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Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlich: Teutschen Königes Herkules und der Teutschen Königin Valiska Wunder-Geschicht. Bd. 2. Braunschweig, 1660.

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Sechstes Buch.
Wie ihm dann nicht allein das Stathalter Amt zu Köllen geliefert ward/ sondern empfing
jährlich aus des Reichs Schazkammer 30000 Kronen über das ordentliche vermachte
Einkommen/ und gab ihm der Käyser und die Stad Rom den Zunahmen PIVS, das ist/
der Gottfürchtige.

Nun suchete Groß Fürstin Valiska alle Gelegenheit/ wie sie dem Käyser eine Belü-
stigung machen/ und ihre ritterliche Erfahrenheit sehen lassen möchte/ daher sie mit Her-
kules redete/ ob ihr könte zugelassen seyn/ etliche verdeckete Auffzüge anzulegen; und nach
guter bewilligung muste Gallus mit etlichen Reutern schleunigst nach dem Walde reiten/
in welchen sie vor zwey Jahren geführet wahr/ auff daß er das übrige des Kunstpulvers
überbrächte/ dessen er noch über verhoffen einen guten Anteil fand/ und neben Herkules
Schwert/ welches er jensmahl mit dem Stabe verwechselt hatte/ zu sich nam/ da er fast den
ganzen Rükweg/ sich seiner vorigen Sünden erinnernd/ mit gebeht und flehen zubrachte.
Gegen den Abend streich Valiska einen Bömischen ädelknaben/ der mit ihr gleicher Leibes
grösse wahr/ das Gesichte an/ machte ihm ein falsches Haar/ gab ihm ein Amazonisch Kleid
anzuzihen/ und ordnete ihm Timokles mit verstelletem Angesicht vor einen Dolmetscher
zu/ nebest völligen unterricht/ wessen sie sich verhalten solten. Diese/ wie ihnen befohlen wahr/
liessen sich desselben Abends angeben/ dafern sie von Käyserl. Hocheit und den anwesenden
Fürsten und Herren/ gnädigst/ gnädig und freundlich könten gehöret werden; traten nach
Erlaubniß in den Saal/ neigeten sich höflich/ wiewol auff fremde Art/ und redete Timo-
kles also: Unüberwindlichster Käyser/ Durchleuchtige Fürsten und Herren/ Fürstinnen/
Frauen und Fräulein; gegenwärtige mein gnädigstes Fräulein/ Frl. Minithea/ der Groß-
mächtigsten Fürstin Thalestris/ herschender Königin der Amazonen leibliche Schwester/
die nach Afrika zusägeln willens/ hieher verschlagen ist/ hat die höchstansehnliche Versam-
lung Käyserl. Hocheit mit so vielen Fürsten und Herren/ auch Fürstinnen/ Frauen und
Fräulein/ ohngefehr in Erfahrung gebracht/ und der ursach halben sich hieher begeben/
daß sie möchte sehen lassen/ ob nicht auch ihre weibliche ritterliche übungen sich bey dieser
Landesart Rittern angenehm/ und in etwas beliebt machen könten; bittet demnach unter-
tähnigst und freundlich/ daß ihr möge vergönnet seyn/ morgen vor essens ein vierfaches
Ritterspiel zur kurzweiligen Lust anzustellen/ als nehmlich eine Reit Schuele/ ein Ringel-
rennen/ eine Fechtschuele und ein Freyschiessen; stellet auch Ihrer Käyserl. Hocheit un-
tertähnigst anheim/ ob dieselbe die Gewin setzen/ oder ihr solches daneben erläuben wolle.
Da nun dieses ihr Ansuchen stat finden wird/ wil sie solches an ihrem orte dereins höchst zu
rühmen haben. Der Käyser und alle anwesende verwunderten sich dieses vorbringens
zum höchsten/ macheten anfangs ein Gelächter drüber/ weil allen und jeden gnug bewust
wahr/ daß die Amazonischen Weiber vorlängst schon gedämpfet und ausgerottet währen/
und kunte doch niemand/ ohn Ladisla und Arbianes außsinnen/ wer dieses Aufzugs Mei-
ster sein möchte. Nicht destoweiniger blieb die ertichtete Amazonin stehen/ und erwartete
der genehmen Antwort/ mit vorwendung/ sie wolte nicht hoffen/ daß Käyserl. Hocheit und
den Anwesenden Fürsten und Herren ihr ritterliches Ansuchen einiges mißfallen erwecken
solte; im widrigen bähte sie umb gnädigste und freundliche Vergebung ihrer gebrauch-
ten Kühnheit. Als nun der Käyser ihr beharliches Ansuchen sahe/ gab er Dion Vol-

