Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlich: Teutschen Königes Herkules und der Teutschen Königin Valiska Wunder-Geschicht. Bd. 2. Braunschweig, 1660.Achtes Buch. Herr Mastyes abgeredet hat. Der mehrenteil der übrigen/ ungeachtet sie gut Feldmar-schalkisch wahren/ stimmeten mit zu/ dann sie sahen nicht/ was ihnen der Entsaz schaden könte/ weil ihnen das eigentliche Vorhaben des Dropions (welches kaum ihrer sechse wu- sten) annoch nicht entdecket wahr. Aber Dropion dachte den Sachen etwas tieffer nach/ und befahrete sich/ Mastyes würde diesen gewaltigen Hauffen nicht allein führen/ sondern dabey solche Befehlichshaber ordnen/ welche zu steiff Königsch währen/ und ihm alle seine Vorschläge zunichte machen dürfften/ hatte doch das Herz nicht/ weiter zuwidersprechen/ nur sagete er/ seine Meinung währe noch/ daß man mit dem Feinde ein Treffen wagete/ ehe der Entsaz sich mit ihnen zusammen tähte; dann vor erst würden alsdann die Feinde aus ihrem unüberwindlichen Lager nicht zubringen seyn; hernach dürffte das alte Heer es ungleich verstehen/ daß die frischen Völker an der Beute anteil haben solten/ welche diesel- be durch ihre Mühe und Blut schier erworben und in Fäusten hätten. Der König bedach- te sich ein wenig/ und gab zur Antwort: Ich nehme diese wichtige Ursachen billich zu her- zen/ und so wenig ich an meines geträuen Marschalks Auffrichtigkeit und Träue zuzwei- feln habe/ so gewiß bin ich auch/ dz er den Krieg wol verstehet; wollen demnach die Schlacht auff gut Glük mit dem jetzigen Heer wagen/ doch nicht ehe/ biß daß unser Entsaz auff zwo Stunden hinter uns ligen wird/ da wir uns dessen gar nicht/ als nur auff den äussersten Nohtfal gebrauchen wollen/ und sie dannoch an der Beute keinen Teil haben sollen; ist eins. Uberdas trage ich euch meinen unbrüchigen Schluß vor/ welchen ich mir ganz ins Herz gepflanzet/ und als ein Gesez gestifftet habe/ dem ich mich selbst ohn Ausrede mit gutem Wolbedacht unterwerffen wil/ daß wer vor erhaltenem Siege den Abzug durch die Flucht oder aus anderem Vorgeben/ nehmen wird/ sol an Gut/ Ehr und Leben gestraffet/ oder/ da man ihn nicht ertappen kan/ als ein Verrähter des Vaterlandes durchächtet werden. Dieses nun wahr Dropion ganz ungelegen/ wie auch den Vornehmsten seines Anhangs/ welche obgedachten Anschlag über den König gemacht hatten; daher er zur Antwort gab: Er vor sein Häupt und andere redliche Kriegs Helden bedürfften solches Gesetzes nicht/ als welche daselbst zubleiben willens währen/ wo der gröste Hauffe ihrer Völker bleiben würde. Und diesem fielen alle seine ergebene freimühtig zu/ daß Agiß und andere Geträue nicht stark dawider seyn durfften. Der König aber erdachte diese List/ und sagete: Wolan/ weil wir uns hierüber nicht vergleichen können/ und meinen Obersten mein Vorschlag/ den ich gerne ins Werk gerichtet haben möchte/ nicht gefallen kan/ ich aber dabey besorge/ daß wann die Unter Häuptleute und gemeinen Knechte solche Wegerung erfahren solten/ sie es ungleich auffnehmen möchten/ so wollen wir alsbald hingehen/ und des ganzen Heers Meinung darüber vernehmen/ welche uns allen wolgefallen muß; ging vor hinaus/ hieß die andern folgen/ und gab es den Völkern mit sonderlicher Leutseligkeit zuverstehen/ wel- che einmühtig rieffen: Dieses Königliche Gesez würde der unbewägliche Grund ihres künfftigen Sieges seyn. Daher die Obersten sichs also gefallen lassen musten/ und ward Dropion/ welcher sich noch keiner Verrähterey befahrete/ die Karte heßlich verstecket. Noch desselben Abends schickete Mnata einen Heerhold an die unsern ab/ welcher sich ge- bührlich meldete/ und wie ihm befohlen wahr/ diese Werbung vorbrachte: Der Groß- mächtigste Unüberwindlichste König des ädlen hochbenahmten Pannonischen Volkes/ nachdem
