſen/ bitte ich umb gnaͤdigſte Verzeihung/ bin ſonſt mit den Koͤniglichen Herꝛen Geſanten heruͤber kommen/ keiner andern Urſach wegen/ als Ihrer Durchl. un- tertaͤhnigſt auffzuwarten/ und in meines Koͤniges Dienſten zu ſterben; Zog ſein Schrei- ben hervor/ und uͤbergab es ſeinem Herꝛn/ welches die Koͤnigin ihm abſonderlich mitgege- ben/ und darinnen ſeines Vaters des alten Pribiſla Traͤue uͤberſchrieben hatte; begehrete auch/ dieſen guten Ritter in geheime Dienſte zunehmen/ und als einen Koͤniglichen Ver- wanten zu halten. Ladiſla wahr nicht allein ſeiner Ankunfft froh/ ſondern freuete ſich inſon- derheit/ daß er ſich im Kampff und Stechen ſo ritterlich verhalten hatte/ hieß ihn auffſte- hen/ boht ihm die Hand (welche er kuͤſſete) und verſprach ihm alle Gnade und Gewogen- heit/
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Erſtes Buch.
auff jener abermahl ſeine Willigkeit anboht. Sie foderten feſte Speer/ begegneten einan-
der zierlich und herzhafft/ daß die Speere ſplittersweiſe in die Lufft flogen/ und keiner im
Sattel bewaͤget ward. Dieſe beyde ſtechen umb den erſten Preiß/ ſagte der Stathalter zu
Ladiſla/ wo ſie ihn nicht beyde gewinnen. Ich fuͤrchte eben daſſelbe/ antwortete dieſer/ ſchik-
te deßwegen nach der Stad/ ein Halsband/ dem erſten gleich/ herzuhohlen. Die Stecher
foderten neue Speere/ und wurden auff ſich ſelbſt unwillig/ daß ſie im andern Ritte beyder-
ſeits fehleten/ weil jeder ſich bemuͤhete/ dem andern aus dem Stoſſe zuweichen/ und ſeinen
anzubringen; tahten darauff den dritten ſo viel hefftiger und gerade zu/ da ſie beyde hinter
ſich bogen/ auch der Roſtige einen Stegreiff verlohr/ deſſen doch niemand innen ward; und
weil die Speere abermahl zubrochen wahren/ nahmen ſie nochmahls andere/ ranten als
blindling/ und traffen ſehr wol/ auch ohn alles wanken; im voruͤbertraben aber griffen ſie ei-
ner nach dem andern/ zogen ſich von ihren Pferden/ ſprungen bald auff/ und fingen an mit
einander zu ringen/ in welchem der Roſtige ſchier ſolte Meiſter worden ſeyn; weil aber die
Richter auffklopffen und ſie warnen lieſſen/ traten ſie voneinander/ und lieffen ihren Pfeꝛ-
den zu. Bald darauff ward das Stechen auffgeruffen/ und den Rittern ins gemein Dank
geſagt/ welche auff den folgenden Tag wieder eingeladen wurden. Die Richter/ Herren
Kornelius und Emilius traten mit Fr. Sophien/ Frl. Sibyllen und Fr. Urſulen zuſam-
men/ und urteileten/ daß der erſte und lezte in gleichem Wert den hoͤchſten Preiß verdienet
haͤtten; den andern legten ſie dem Blanken/ und den dritten dem Schwarzen zu. Da ließ
nun Fr. Sophia die erſten beyden vor ſich fodern/ und redete ſie alſo an: Manhaffte/ hoch-
aͤdle Ritter/ wie ſelten es geſchihet/ daß zween zugleich den hoͤchſten Preiß verdienen/ ſo
hoch verwundert man ſich uͤber euer beyder gleichmaͤſſigem Wolverhalten/ und daß man
ihre Tapfferkeit ſo gar nicht zu unterſcheiden weiß/ ohn daß der eine hat muͤſſen ſcharff fech-
ten. Der erſte entſchuldigte ſich der Ehren/ und legete dem Roſtigen das hoͤchſte Lob zu; die-
ſer gab dagegen vor/ ſein Stechen waͤhre mit dieſes ſeinem nicht zuvergleichen/ welches al-
le anweſende wuͤrden bezeugen muͤſſen. Aber Fr. Sophia ſagte: Ihr Herren Ritter/ wer-
det ja unſerer Herren Richter Urtel nicht unguͤltig machen/ ſondern dieſes unwaͤgerlich als
einen wolverdienten Gewin annehmen; reichte damit einem jeden das Halsband ein/ und
daß ſie dabey ſich ihres Wolverhaltens allemahl zuerinnern haͤtten. Der Roſtige aber taht
ſeinen Helm ab/ dann er wahr der Boͤhmiſche Ritter Leches/ ging ungefodert nach Ladiſla
auff die Schau Buͤhne/ ſetzete ſich vor ihm auf die Knie/ und ſagete uͤberlaut: Durchleuch-
tigſter/ gnaͤdigſter Herꝛ; daß geſtriges Tages Euer Durchl. ich die Haͤnde untertaͤhnigſt
zukuͤſſen unterlaſſen/ bitte ich umb gnaͤdigſte Verzeihung/ bin ſonſt mit den Koͤniglichen
Herꝛen Geſanten heruͤber kommen/ keiner andern Urſach wegen/ als Ihrer Durchl. un-
tertaͤhnigſt auffzuwarten/ und in meines Koͤniges Dienſten zu ſterben; Zog ſein Schrei-
ben hervor/ und uͤbergab es ſeinem Herꝛn/ welches die Koͤnigin ihm abſonderlich mitgege-
ben/ und darinnen ſeines Vaters des alten Pribiſla Traͤue uͤberſchrieben hatte; begehrete
auch/ dieſen guten Ritter in geheime Dienſte zunehmen/ und als einen Koͤniglichen Ver-
wanten zu halten. Ladiſla wahr nicht allein ſeiner Ankunfft froh/ ſondern freuete ſich inſon-
derheit/ daß er ſich im Kampff und Stechen ſo ritterlich verhalten hatte/ hieß ihn auffſte-
hen/ boht ihm die Hand (welche er kuͤſſete) und verſprach ihm alle Gnade und Gewogen-
heit/
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Zitationshilfe: | Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659, S. 242. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules01_1659/280>, abgerufen am 16.06.2024. |