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Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlich: Teutschen Königes Herkules und der Teutschen Königin Valiska Wunder-Geschicht. Bd. 2. Braunschweig, 1660.

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Siebendes Buch.
ansprechen? so habe ich schon eine Gutsche wol bespannet/ und acht beherzete Reuter/ die
euch begleiten solten; O daß ihr nur einmahl hinaus vor das Tohr kommen möchtet/ mein
Herz trägt mirs zu/ daß mein Anschlag gerahten würde. Mein frommer und geträuer
Wolfgang/ antwortete sie; ich kan dem allerhöchsten Gott nicht gnug danken/ daß Er mir
euch zugewiesen hat; dann ihr habt mir diese ganze Zeit über/ solche Träue erzeiget/ welche
ein Bruder seiner leiblichen Schwester kaum leisten würde. So fahret nun fort geträu zu
seyn/ wie ich dann nicht zweifele/ und gläubet mir sicherlich/ daß ihr von mir Zeit eures le-
bens dergestalt sollet geliebet und begnadet werden/ als ihr euch noch nicht einbilden mö-
get. Aber daß ich auff euren Vorschlag komme; meinet ihr dann/ geträue Leute angetrof-
fen zu haben/ denen ich mich sicherlich vertrauen dürfte/ wann ich mich in meiner wahren
Gestalt stellen würde? Daß hoffe ich gänzlich/ antwortete er; erzählete ihr auch den ganzen
Anschlag/ und daß er seinem Gesellen den Ort noch nicht genennet hätte/ woselbst das vor-
nehme Fräulein anzutreffen währe. Ich verlasse mich nähest Gott auff euch/ sagete sie/ und
dafern euer Anschlag aller richtig ist/ hoffe ich die gröste Tochter/ deren ich zimlich mächtig
bin/ wol dahin zubereden/ daß sie mich mit sich hinaus auf ihr nähestes Meier-Gut nehme.
Daß währe der sicherste Weg/ sagete er; aber ich mus es 24 Stunden vorher wissen/ weil
es so schleunig nicht zu werke gerichtet werden kan. Wir wollen nach mögligkeit eilen/ ant-
wortete sie/ dann meines bleibens ist ohndas nicht länger hie/ inbetrachtung/ ich nicht weis/
wessen ich mich zu dem alten Ehebrecher/ meinem jetzigen Herrn zuversehen habe/ welcher
von unzimlichen Sachen mit mir zu reden beginnet/ und Geschenke ausbieten darff; ich
ihn gleichwol aber das leztemahl der gestalt abgewiesen habe/ und ihn mit der Dräuung/ es
seinem Weibe zu sagen/ erschrecket/ daß er verhoffentlich mich wol zufrieden lassen sol/ und
funrchte ich mich nur des nachtes am meisten vor ihm/ wann ihr nicht hie seid/ wiewol ich
alsdann die Tühr und das Fenster so fest versperre und inwendig verbolwerke/ dz niemand
ohn Gewalt herauff brechen wird. Des folgenden Morgens/ da das Fräulein mit der grö-
sten Tochter die Nähe-arbeit trieb/ fing sie an zu wünschen/ daß sie einmahl einen halben
Tag in die frische Luft kommen möchte/ es gäbe eine feine Verenderung/ und befünde sie
sich ohndas nicht allerdinge wol auff/ welches ihre Gestalt gnug anzeigete; nun fürchtete
sie aber ihrer Frauen Zorn (dann sie wahr schon etlichemahl von ihr mit Maulschellen ge-
lohnet) daß sie sich dessen nicht würde dunrfen verlauten lassen; hätte demnach höchlich zu
bitten/ ob sie es nicht dahin bringen könte/ daß sie eins mit ihr nach ihrem Vorwerk aus-
fahren möchte/ davor wolte sie ihr/ wann sie Braut seyn würde/ ein statliches Bräutigams
Wischtuch mit sonderlichem fleiß verfertigen. Ja warumb nicht/ antwortete sie: Dieses
sol meine Mutter mir nicht versagen/ und wans euch geliebete/ könte es noch wol heute ge-
schehen. Ach nein/ geehrte Jungfer/ sagte sie/ ich wil zuvor eures Herrn Vaters Hemde und
Kragen fertig machen/ woran ich heut und Morgen zu arbeiten habe; könte es dann über-
morgen geschehen/ währe mir sehr lieb. Daß wil ich euch wol vorher zusagen/ antwortete
die Jungfer/ noch ehe ich meine Mutter darumb begrüsse. Wer weiß aber/ sagte das Fräu-
lein/ ob sie mir so viel Feierabend gönnet/ daß ich mit euch fahre? Davor lasset mich rah-
ten und sorgen/ antwortete sie; ich habe meiner Mutter wol ehe etwas abgebehten/ und sol
mirs vordißmahl auch nicht mißlingen. Weil nun dieselbe gleich in die Stube trat/ brach-

te die

Siebendes Buch.
