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Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlich: Teutschen Königes Herkules und der Teutschen Königin Valiska Wunder-Geschicht. Bd. 2. Braunschweig, 1660.

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Siebendes Buch.
ren Gehülffen dergestalt sol vergolten werden/ wie ihr selbst wünschen könnet/ nur seid mir
geträu und beyständig auff den Nohtfal/ wir werden unsern Weg in etlichen Tagen endi-
gen/ da ich mit Gotteshülffe zum Ende meiner trübsaal/ ihr aber zum anfange eures Glüks
gelangen sollet. Reichard wahr ein stolzer Mensch/ meinete/ es geschähe ihm von dem Fräu-
lein nicht Ehre und danks genug/ und ließ sich vernehmen; daß er ihrer Gn. mit seiner hülf-
lichen Hand beygesprungen/ währe nicht eben aus Hofnung der Vergeltung/ sondern aus
mitleiden wegen ihres elendes geschehen/ wie solches einem jeden tapferen Gemüht zustün-
de/ der unterdrücketen sich anzunehmen. Welche Antwort sie seiner unwissenheit zulegete/
sich nochmahl aller vergeltung erboht/ und mit Wolfgang auff eine Kammer ging/ wo-
selbst sie die mitgebrachten adelichen Kleider anlegete/ sich auff die herzugeführete Gutsche
setzete/ und unter inbrünstiger anruffung Gottes frölich davon fuhr/ da Wolfgang sich zu
ihr in den Wagen setzen muste/ mit welchem sie im Gebeht zu Gott fleissig anhielt/ und die-
sen Tag und die ganze Nacht zu eilen nicht auffhörete/ biß sie des folgenden morgens sehr
früh den Reinstrohm erreichete/ und sich hinüber setzen ließ/ eben des Orts daher sie kom-
men wahr. Sie mieteten daselbst im nähesten Flecken einen des weges kündigen Bohten/
welcher sie die richtigste Strasse nach Magdeburg bringen solte/ und hatten eine gute und
sichere Reise. Reichard hätte nunmehr mögen etliche wenig Tage sich der Untugend ent-
halten/ alsdann würde er in kurzen an Ehr und Reichtuhm höher/ als keiner seines Ge-
schlechts gestiegen seyn; aber als er der Fräulein ausbündige und ganz volkommene Schön-
heit sahe/ die dannoch durch ihr Elend umb ein grosses gemindert wahr/ wuchsen die un-
züchtigen Begierden in ihm dermassen/ daß er ihm gänzlich vornahm/ das äusserste zuver-
suchen/ damit er ihrer geniessen möchte/ dann der Stolz/ umb daß er etwa acht Reutern zu-
gebieten hatte/ wahr so groß bey ihm/ daß er sich selbst nicht kennete; er ritte bey der Gutsche
auff und abe/ ließ sich sehen/ und redete so kühnlich mit ihr/ als währe er ein Fürst/ oder sie
eines Bürgers Tochter gewesen. So bald sie über den Rein wahren/ stellete er sich/ ob kön-
te er wegen des Zahnewehes/ das reiten und die Luft nicht wol erleiden/ daher er an Wolf-
gang begehrete/ daß er auff sein Pferd sässe/ und ihm die Stelle in der zugemachten Gutsche
überliesse; wozu dieser willig wahr/ aber das Fräulein ungerne sahe/ weil sie wenig höfli-
ches Gesprächs bey ihm vermuhten wahr/ und sich doch dessen nicht durfte merken lassen.
