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Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659.

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Vierdes Buch.
ihn Gott durch eure Zukunfft daran verhindert; des freuet euch mit mir/ und lasset alle Traurigkeit
fahren. Hierauff erhohleten sie sich endlich/ da jede von ihnen der Fräulein eine Hand fassete/ und Li-
bussa älso anfing: O mein gnädigstes und über Seel geliebetes Fräulein; muß ich dann ihre Durchl.
in einem elendern Stande antreffen/ als ich sie leztmahl verlassen habe? solches sey dem gerechten Gott
geklaget; Aber O du Grund Schelm/ was vor Straffen wlrd der allergrausamste Henker er sinnen kön-
nen/ damit dir nach Verdienst gelohnet werde? Gib dich mit mir zufrieden/ liebes Kind/ sagte das Fräu-
lein/ ich bin zwar heut in dem allerelendesten Stande meines ganzen Lebens gewesen/ so daß mein
Ochsen- und Hunde-Streit/ mein Pragischer Moldau-Sprung/ und Italiänische Gefängnis hierge-
gen fast nichts zuachten; aber Gott Lob/ Gott Lob/ ohn einige wirkliche Verletzung meiner Ehren;
daher wollen wirs als ungeschehen/ oder doch als überwunden halten/ auff dz unsere gebührliche Freu-
de nicht gestöret werde; richtete sich damit auff/ und ließ sich von ihnen beyden nach begehren küssen
und umfahen. Weil sie aber sahe/ daß kein Auffhören da wahr/ sagte sie endlich: Sol ich dann den gan-
zen Tag alhie vor euch nacket liegen? Hastu vergessen/ Libussa/ wie bald du mich/ wann ich auffstund/
zubekleiden pflegtest? Ja ja/ mein Herzallerliebstes Fräulein/ antwortete sie/ ich bin nun vergnüget/
daß Eure Gn. ich wiederhabe; gönnet mir aber doch das zubesehen/ wornach meine Seele so grosses
verlangen getragen hat. Euphrosyne nam den Unter Rok/ und legte ihr denselben an; Brela suchte die
Strümpffe und Schuch hervor/ und bekleidete ihr die Beine; Libussa ergreiff das Oberkleid/ und zo-
he ihr solches an/ und indem sie ihr den Busem verschnürete/ raunete sie ihr sanffte ins Ohr: Ach daß
Herkules dieses an meiner Stelle verrichten solte; sie aber gab ihr zur Wieder Antwort: Wann du
ihm solches als zum ersten mahl wünschest/ bistu zu spät kommen; zum lezten mahle aber würde es
viel zu früh seyn. Ey Gott Lob/ sagte Libussa überlaut/ so wollen wir der jetzigen Widerwertigkeit
vergessen; fassete das Fräulein unter die Arme/ und zohe sie aus der Sänffte hervor/ da der ankommen-
den Freude erst recht loß ging; in sonderheit bey Libussen und Brelen/ als sie diese in so treflicher Vol-
kommenheit vor sich stehen sahen/ und vor Wollust nicht wusten/ was sie anfahen solten. Agatha trat
auch herbey/ und ergab sich dem Fräulein zu Dienste; und weil sie und Euphrosyne gleich neben ein-
ander stunden/ redete sie alle beyde also an: Ihr meine grundgeliebete Freundinnen; wie hoch ich euch
verbunden bin/ weiß ich sehr wol; aber wie ich mich loswirken möge/ sehe ich nicht/ es währe dann/ dz
ihr meinen beharlichen Freundes-Willen/ und die mögliche Erstattung vor gültig erkennen wollet;
Ihr Fr. Agatha habt mir meinen einigen herzallerliebsten Bruder vom Tode erlöset/ und euch darü-
ber in solche Gefahr gesetzet/ die euch bey nahe zu staub und Asche verbrennet hätte; was hätte eine
geträue Freundin mehr tuhn können? Ihr Fr. Euphrosyne habt meinem höchstgeliebeten Oheim/