anſprechen? ſo habe ich ſchon eine Gutſche wol beſpannet/ und acht beherzete Reuter/ die
euch begleiten ſolten; O daß ihr nur einmahl hinaus vor das Tohr kommen moͤchtet/ mein
Herz traͤgt mirs zu/ daß mein Anſchlag gerahten wuͤrde. Mein frommer und getraͤuer
Wolfgang/ antwortete ſie; ich kan dem allerhoͤchſten Gott nicht gnug danken/ daß Er mir
euch zugewieſen hat; dann ihr habt mir dieſe ganze Zeit uͤber/ ſolche Traͤue erzeiget/ welche
ein Bruder ſeiner leiblichen Schweſter kaum leiſten wuͤrde. So fahret nun fort getraͤu zu
ſeyn/ wie ich dann nicht zweifele/ und glaͤubet mir ſicherlich/ daß ihr von mir Zeit eures le-
bens dergeſtalt ſollet geliebet und begnadet werden/ als ihr euch noch nicht einbilden moͤ-
get. Aber daß ich auff euren Vorſchlag komme; meinet ihr dann/ getraͤue Leute angetrof-
fen zu haben/ denen ich mich ſicherlich vertrauen duͤrfte/ wann ich mich in meiner wahren
Geſtalt ſtellen wuͤrde? Daß hoffe ich gaͤnzlich/ antwortete er; erzaͤhlete ihr auch den ganzen
Anſchlag/ und daß er ſeinem Geſellen den Ort noch nicht genennet haͤtte/ woſelbſt das vor-
nehme Fraͤulein anzutreffen waͤhre. Ich verlaſſe mich naͤheſt Gott auff euch/ ſagete ſie/ uñ
dafern euer Anſchlag aller richtig iſt/ hoffe ich die groͤſte Tochter/ deren ich zimlich maͤchtig
bin/ wol dahin zubereden/ daß ſie mich mit ſich hinaus auf ihr naͤheſtes Meier-Gut nehme.