Als der Freveler sich bey dem schönen Fräulein allein befand/ und aus allen ihren Geber-
den wol muhtmassete/ sie müste sehr hohes Standes seyn/ welches er noch zur Zeit nicht ei-
gentlich von Wolfgang erfahren können/ scheuhete er sich dannoch/ plumpßweise loßzubrechen/
fing an sie höchlich zubeklagen/ dz ein so trefliches und mit aller Schönheit begabtes Fräulein
sich als eine Haußmagd hette müssen verächtlich halten lassen/ erfreuete sich hoch/ dz er die Eh-
re gehabt/ sie loßzumachen/ und baht schließlich/ ihm mit gnädiger gewogenheit zugetahn zu-
verbleiben/ nach dem er mehr als brüderliche Träue an ihr erwiesen/ welches ihn Zeit seines
Lebens erfreuen würde/ und daß in ihre Kundschafft er gerahten währe/ deren Schönheit
ihn dermassen strängete/ daß ihm unmöglich währe/ ihr solches zuverbergen. So wol dem
Fräulein die ersten Worte gefielen/ so herzlich entsetzete sie sich über die lezten/ daß sie kaum
ihrer Vernunft gebrauchen kunte/ diese wenig Worte zusagen; Mein Freund/ daß er sich
zu meiner Rettung hat wollen lassen gebrauchen; ist mir ein sonderlicher gefallen daran

gesche-

Siebendes Buch.
ren Gehuͤlffen dergeſtalt ſol vergolten werden/ wie ihr ſelbſt wuͤnſchen koͤnnet/ nur ſeid mir
getraͤu und beyſtaͤndig auff den Nohtfal/ wir werden unſern Weg in etlichen Tagen endi-
gen/ da ich mit Gotteshülffe zum Ende meiner truͤbſaal/ ihr aber zum anfange eures Gluͤks
gelangen ſollet. Reichard wahꝛ ein ſtolzer Menſch/ meinete/ es geſchaͤhe ihm von dem Fraͤu-
lein nicht Ehre und danks genug/ uñ ließ ſich vernehmen; daß er ihrer Gn. mit ſeiner huͤlf-
lichen Hand beygeſprungen/ waͤhre nicht eben aus Hofnung der Vergeltung/ ſondern aus
mitleiden wegen ihres elendes geſchehen/ wie ſolches einem jeden tapferen Gemuͤht zuſtuͤn-
de/ der unterdruͤcketen ſich anzunehmen. Welche Antwort ſie ſeiner unwiſſenheit zulegete/
ſich nochmahl aller vergeltung erboht/ und mit Wolfgang auff eine Kammer ging/ wo-
ſelbſt ſie die mitgebrachten adelichen Kleider anlegete/ ſich auff die herzugefuͤhrete Gutſche
ſetzete/ und unter inbruͤnſtiger anruffung Gottes froͤlich davon fuhr/ da Wolfgang ſich zu
ihr in den Wagen ſetzen muſte/ mit welchem ſie im Gebeht zu Gott fleiſſig anhielt/ und die-
ſen Tag und die ganze Nacht zu eilen nicht auffhoͤrete/ biß ſie des folgenden morgens ſehr
fruͤh den Reinſtrohm erreichete/ und ſich hinüber ſetzen ließ/ eben des Orts daher ſie kom-
men wahr. Sie mieteten daſelbſt im naͤheſten Flecken einen des weges kuͤndigen Bohten/
welcher ſie die richtigſte Straſſe nach Magdeburg bringen ſolte/ und hatten eine gute und
ſichere Reiſe. Reichard haͤtte nunmehr moͤgen etliche wenig Tage ſich der Untugend ent-
halten/ alsdann wuͤrde er in kurzen an Ehr und Reichtuhm hoͤher/ als keiner ſeines Ge-
ſchlechts geſtiegen ſeyn; aber als er der Fraͤulein ausbuͤndige und ganz volkom̃ene Schoͤn-
heit ſahe/ die dannoch durch ihr Elend umb ein groſſes gemindert wahr/ wuchſen die un-
zuͤchtigen Begierden in ihm dermaſſen/ daß er ihm gaͤnzlich vornahm/ das aͤuſſerſte zuver-
ſuchen/ damit er ihrer genieſſen moͤchte/ dann der Stolz/ umb daß er etwa acht Reutern zu-
gebieten hatte/ wahr ſo groß bey ihm/ daß er ſich ſelbſt nicht kennete; er ritte bey der Gutſche
auff und abe/ ließ ſich ſehen/ und redete ſo kuͤhnlich mit ihr/ als waͤhre er ein Fuͤrſt/ oder ſie
eines Buͤrgers Tochter geweſen. So bald ſie uͤber den Rein wahren/ ſtellete er ſich/ ob koͤn-
te er wegen des Zahnewehes/ das reiten und die Luft nicht wol erleiden/ daher er an Wolf-
gang begehrete/ daß er auff ſein Pferd ſaͤſſe/ und ihm die Stelle in der zugemachten Gutſche
uͤberlieſſe; wozu dieſer willig wahr/ aber das Fraͤulein ungerne ſahe/ weil ſie wenig hoͤfli-
ches Geſpraͤchs bey ihm vermuhten wahr/ und ſich doch deſſen nicht durfte merken laſſen.