macht/

Sechſtes Buch.
Wie ihm dann nicht allein das Stathalter Amt zu Koͤllen geliefert ward/ ſondern empfing
jaͤhrlich aus des Reichs Schazkammer 30000 Kronen uͤber das ordentliche vermachte
Einkommen/ und gab ihm der Kaͤyſer und die Stad Rom den Zunahmen PIVS, das iſt/
der Gottfuͤrchtige.

Nun ſuchete Groß Fuͤrſtin Valiſka alle Gelegenheit/ wie ſie dem Kaͤyſer eine Beluͤ-
ſtigung machen/ und ihre ritterliche Erfahrenheit ſehen laſſen moͤchte/ daher ſie mit Her-
kules redete/ ob ihr koͤnte zugelaſſen ſeyn/ etliche verdeckete Auffzüge anzulegen; und nach
guter bewilligung muſte Gallus mit etlichen Reutern ſchleunigſt nach dem Walde reiten/
in welchen ſie vor zwey Jahren gefuͤhret wahr/ auff daß er das uͤbrige des Kunſtpulvers
uͤberbraͤchte/ deſſen er noch uͤber verhoffen einen guten Anteil fand/ und neben Herkules
Schwert/ welches er jensmahl mit dem Stabe verwechſelt hatte/ zu ſich nam/ da er faſt den
ganzen Ruͤkweg/ ſich ſeiner vorigen Suͤnden erinnernd/ mit gebeht und flehen zubrachte.
Gegen den Abend ſtreich Valiſka einen Boͤmiſchen aͤdelknaben/ der mit ihr gleicher Leibes
groͤſſe wahr/ das Geſichte an/ machte ihm ein falſches Haar/ gab ihm ein Amazoniſch Kleid
anzuzihen/ und ordnete ihm Timokles mit verſtelletem Angeſicht vor einen Dolmetſcher
zu/ nebeſt voͤlligen unterricht/ weſſen ſie ſich verhalten ſolten. Dieſe/ wie ihnen befohlẽ wahr/
lieſſen ſich deſſelben Abends angeben/ dafern ſie von Kaͤyſerl. Hocheit und den anweſenden
Fuͤrſten und Herren/ gnaͤdigſt/ gnaͤdig und freundlich koͤnten gehoͤret werden; traten nach
Erlaubniß in den Saal/ neigeten ſich hoͤflich/ wiewol auff fremde Art/ und redete Timo-
kles alſo: Unuͤberwindlichſter Kaͤyſer/ Durchleuchtige Fuͤrſten und Herren/ Fuͤrſtinnen/
Frauen und Fraͤulein; gegenwaͤrtige mein gnaͤdigſtes Fraͤulein/ Frl. Minithea/ der Groß-
maͤchtigſten Fuͤrſtin Thaleſtris/ herſchender Koͤnigin der Amazonen leibliche Schweſter/
die nach Afrika zuſaͤgeln willens/ hieher verſchlagen iſt/ hat die hoͤchſtanſehnliche Verſam-
lung Kaͤyſerl. Hocheit mit ſo vielen Fürſten und Herren/ auch Fürſtinnen/ Frauen und
Fraͤulein/ ohngefehr in Erfahrung gebracht/ und der urſach halben ſich hieher begeben/
daß ſie moͤchte ſehen laſſen/ ob nicht auch ihre weibliche ritterliche uͤbungen ſich bey dieſer
Landesart Rittern angenehm/ und in etwas beliebt machen koͤnten; bittet demnach unter-
taͤhnigſt und freundlich/ daß ihr moͤge vergoͤnnet ſeyn/ morgen vor eſſens ein vierfaches
Ritterſpiel zur kurzweiligen Luſt anzuſtellen/ als nehmlich eine Reit Schuele/ ein Ringel-
rennen/ eine Fechtſchuele und ein Freyſchieſſen; ſtellet auch Ihrer Kaͤyſerl. Hocheit un-
tertaͤhnigſt anheim/ ob dieſelbe die Gewin ſetzen/ oder ihr ſolches daneben erlaͤuben wolle.
Da nun dieſes ihr Anſuchen ſtat finden wird/ wil ſie ſolches an ihrem orte dereins hoͤchſt zu
ruͤhmen haben. Der Kaͤyſer und alle anweſende verwunderten ſich dieſes vorbringens
zum hoͤchſten/ macheten anfangs ein Gelaͤchter druͤber/ weil allen und jeden gnug bewuſt
wahr/ daß die Amazoniſchen Weiber vorlaͤngſt ſchon gedaͤmpfet und ausgerottet waͤhren/
und kunte doch niemand/ ohn Ladiſla und Arbianes außſinnen/ wer dieſes Aufzugs Mei-
ſter ſein moͤchte. Nicht deſtoweiniger blieb die ertichtete Amazonin ſtehen/ und erwartete
der genehmen Antwort/ mit vorwendung/ ſie wolte nicht hoffen/ daß Kaͤyſerl. Hocheit und
den Anweſenden Fuͤrſten und Herren ihr ritterliches Anſuchen einiges mißfallen erweckẽ
ſolte; im widrigen baͤhte ſie umb gnaͤdigſte und freundliche Vergebung ihrer gebrauch-
ten Kuͤhnheit. Als nun der Kaͤyſer ihr beharliches Anſuchen ſahe/ gab er Dion Vol-