Schaz/ und versprochenen Bräutigamb die Hände loßgebunden/ und dadurch ihn von dem Henker-
Schwert frey gemacht; worüber ihr schier selbst von eurem ungeträuen Ehegatten entleibet währet;
was hätte eine Schwester heilsamers verrichten können? Vor solche Woltahten sage ich euch von her-
zen dank/ und werde zeit meines Lebens mich bemühen/ es mehr in der Taht/ als prächtigen Worten
erscheinen zulassen/ wie hoch ich diese eure Woltahten schätze. Durchl. Fräulein/ antwortete Euphro-
syne/ haben wir beyde einen aufrichtigen Willen gehabt/ den beyden frömmesten und redlichsten Fürsten
der Welt untertähnigste Dienste zuleisten/ so ist doch derselbe so unkräftig gewesen/ dz ausser seufzen und
wünschen er nichts hat verrichten mögen; hingegen sind wir alle beyde von höchstgedachten teuren Fürsten
vom Tode und Verderben gerettet/ und in guten Wolstand gesetzet; wir sind durch sie zu grossem Reichtuhm
und ädlen frommen Ehegatten gebracht/ dz uns allerdinge unmöglich ist/ solche Woltaht recht zuerkennen/
geschweige zuvergelten; und nun wil eure Durchl. gnädigstes Fräulein/ uns mit neuem ganz unver-
dienten erbieten/ dessen wir allerdinge unfähig sind/ in unsern dankschuldigen Gedanken irre machen;
können wir vor Dienerinnen angenommen und gewirdiget werden/ so haben wir den höchsten Zweg un-
ser gewünschten Glükseligkeit erreichet/ ein mehres/ wie wirs nicht fassen können/ also vermögen wir
auch nicht/ es zuertragen; bitten umb beharliche Gnade/ und verbleiben untertähnigst gehorsam. Das
Fräulein wolte solches beantworten/ aber Kleofis/ der die Zeit in der Sänfte zu lange wehren wolte/
steckete den Kopff hervor/ und rieff mit lieblicher Stimme; Gnädigstes Fräulein/ wir euer Durchl. un-

tertäh-

Vierdes Buch.
ihn Gott durch eure Zukunfft daran verhindert; des freuet euch mit mir/ und laſſet alle Traurigkeit
fahren. Hierauff erhohleten ſie ſich endlich/ da jede von ihnen der Fraͤulein eine Hand faſſete/ und Li-
buſſa aͤlſo anfing: O mein gnaͤdigſtes und uͤber Seel geliebetes Fraͤulein; muß ich dann ihre Durchl.
in einem elendern Stande antreffen/ als ich ſie leztmahl verlaſſen habe? ſolches ſey dem gerechten Gott
geklaget; Aber O du Grund Schelm/ was vor Straffen wlrd der allergrauſamſte Henker er ſiñen koͤn-
nen/ damit dir nach Verdienſt gelohnet werde? Gib dich mit mir zufriedẽ/ liebes Kind/ ſagte das Fraͤu-
lein/ ich bin zwar heut in dem allerelendeſten Stande meines ganzen Lebens geweſen/ ſo daß mein
Ochſen- und Hunde-Streit/ mein Pragiſcher Moldau-Sprung/ und Italiaͤniſche Gefaͤngnis hierge-
gen faſt nichts zuachten; aber Gott Lob/ Gott Lob/ ohn einige wirkliche Verletzung meiner Ehren;
daher wollen wirs als ungeſchehen/ oder doch als uͤberwunden halten/ auff dz unſere gebuͤhrliche Freu-
de nicht geſtoͤret werde; richtete ſich damit auff/ und ließ ſich von ihnen beyden nach begehren kuͤſſen
und umfahen. Weil ſie aber ſahe/ daß kein Auffhoͤren da wahr/ ſagte ſie endlich: Sol ich dañ den gan-
zen Tag alhie vor euch nacket liegen? Haſtu vergeſſen/ Libuſſa/ wie bald du mich/ wann ich auffſtund/
zubekleiden pflegteſt? Ja ja/ mein Herzallerliebſtes Fraͤulein/ antwortete ſie/ ich bin nun vergnuͤget/
daß Eure Gn. ich wiederhabe; goͤnnet mir aber doch das zubeſehen/ wornach meine Seele ſo groſſes