Als der Freveler ſich bey dem ſchoͤnen Fraͤulein allein befand/ und aus allen ihren Geber-
den wol muhtmaſſete/ ſie muͤſte ſehr hohes Standes ſeyn/ welches er noch zur Zeit nicht ei-
gentlich von Wolfgang erfahren koͤñen/ ſcheuhete er ſich dañoch/ plumpßweiſe loßzubꝛechẽ/
fing an ſie hoͤchlich zubeklagen/ dz ein ſo trefliches uñ mit alleꝛ Schoͤnheit begabtes Fraͤulein
ſich als eine Haußmagd hette muͤſſẽ veraͤchtlich haltẽ laſſen/ erfreuete ſich hoch/ dz eꝛ die Eh-
re gehabt/ ſie loßzumachẽ/ uñ baht ſchließlich/ ihm mit gnaͤdiger gewogenheit zugetahn zu-
verbleiben/ nach dem er mehꝛ als bruͤderliche Traͤue an ihr erwieſen/ welches ihn Zeit ſeines
Lebens erfreuen wuͤrde/ und daß in ihre Kundſchafft er gerahten waͤhre/ deren Schoͤnheit
ihn dermaſſen ſtraͤngete/ daß ihm unmoͤglich waͤhre/ ihr ſolches zuverbergen. So wol dem
Fraͤulein die erſten Worte gefielen/ ſo herzlich entſetzete ſie ſich uͤber die lezten/ daß ſie kaum
ihrer Vernunft gebrauchen kunte/ dieſe wenig Worte zuſagen; Mein Freund/ daß er ſich
zu meiner Rettung hat wollen laſſen gebrauchen; iſt mir ein ſonderlicher gefallen daran

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[679/0685] Siebendes Buch. ren Gehuͤlffen dergeſtalt ſol vergolten werden/ wie ihr ſelbſt wuͤnſchen koͤnnet/ nur ſeid mir getraͤu und beyſtaͤndig auff den Nohtfal/ wir werden unſern Weg in etlichen Tagen endi- gen/ da ich mit Gotteshülffe zum Ende meiner truͤbſaal/ ihr aber zum anfange eures Gluͤks gelangen ſollet. Reichard wahꝛ ein ſtolzer Menſch/ meinete/ es geſchaͤhe ihm von dem Fraͤu- lein nicht Ehre und danks genug/ uñ ließ ſich vernehmen; daß er ihrer Gn. mit ſeiner huͤlf- lichen Hand beygeſprungen/ waͤhre nicht eben aus Hofnung der Vergeltung/ ſondern aus mitleiden wegen ihres elendes geſchehen/ wie ſolches einem jeden tapferen Gemuͤht zuſtuͤn- de/ der unterdruͤcketen ſich anzunehmen. Welche Antwort ſie ſeiner unwiſſenheit zulegete/ ſich nochmahl aller vergeltung erboht/ und mit Wolfgang auff eine Kammer ging/ wo- ſelbſt ſie die mitgebrachten adelichen Kleider anlegete/ ſich auff die herzugefuͤhrete Gutſche ſetzete/ und unter inbruͤnſtiger anruffung Gottes froͤlich davon fuhr/ da Wolfgang ſich zu ihr in den Wagen ſetzen muſte/ mit welchem ſie im Gebeht zu Gott fleiſſig anhielt/ und die- ſen Tag und die ganze Nacht zu eilen nicht auffhoͤrete/ biß ſie des folgenden morgens ſehr fruͤh den Reinſtrohm erreichete/ und ſich hinüber ſetzen ließ/ eben des Orts daher ſie kom- men wahr. Sie mieteten daſelbſt im naͤheſten Flecken einen des weges kuͤndigen Bohten/ welcher ſie die richtigſte Straſſe nach Magdeburg bringen ſolte/ und hatten eine gute und ſichere