macht/
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[418/0424] Sechſtes Buch. Wie ihm dann nicht allein das Stathalter Amt zu Koͤllen geliefert ward/ ſondern empfing jaͤhrlich aus des Reichs Schazkammer 30000 Kronen uͤber das ordentliche vermachte Einkommen/ und gab ihm der Kaͤyſer und die Stad Rom den Zunahmen PIVS, das iſt/ der Gottfuͤrchtige. Nun ſuchete Groß Fuͤrſtin Valiſka alle Gelegenheit/ wie ſie dem Kaͤyſer eine Beluͤ- ſtigung machen/ und ihre ritterliche Erfahrenheit ſehen laſſen moͤchte/ daher ſie mit Her- kules redete/ ob ihr koͤnte zugelaſſen ſeyn/ etliche verdeckete Auffzüge anzulegen; und nach guter bewilligung muſte Gallus mit etlichen Reutern ſchleunigſt nach dem Walde reiten/ in welchen ſie vor zwey Jahren gefuͤhret wahr/ auff daß er das uͤbrige des Kunſtpulvers uͤberbraͤchte/ deſſen er noch uͤber verhoffen einen guten Anteil fand/ und neben Herkules Schwert/ welches er jensmahl mit dem Stabe verwechſelt hatte/ zu ſich nam/ da er faſt den ganzen Ruͤkweg/ ſich ſeiner vorigen Suͤnden erinnernd/ mit gebeht und flehen zubrachte. Gegen den Abend ſtreich Valiſka einen Boͤmiſchen aͤdelknaben/ der mit ihr gleicher Leibes groͤſſe wahr/ das Geſichte an/ machte ihm ein falſches Haar/ gab ihm ein Amazoniſch Kleid anzuzihen/ und ordnete ihm Timokles mit verſtelletem Angeſicht vor einen Dolmetſcher zu/ nebeſt voͤlligen unterricht/ weſſen ſie ſich verhalten ſolten. Dieſe/ wie ihnen befohlẽ wahr/ lieſſen ſich deſſelben Abends angeben/ dafern ſie von Kaͤyſerl. Hocheit und den anweſenden Fuͤrſten und Herren/ gnaͤdigſt/ gnaͤdig und freundlich koͤnten gehoͤret werden; traten nach Erlaubniß in den Saal/ neigeten ſich hoͤflich/ wiewol auff fremde Art/ und redete Timo- kles alſo: Unuͤberwindlichſter Kaͤyſer/ Durchleuchtige Fuͤrſten und Herren/ Fuͤrſtinnen/ Frauen und Fraͤulein; gegenwaͤrtige mein gnaͤdigſtes Fraͤulein/ Frl. Minithea/ der Groß- maͤchtigſten Fuͤrſtin Thaleſtris/ herſchender Koͤnigin der Amazonen leibliche Schweſter/ die nach Afrika zuſaͤgeln