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Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659.

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Anderes Buch.
Wenzesla geschicket hatte. Der ansehnlichste/ ihr Daumen Ring hatte einen grossen
feurrohten Stein/ worauff zwo zusammen geschlagene Hände stunden/ zwischen deren
Fingern ein Pfeil durchflochten war; innerhalb des Ringes lase er diese Buchstaben:
HVEARLCIVSLCEAS; die er etliche mahl besahe/ und nach seiner Spizfindigkeit bald in-
nen ward/ daß sein und der Fräulein Nahme durch einander versetzet wahr/ so daß die un-
geraden/ HERCVLES, die geraden aber VALISCA musten gelesen werden. Im dritten
Ringe wahr ein trefflicher Rubin/ und in demselben ein Greif geschnitten/ der ein Lämlein
zwischen den Klauen führete/ mit dieser ümschrifft: LVBENSFEROR. Ich lasse mich gerne
also führen. Er hätte sie gerne alle drey behalten/ muste aber ehren halben Fabius einen bie-
ten/ zu welchem er/ den lezten hinreichend/ sagete: Mein Herr Bruder/ jhr werdet dem
Fräulein zu Liebe diesen Finger Reiff tragen/ und jhn nicht von euch lassen kommen/ biß sie
selbst jhn wied' abfoderen möchte. Dieser bedankete sich hoch/ und gelobete/ daß kein Mensch/
ohn das Fräulein selbst diese allerliebeste Gedächmis von jhm bekommen solte. Herkules
redete Neklam an/ und sagete: Guter Geselle/ nachdem jhr diese eure Träue erwiesen/ und
diß Haar neben den Ringen uns eingehändiget/ auch sonst als ein redlicher Diener euch
in dieser Gefährligkeit bezeiget habt/ wil ich euch dessen dergestalt zuergetzen wissen/ daß jhr
euch Armut nicht sollet zu befürchten haben/ und wird mein Bruder euer Herr und König
Ladisla sich auf meine Vorbitte nicht wegern/ euch wegen eures wolverhaltens in den Böh-
mischen Adel- und Ritterstand aufzunehmen. Ladisla antwortete: Sey du nur gefliessen
Neklam/ daß wir die Räuber antreffen mögen/ was ohn meines Bruders Vorbitte/ ich die
zugedacht habe/ sol dir nicht entwischen/ dessen du dich wol versichern magst. Dieser wuste
nicht/ wessen auff so hohe angebohtene Gnade er sich verhalten solte/ und antwortete: Ihr
meine gnädigste Herren/ ich bin ja euer Durchll. gar zu unwirdiger Knecht/ habe auch
nicht das minste der überflüssigen Gnade Verdienen mögen/ und wolte Gott/ daß ich die
mörderischen Räuber ausspüren könte/ wolte ich mein Leben gerne dabey zusetzen/ nur daß
mein gn. Fräulein gerettet würde; und sehet da vor uns den unseligen Flecken dieses so gros-
sen Verlustes. Herkules wallete das Blut in allen Adern auff/ hoffete noch/ das liebe Fräu-
lein loßzumachen/ weil ja fast unmöglich währe/ daß man einem so grossen Hauffen zu
Pferde nicht solte nach spüren können/ und begehrete von Neklam/ er solte in seiner Erzäh-
lung fort fahren/ da ers bey Einlieferung der Ringe gelassen hätte. Ja Gn. Fürst/ antwor-
tete er; es berichtete mich der Pannonische Knecht endlich/ daß wie unser vermummeter
Jüngling samt den Jungfern herunter gestiegen/ er die Räuber/ als währe er ihr Befeh-
lichs haber gewesen/ ermahnet hätte/ sich an seinen Jungfern nicht zuvergreiffen/ und ihres
äides eingedenke zu seyn; welches sie ihm auffs neue versprochen/ und mit ihnen also da-
von gezogen währen. Herkules er seuffzete hierüber/ und sagte: Erbarme es Gott/ daß die-
se allerädleste Seele/ welche/ so viel ihre Vernunfft und Wissenschafft vermag/ sich aller
Tugend befleissiget/ unter den Händen dieser schnöden Räuber sich muß zwingen lassen!
Ladisla sagte: Ich hoffe/ es sol ihre Ehr und Leben des Himmels ungezweifelten Schutzes
geniessen/ insonderheit/ weil sie sich vor einen Jüngling ausgibt/ und ihren angenommenen
Stand wol wird zu spielen wissen. Unter diesem Gespräch langeten sie in dem Flecken an/
und funden die Inwohner bemühet/ Gruben zu machen/ in welche sie die Erschlagenen ohn