verlangen getragen hat. Euphroſyne nam den Unter Rok/ und legte ihr denſelben an; Brela ſuchte die
Strümpffe und Schuch hervor/ und bekleidete ihr die Beine; Libuſſa ergreiff das Oberkleid/ und zo-
he ihr ſolches an/ und indem ſie ihr den Buſem verſchnuͤrete/ raunete ſie ihr ſanffte ins Ohr: Ach daß
Herkules dieſes an meiner Stelle verrichten ſolte; ſie aber gab ihr zur Wieder Antwort: Wann du
ihm ſolches als zum erſten mahl wuͤnſcheſt/ biſtu zu ſpaͤt kommen; zum lezten mahle aber wuͤrde es
viel zu fruͤh ſeyn. Ey Gott Lob/ ſagte Libuſſa uͤberlaut/ ſo wollen wir der jetzigen Widerwertigkeit
vergeſſen; faſſete das Fraͤulein unter die Arme/ und zohe ſie aus der Saͤnffte hervor/ da der ankom̃en-
den Freude erſt recht loß ging; in ſonderheit bey Libuſſen und Brelen/ als ſie dieſe in ſo treflicher Vol-
kommenheit vor ſich ſtehen ſahen/ und vor Wolluſt nicht wuſten/ was ſie anfahen ſolten. Agatha trat
auch herbey/ und ergab ſich dem Fraͤulein zu Dienſte; und weil ſie und Euphroſyne gleich neben ein-
ander ſtunden/ redete ſie alle beyde alſo an: Ihr meine grundgeliebete Freundinnen; wie hoch ich euch
verbunden bin/ weiß ich ſehr wol; aber wie ich mich loswirken moͤge/ ſehe ich nicht/ es waͤhre dann/ dz
ihr meinen beharlichen Freundes-Willen/ und die moͤgliche Erſtattung vor guͤltig erkennen wollet;
Ihr Fr. Agatha habt mir meinen einigen herzallerliebſten Bruder vom Tode erloͤſet/ und euch daruͤ-
ber in ſolche Gefahr geſetzet/ die euch bey nahe zu ſtaub und Aſche verbrennet haͤtte; was haͤtte eine
getraͤue Freundin mehr tuhn koͤnnen? Ihr Fr. Euphroſyne habt meinem hoͤchſtgeliebeten Oheim/
Schaz/ und verſprochenen Braͤutigamb die Haͤnde loßgebunden/ und dadurch ihn von dem Henker-
Schwert frey gemacht; woruͤber ihr ſchier ſelbſt von eurem ungetraͤuen Ehegatten entleibet waͤhret;
was haͤtte eine Schweſter heilſamers verrichten koͤnnen? Vor ſolche Woltahten ſage ich euch von her-
zen dank/ und werde zeit meines Lebens mich bemuͤhen/ es mehr in der Taht/ als praͤchtigen Worten
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ſyne/ haben wir beyde einen aufrichtigen Willen gehabt/ den beyden froͤm̃eſten und redlichſten Fuͤrſten
der Welt untertaͤhnigſte Dienſte zuleiſtẽ/ ſo iſt doch derſelbe ſo unkraͤftig geweſen/ dz auſſer ſeufzen uñ
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geſchweige zuvergelten; und nun wil eure Durchl. gnaͤdigſtes Fraͤulein/ uns mit neuem ganz unver-
dienten erbieten/ deſſen wir allerdinge unfaͤhig ſind/ in unſern dankſchuldigen Gedanken irre machen;
koͤñen wir vor Dienerinnen angenom̃en und gewirdiget werden/ ſo haben wir den hoͤchſten Zweg un-
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auch nicht/ es zuertragen; bitten umb beharliche Gnade/ uñ verbleiben untertaͤhnigſt gehorſam. Das
Fraͤulein wolte ſolches beantworten/ aber Kleofis/ der die Zeit in der Saͤnfte zu lange wehren wolte/
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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




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Zitationshilfe: Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659, S. 958. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules01_1659/996>, abgerufen am 17.06.2024.