willens/ hieher verſchlagen iſt/ hat die hoͤchſtanſehnliche Verſam- lung Kaͤyſerl. Hocheit mit ſo vielen Fürſten und Herren/ auch Fürſtinnen/ Frauen und Fraͤulein/ ohngefehr in Erfahrung gebracht/ und der urſach halben ſich hieher begeben/ daß ſie moͤchte ſehen laſſen/ ob nicht auch ihre weibliche ritterliche uͤbungen ſich bey dieſer Landesart Rittern angenehm/ und in etwas beliebt machen koͤnten; bittet demnach unter- taͤhnigſt und freundlich/ daß ihr moͤge vergoͤnnet ſeyn/ morgen vor eſſens ein vierfaches Ritterſpiel zur kurzweiligen Luſt anzuſtellen/ als nehmlich eine Reit Schuele/ ein Ringel- rennen/ eine Fechtſchuele und ein Freyſchieſſen; ſtellet auch Ihrer Kaͤyſerl. Hocheit un- tertaͤhnigſt anheim/ ob dieſelbe die Gewin ſetzen/ oder ihr ſolches daneben erlaͤuben wolle. Da nun dieſes ihr Anſuchen ſtat finden wird/ wil ſie ſolches an ihrem orte dereins hoͤchſt zu ruͤhmen haben. Der Kaͤyſer und alle anweſende verwunderten ſich dieſes vorbringens zum hoͤchſten/ macheten anfangs ein Gelaͤchter druͤber/ weil allen und jeden gnug bewuſt wahr/ daß die Amazoniſchen Weiber vorlaͤngſt ſchon gedaͤmpfet und ausgerottet waͤhren/ und kunte doch niemand/ ohn Ladiſla und Arbianes außſinnen/ wer dieſes Aufzugs Mei- ſter ſein moͤchte. Nicht deſtoweiniger blieb die ertichtete Amazonin ſtehen/ und erwartete der genehmen Antwort/ mit vorwendung/ ſie wolte nicht hoffen/ daß Kaͤyſerl. Hocheit und den Anweſenden Fuͤrſten und Herren ihr ritterliches Anſuchen einiges mißfallen erweckẽ ſolte; im widrigen baͤhte ſie umb gnaͤdigſte und freundliche Vergebung ihrer gebrauch- ten Kuͤhnheit. Als nun der Kaͤyſer ihr beharliches Anſuchen ſahe/ gab er Dion Vol- macht/

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Zitationshilfe: Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlich: Teutschen Königes Herkules und der Teutschen Königin Valiska Wunder-Geschicht. Bd. 2. Braunschweig, 1660, S. 418. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules02_1660/424>, abgerufen am 22.11.2024.