Daß waͤhre der ſicherſte Weg/ ſagete er; aber ich mus es 24 Stunden vorher wiſſen/ weil
es ſo ſchleunig nicht zu werke gerichtet werden kan. Wir wollen nach moͤgligkeit eilen/ ant-
wortete ſie/ dann meines bleibens iſt ohndas nicht laͤnger hie/ inbetrachtung/ ich nicht weis/
weſſen ich mich zu dem alten Ehebrecher/ meinem jetzigen Herrn zuverſehen habe/ welcher
von unzimlichen Sachen mit mir zu reden beginnet/ und Geſchenke ausbieten darff; ich
ihn gleichwol aber das leztemahl der geſtalt abgewieſen habe/ und ihn mit der Draͤuung/ es
ſeinem Weibe zu ſagen/ erſchrecket/ daß er verhoffentlich mich wol zufrieden laſſen ſol/ und
fũrchte ich mich nur des nachtes am meiſten vor ihm/ wann ihr nicht hie ſeid/ wiewol ich
alsdann die Tühr und das Fenſter ſo feſt verſperre und inwendig verbolwerke/ dz niemand
ohn Gewalt herauff brechen wird. Des folgenden Morgens/ da das Fraͤulein mit der groͤ-
ſten Tochter die Naͤhe-arbeit trieb/ fing ſie an zu wuͤnſchen/ daß ſie einmahl einen halben
Tag in die friſche Luft kommen moͤchte/ es gaͤbe eine feine Verenderung/ und befuͤnde ſie
ſich ohndas nicht allerdinge wol auff/ welches ihre Geſtalt gnug anzeigete; nun fuͤrchtete
ſie aber ihrer Frauen Zorn (dann ſie wahr ſchon etlichemahl von ihr mit Maulſchellen ge-
lohnet) daß ſie ſich deſſen nicht wuͤrde dũrfen verlauten laſſen; haͤtte demnach hoͤchlich zu
bitten/ ob ſie es nicht dahin bringen koͤnte/ daß ſie eins mit ihr nach ihrem Vorwerk aus-
fahren moͤchte/ davor wolte ſie ihr/ wann ſie Braut ſeyn wuͤrde/ ein ſtatliches Braͤutigams
Wiſchtuch mit ſonderlichem fleiß verfertigen. Ja warumb nicht/ antwortete ſie: Dieſes
ſol meine Mutter mir nicht verſagen/ und wans euch geliebete/ koͤnte es noch wol heute ge-
ſchehen. Ach nein/ geehrte Jungfer/ ſagte ſie/ ich wil zuvor eures Herrn Vaters Hemde uñ
Kragen fertig machen/ woran ich heut und Morgen zu arbeiten habe; koͤnte es dañ uͤber-
morgen geſchehen/ waͤhre mir ſehr lieb. Daß wil ich euch wol vorher zuſagen/ antwortete
die Jungfer/ noch ehe ich meine Mutter darumb begruͤſſe. Wer weiß aber/ ſagte das Fraͤu-
lein/ ob ſie mir ſo viel Feierabend goͤnnet/ daß ich mit euch fahre? Davor laſſet mich rah-
ten und ſorgen/ antwortete ſie; ich habe meiner Mutter wol ehe etwas abgebehten/ und ſol
mirs vordißmahl auch nicht mißlingen. Weil nun dieſelbe gleich in die Stube trat/ brach-

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[672/0678] Siebendes Buch. anſprechen? ſo habe ich ſchon eine Gutſche wol beſpannet/ und acht beherzete Reuter/ die euch begleiten ſolten; O daß ihr nur einmahl hinaus vor das Tohr kommen moͤchtet/ mein Herz traͤgt mirs zu/ daß mein Anſchlag gerahten wuͤrde. Mein frommer und getraͤuer Wolfgang/ antwortete ſie; ich kan dem allerhoͤchſten Gott nicht gnug danken/ daß Er mir euch zugewieſen hat; dann ihr habt mir dieſe ganze Zeit uͤber/ ſolche Traͤue erzeiget/ welche ein Bruder ſeiner leiblichen Schweſter kaum leiſten wuͤrde. So fahret nun fort getraͤu zu ſeyn/ wie ich dann nicht zweifele/ und glaͤubet mir ſicherlich/ daß ihr von mir Zeit eures le- bens dergeſtalt ſollet geliebet und begnadet werden/ als ihr euch noch nicht einbilden moͤ- get. Aber daß ich auff euren Vorſchlag komme; meinet ihr dann/ getraͤue Leute angetrof- fen zu