Unter-
K k

Anderes Buch.
Wenzeſla geſchicket hatte. Der anſehnlichſte/ ihr Daumen Ring hatte einen groſſen
feurrohten Stein/ worauff zwo zuſammen geſchlagene Haͤnde ſtunden/ zwiſchen deren
Fingern ein Pfeil durchflochten war; innerhalb des Ringes laſe er dieſe Buchſtaben:
HVEARLCIVSLCEAS; die er etliche mahl beſahe/ und nach ſeiner Spizfindigkeit bald in-
nen ward/ daß ſein und der Fraͤulein Nahme durch einander verſetzet wahr/ ſo daß die un-
geraden/ HERCVLES, die geraden aber VALISCA muſten geleſen werden. Im dritten
Ringe wahr ein trefflicher Rubin/ und in demſelben ein Greif geſchnitten/ der ein Laͤmlein
zwiſchen den Klauen fuͤhrete/ mit dieſer uͤmſchrifft: LVBENSFEROR. Ich laſſe mich gerne
alſo fuͤhren. Er haͤtte ſie gerne alle drey behalten/ muſte aber ehren halben Fabius einen bie-
ten/ zu welchem er/ den lezten hinreichend/ ſagete: Mein Herꝛ Bruder/ jhr werdet dem
Fraͤulein zu Liebe dieſen Finger Reiff tragen/ und jhn nicht von euch laſſen kommen/ biß ſie
ſelbſt jhn wied’ abfoderen moͤchte. Dieſer bedankete ſich hoch/ uñ gelobete/ daß kein Menſch/
ohn das Fraͤulein ſelbſt dieſe allerliebeſte Gedaͤchmis von jhm bekommen ſolte. Herkules
redete Neklam an/ und ſagete: Guter Geſelle/ nachdem jhr dieſe eure Traͤue erwieſen/ und
diß Haar neben den Ringen uns eingehaͤndiget/ auch ſonſt als ein redlicher Diener euch
in dieſer Gefaͤhrligkeit bezeiget habt/ wil ich euch deſſen dergeſtalt zuergetzen wiſſen/ daß jhr
euch Armut nicht ſollet zu befuͤrchten haben/ und wird mein Bruder euer Herꝛ und Koͤnig
Ladiſla ſich auf meine Vorbitte nicht wegern/ euch wegẽ eures wolverhaltens in den Boͤh-
miſchen Adel- und Ritterſtand aufzunehmen. Ladiſla antwortete: Sey du nur geflieſſen
Neklam/ daß wir die Raͤuber antreffen moͤgen/ was ohn meines Bruders Vorbitte/ ich die
zugedacht habe/ ſol dir nicht entwiſchen/ deſſen du dich wol verſichern magſt. Dieſer wuſte
nicht/ weſſen auff ſo hohe angebohtene Gnade er ſich verhalten ſolte/ und antwortete: Ihr
meine gnaͤdigſte Herꝛen/ ich bin ja euer Durchll. gar zu unwirdiger Knecht/ habe auch
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moͤrderiſchen Raͤuber ausſpuͤren koͤnte/ wolte ich mein Leben gerne dabey zuſetzen/ nur daß
mein gn. Fraͤulein geꝛettet wuͤrde; uñ ſehet da vor uns den unſeligen Flecken dieſes ſo gꝛoſ-
ſen Verluſtes. Herkules wallete das Blut in allen Adern auff/ hoffete noch/ das liebe Fraͤu-
lein loßzumachen/ weil ja faſt unmoͤglich waͤhre/ daß man einem ſo groſſen Hauffen zu
Pferde nicht ſolte nach ſpuͤren koͤnnen/ und begehrete von Neklam/ er ſolte in ſeiner Erzaͤh-
lung fort fahren/ da ers bey Einlieferung der Ringe gelaſſen haͤtte. Ja Gn. Fuͤrſt/ antwor-
tete er; es berichtete mich der Pannoniſche Knecht endlich/ daß wie unſer vermummeter
Juͤngling ſamt den Jungfern herunter geſtiegen/ er die Raͤuber/ als waͤhre er ihr Befeh-
lichs haber geweſen/ ermahnet haͤtte/ ſich an ſeinen Jungfern nicht zuvergreiffen/ und ihres
aͤides eingedenke zu ſeyn; welches ſie ihm auffs neue verſprochen/ und mit ihnen alſo da-
von gezogen waͤhren. Herkules er ſeuffzete hieruͤber/ und ſagte: Erbarme es Gott/ daß die-
ſe alleraͤdleſte Seele/ welche/ ſo viel ihre Vernunfft und Wiſſenſchafft vermag/ ſich aller
Tugend befleiſſiget/ unter den Haͤnden dieſer ſchnoͤden Raͤuber ſich muß zwingen laſſen!
Ladiſla ſagte: Ich hoffe/ es ſol ihre Ehr und Leben des Himmels ungezweifelten Schutzes
genieſſen/ inſonderheit/ weil ſie ſich vor einen Juͤngling ausgibt/ und ihren angenommenẽ
Stand wol wird zu ſpielen wiſſen. Unter dieſem Geſpraͤch langeten ſie in dem Flecken an/
und funden die Inwohner bemuͤhet/ Gruben zu machen/ in welche ſie die Eꝛſchlagenen ohn