Reiſe. Reichard haͤtte nunmehr moͤgen etliche wenig Tage ſich der Untugend ent- halten/ alsdann wuͤrde er in kurzen an Ehr und Reichtuhm hoͤher/ als keiner ſeines Ge- ſchlechts geſtiegen ſeyn; aber als er der Fraͤulein ausbuͤndige und ganz volkom̃ene Schoͤn- heit ſahe/ die dannoch durch ihr Elend umb ein groſſes gemindert wahr/ wuchſen die un- zuͤchtigen Begierden in ihm dermaſſen/ daß er ihm gaͤnzlich vornahm/ das aͤuſſerſte zuver- ſuchen/ damit er ihrer genieſſen moͤchte/ dann der Stolz/ umb daß er etwa acht Reutern zu- gebieten hatte/ wahr ſo groß bey ihm/ daß er ſich ſelbſt nicht kennete; er ritte bey der Gutſche auff und abe/ ließ ſich ſehen/ und redete ſo kuͤhnlich mit ihr/ als waͤhre er ein Fuͤrſt/ oder ſie eines Buͤrgers Tochter geweſen. So bald ſie uͤber den Rein wahren/ ſtellete er ſich/ ob koͤn- te er wegen des Zahnewehes/ das reiten und die Luft nicht wol erleiden/ daher er an Wolf- gang begehrete/ daß er auff ſein Pferd ſaͤſſe/ und ihm die Stelle in der zugemachten Gutſche uͤberlieſſe; wozu dieſer willig wahr/ aber das Fraͤulein ungerne ſahe/ weil ſie wenig hoͤfli- ches Geſpraͤchs bey ihm vermuhten wahr/ und ſich doch deſſen nicht durfte merken laſſen. Als der Freveler ſich bey dem ſchoͤnen Fraͤulein allein befand/ und aus allen ihren Geber- den wol muhtmaſſete/ ſie muͤſte ſehr hohes Standes ſeyn/ welches er noch zur Zeit nicht ei- gentlich von Wolfgang erfahren koͤñen/ ſcheuhete er ſich dañoch/ plumpßweiſe loßzubꝛechẽ/ fing an ſie hoͤchlich zubeklagen/ dz ein ſo trefliches uñ mit alleꝛ Schoͤnheit begabtes Fraͤulein ſich als eine Haußmagd hette muͤſſẽ veraͤchtlich haltẽ laſſen/ erfreuete ſich hoch/ dz eꝛ die Eh- re gehabt/ ſie loßzumachẽ/ uñ baht ſchließlich/ ihm mit gnaͤdiger gewogenheit zugetahn zu- verbleiben/ nach dem er mehꝛ als bruͤderliche Traͤue an ihr erwieſen/ welches ihn Zeit ſeines Lebens erfreuen wuͤrde/ und daß in ihre Kundſchafft er gerahten waͤhre/ deren Schoͤnheit ihn dermaſſen ſtraͤngete/ daß ihm unmoͤglich waͤhre/ ihr ſolches zuverbergen. So wol dem Fraͤulein die erſten Worte gefielen/ ſo herzlich entſetzete ſie ſich uͤber die lezten/ daß ſie kaum ihrer Vernunft gebrauchen kunte/ dieſe wenig Worte zuſagen; Mein Freund/ daß er ſich zu meiner Rettung hat wollen laſſen gebrauchen; iſt mir ein ſonderlicher gefallen daran geſche-

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Zitationshilfe: Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlich: Teutschen Königes Herkules und der Teutschen Königin Valiska Wunder-Geschicht. Bd. 2. Braunschweig, 1660, S. 679. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules02_1660/685>, abgerufen am 22.11.2024.