haben/ denen ich mich ſicherlich vertrauen duͤrfte/ wann ich mich in meiner wahren Geſtalt ſtellen wuͤrde? Daß hoffe ich gaͤnzlich/ antwortete er; erzaͤhlete ihr auch den ganzen Anſchlag/ und daß er ſeinem Geſellen den Ort noch nicht genennet haͤtte/ woſelbſt das vor- nehme Fraͤulein anzutreffen waͤhre. Ich verlaſſe mich naͤheſt Gott auff euch/ ſagete ſie/ uñ dafern euer Anſchlag aller richtig iſt/ hoffe ich die groͤſte Tochter/ deren ich zimlich maͤchtig bin/ wol dahin zubereden/ daß ſie mich mit ſich hinaus auf ihr naͤheſtes Meier-Gut nehme. Daß waͤhre der ſicherſte Weg/ ſagete er; aber ich mus es 24 Stunden vorher wiſſen/ weil es ſo ſchleunig nicht zu werke gerichtet werden kan. Wir wollen nach moͤgligkeit eilen/ ant- wortete ſie/ dann meines bleibens iſt ohndas nicht laͤnger hie/ inbetrachtung/ ich nicht weis/ weſſen ich mich zu dem alten Ehebrecher/ meinem jetzigen Herrn zuverſehen habe/ welcher von unzimlichen Sachen mit mir zu reden beginnet/ und Geſchenke ausbieten darff; ich ihn gleichwol aber das leztemahl der geſtalt abgewieſen habe/ und ihn mit der Draͤuung/ es ſeinem Weibe zu ſagen/ erſchrecket/ daß er verhoffentlich mich wol zufrieden laſſen ſol/ und fũrchte ich mich nur des nachtes am meiſten vor ihm/ wann ihr nicht hie ſeid/ wiewol ich alsdann die Tühr und das Fenſter ſo feſt verſperre und inwendig verbolwerke/ dz niemand ohn Gewalt herauff brechen wird. Des folgenden Morgens/ da das Fraͤulein mit der groͤ- ſten Tochter die Naͤhe-arbeit trieb/ fing ſie an zu wuͤnſchen/ daß ſie einmahl einen halben Tag in die friſche Luft kommen moͤchte/ es gaͤbe eine feine Verenderung/ und befuͤnde ſie ſich ohndas nicht allerdinge wol auff/ welches ihre Geſtalt gnug anzeigete; nun fuͤrchtete ſie aber ihrer Frauen Zorn (dann ſie wahr ſchon etlichemahl von ihr mit Maulſchellen ge- lohnet) daß ſie ſich deſſen nicht wuͤrde dũrfen verlauten laſſen; haͤtte demnach hoͤchlich zu bitten/ ob ſie es nicht dahin bringen koͤnte/ daß ſie eins mit ihr nach ihrem Vorwerk aus- fahren moͤchte/ davor wolte ſie ihr/ wann ſie Braut ſeyn wuͤrde/ ein ſtatliches Braͤutigams Wiſchtuch mit ſonderlichem fleiß verfertigen. Ja warumb nicht/ antwortete ſie: Dieſes ſol meine Mutter mir nicht verſagen/ und wans euch geliebete/ koͤnte es noch wol heute ge- ſchehen. Ach nein/ geehrte Jungfer/ ſagte ſie/ ich wil zuvor eures Herrn Vaters Hemde uñ Kragen fertig machen/ woran ich heut und Morgen zu arbeiten habe; koͤnte es dañ uͤber- morgen geſchehen/ waͤhre mir ſehr lieb. Daß wil ich euch wol vorher zuſagen/ antwortete die Jungfer/ noch ehe ich meine Mutter darumb begruͤſſe. Wer weiß aber/ ſagte das Fraͤu- lein/ ob ſie mir ſo viel Feierabend goͤnnet/ daß ich mit euch fahre? Davor laſſet mich rah- ten und ſorgen/ antwortete ſie; ich habe meiner Mutter wol ehe etwas abgebehten/ und ſol mirs vordißmahl auch nicht mißlingen. Weil nun dieſelbe gleich in die Stube trat/ brach- te die

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Zitationshilfe: Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlich: Teutschen Königes Herkules und der Teutschen Königin Valiska Wunder-Geschicht. Bd. 2. Braunschweig, 1660, S. 672. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules02_1660/678>, abgerufen am 16.07.2024.