Unter-
K k
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[257/0295] Anderes Buch. Wenzeſla geſchicket hatte. Der anſehnlichſte/ ihr Daumen Ring hatte einen groſſen feurrohten Stein/ worauff zwo zuſammen geſchlagene Haͤnde ſtunden/ zwiſchen deren Fingern ein Pfeil durchflochten war; innerhalb des Ringes laſe er dieſe Buchſtaben: HVEARLCIVSLCEAS; die er etliche mahl beſahe/ und nach ſeiner Spizfindigkeit bald in- nen ward/ daß ſein und der Fraͤulein Nahme durch einander verſetzet wahr/ ſo daß die un- geraden/ HERCVLES, die geraden aber VALISCA muſten geleſen werden. Im dritten Ringe wahr ein trefflicher Rubin/ und in demſelben ein Greif geſchnitten/ der ein Laͤmlein zwiſchen den Klauen fuͤhrete/ mit dieſer uͤmſchrifft: LVBENSFEROR. Ich laſſe mich gerne alſo fuͤhren. Er haͤtte ſie gerne alle drey behalten/ muſte aber ehren halben Fabius einen bie- ten/ zu welchem er/ den lezten hinreichend/ ſagete: Mein Herꝛ Bruder/ jhr werdet dem Fraͤulein zu Liebe dieſen Finger Reiff tragen/ und jhn nicht von euch laſſen kommen/ biß ſie ſelbſt jhn wied’ abfoderen moͤchte. Dieſer bedankete ſich hoch/ uñ gelobete/ daß kein Menſch/ ohn das Fraͤulein ſelbſt dieſe allerliebeſte Gedaͤchmis von jhm bekommen ſolte. Herkules redete Neklam an/ und ſagete: Guter Geſelle/ nachdem jhr dieſe eure Traͤue erwieſen/ und diß Haar neben den Ringen uns eingehaͤndiget/ auch ſonſt als ein redlicher Diener euch in dieſer Gefaͤhrligkeit bezeiget habt/ wil ich euch deſſen dergeſtalt zuergetzen wiſſen/ daß jhr euch Armut nicht ſollet zu befuͤrchten haben/ und wird mein Bruder euer Herꝛ und Koͤnig Ladiſla ſich auf meine Vorbitte nicht wegern/ euch wegẽ eures wolverhaltens in den Boͤh- miſchen Adel- und Ritterſtand aufzunehmen. Ladiſla antwortete: Sey du nur geflieſſen Neklam/ daß wir die Raͤuber antreffen moͤgen/ was ohn meines Bruders Vorbitte/ ich die zugedacht habe/ ſol dir nicht entwiſchen/ deſſen du dich wol verſichern magſt. Dieſer wuſte nicht/ weſſen auff ſo hohe angebohtene Gnade er ſich verhalten ſolte/ und antwortete: Ihr meine gnaͤdigſte Herꝛen/ ich bin ja euer Durchll. gar zu unwirdiger Knecht/ habe auch nicht das minſte der uͤberfluͤſſigen Gnade Verdienen moͤgen/ und wolte Gott/ daß ich die moͤrderiſchen Raͤuber ausſpuͤren koͤnte/ wolte ich mein Leben gerne dabey zuſetzen/ nur daß mein gn. Fraͤulein geꝛettet wuͤrde; uñ ſehet da vor uns den unſeligen Flecken dieſes ſo gꝛoſ- ſen Verluſtes. Herkules wallete das Blut in allen Adern auff/ hoffete noch/ das liebe Fraͤu- lein loßzumachen/ weil ja faſt unmoͤglich waͤhre/ daß man einem ſo groſſen Hauffen zu Pferde nicht ſolte nach ſpuͤren koͤnnen/ und begehrete von Neklam/ er ſolte in ſeiner Erzaͤh- lung fort fahren/ da ers bey Einlieferung der Ringe gelaſſen haͤtte. Ja Gn. Fuͤrſt/ antwor- tete er; es berichtete mich der Pannoniſche Knecht endlich/ daß wie unſer vermummeter Juͤngling ſamt den Jungfern herunter geſtiegen/ er die Raͤuber/ als waͤhre er ihr Befeh- lichs haber geweſen/ ermahnet haͤtte/ ſich an ſeinen Jungfern nicht zuvergreiffen/ und ihres aͤides eingedenke zu ſeyn; welches ſie ihm auffs neue verſprochen/ und mit ihnen alſo da- von gezogen waͤhren. Herkules er ſeuffzete hieruͤber/ und ſagte: Erbarme es Gott/ daß die- ſe alleraͤdleſte Seele/ welche/ ſo viel ihre Vernunfft und Wiſſenſchafft vermag/ ſich aller Tugend befleiſſiget/ unter den Haͤnden dieſer ſchnoͤden Raͤuber ſich muß zwingen laſſen! Ladiſla ſagte: Ich hoffe/ es ſol ihre Ehr und Leben des Himmels ungezweifelten Schutzes genieſſen/ inſonderheit/ weil ſie ſich vor einen Juͤngling ausgibt/ und ihren angenommenẽ Stand wol wird zu ſpielen wiſſen. Unter dieſem Geſpraͤch langeten ſie in dem Flecken an/ und funden die Inwohner bemuͤhet/ Gruben zu machen/ in welche ſie die Eꝛſchlagenen ohn Unter- K k

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Zitationshilfe: Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659, S. 257. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules01_1659/295>, abgerufen am 22.12.2024.