Achtes Buch. Herr Maſtyes abgeredet hat. Der mehrenteil der uͤbrigen/ ungeachtet ſie gut Feldmar-ſchalkiſch wahren/ ſtimmeten mit zu/ dann ſie ſahen nicht/ was ihnen der Entſaz ſchaden koͤnte/ weil ihnen das eigentliche Vorhaben des Dropions (welches kaum ihrer ſechſe wu- ſten) annoch nicht entdecket wahr. Aber Dropion dachte den Sachen etwas tieffer nach/ und befahrete ſich/ Maſtyes wuͤrde dieſen gewaltigen Hauffen nicht allein fuͤhren/ ſondern dabey ſolche Befehlichshaber ordnen/ welche zu ſteiff Koͤnigſch waͤhren/ und ihm alle ſeine Vorſchlaͤge zunichte machen duͤrfften/ hatte doch das Herz nicht/ weiter zuwiderſprechẽ/ nur ſagete er/ ſeine Meinung waͤhre noch/ daß man mit dem Feinde ein Treffen wagete/ ehe der Entſaz ſich mit ihnen zuſammen taͤhte; dann vor erſt wuͤrden alsdann die Feinde aus ihrem unuͤberwindlichen Lager nicht zubringen ſeyn; hernach duͤꝛffte das alte Heer es ungleich verſtehen/ daß die friſchen Voͤlker an der Beute anteil haben ſolten/ welche dieſel- be durch ihre Muͤhe und Blut ſchier erworben und in Faͤuſten haͤtten. Der Koͤnig bedach- te ſich ein wenig/ und gab zur Antwort: Ich nehme dieſe wichtige Urſachen billich zu her- zen/ und ſo wenig ich an meines getraͤuen Marſchalks Auffrichtigkeit und Traͤue zuzwei- feln habe/ ſo gewiß bin ich auch/ dz er den Krieg wol verſtehet; wollẽ demnach die Schlacht auff gut Gluͤk mit dem jetzigen Heer wagen/ doch nicht ehe/ biß daß unſer Entſaz auff zwo Stunden hinter uns ligen wird/ da wir uns deſſen gar nicht/ als nur auff den aͤuſſerſten Nohtfal gebrauchen wollen/ und ſie dañoch an der Beute keinen Teil haben ſollen; iſt eins. Uberdas trage ich euch meinen unbruͤchigen Schluß vor/ welchen ich mir ganz ins Herz gepflanzet/ und als ein Geſez geſtifftet habe/ dem ich mich ſelbſt ohn Ausrede mit gutem Wolbedacht unterwerffen wil/ daß wer vor erhaltenem Siege den Abzug durch die Flucht oder aus anderem Vorgeben/ nehmen wird/ ſol an Gut/ Ehr und Leben geſtraffet/ oder/ da man ihn nicht ertappen kan/ als ein Verraͤhter des Vaterlandes durchaͤchtet werden. Dieſes nun wahr Dropion ganz ungelegen/ wie auch den Vornehmſten ſeines Anhangs/ welche obgedachten Anſchlag uͤber den Koͤnig gemacht hatten; daher er zur Antwort gab: Er vor ſein Haͤupt und andere redliche Kriegs Helden bedürfften ſolches Geſetzes nicht/ als welche daſelbſt zubleiben willens waͤhren/ wo der groͤſte Hauffe ihrer Voͤlker bleiben würde. Und dieſem fielen alle ſeine ergebene freimühtig zu/ daß Agiß und andere Getraͤue nicht ſtark dawider ſeyn durfften. Der Koͤnig aber erdachte dieſe Liſt/ und ſagete: Wolan/ weil wir uns hieruͤber nicht vergleichen koͤnnen/ und meinen Oberſten mein Vorſchlag/ den ich gerne ins Werk gerichtet haben moͤchte/ nicht gefallen kan/ ich aber dabey beſorge/ daß wann die Unter Haͤuptleute und gemeinen Knechte ſolche Wegerung erfahren ſolten/ ſie es ungleich auffnehmen moͤchten/ ſo wollen wir alsbald hingehen/ und des ganzen Heers Meinung daruͤber vernehmen/ welche uns allen wolgefallen muß; ging vor hinaus/ hieß die andern folgen/ und gab es den Voͤlkern mit ſonderlicher Leutſeligkeit zuverſtehen/ wel- che einmühtig rieffen: Dieſes Koͤnigliche Geſez wuͤrde der unbewaͤgliche Grund ihres künfftigen Sieges ſeyn. Daher die Oberſten ſichs alſo gefallen laſſen muſten/ und ward Dropion/ welcher ſich noch keiner Verraͤhterey befahrete/ die Karte heßlich verſtecket. Noch deſſelben Abends ſchickete Mnata einen Heerhold an die unſern ab/ welcher ſich ge- buͤhrlich meldete/ und wie ihm befohlen wahr/ dieſe Werbung vorbrachte: Der Groß- maͤchtigſte Unuͤberwindlichſte Koͤnig des aͤdlen hochbenahmten Pannoniſchen Volkes/ nachdem
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Achtes Buch.
Herr Maſtyes abgeredet hat. Der mehrenteil der uͤbrigen/ ungeachtet ſie gut Feldmar-
ſchalkiſch wahren/ ſtimmeten mit zu/ dann ſie ſahen nicht/ was ihnen der Entſaz ſchaden
koͤnte/ weil ihnen das eigentliche Vorhaben des Dropions (welches kaum ihrer ſechſe wu-
ſten) annoch nicht entdecket wahr. Aber Dropion dachte den Sachen etwas tieffer nach/
und befahrete ſich/ Maſtyes wuͤrde dieſen gewaltigen Hauffen nicht allein fuͤhren/ ſondern
dabey ſolche Befehlichshaber ordnen/ welche zu ſteiff Koͤnigſch waͤhren/ und ihm alle ſeine
Vorſchlaͤge zunichte machen duͤrfften/ hatte doch das Herz nicht/ weiter zuwiderſprechẽ/
nur ſagete er/ ſeine Meinung waͤhre noch/ daß man mit dem Feinde ein Treffen wagete/
ehe der Entſaz ſich mit ihnen zuſammen taͤhte; dann vor erſt wuͤrden alsdann die Feinde
aus ihrem unuͤberwindlichen Lager nicht zubringen ſeyn; hernach duͤꝛffte das alte Heer es
ungleich verſtehen/ daß die friſchen Voͤlker an der Beute anteil haben ſolten/ welche dieſel-
be durch ihre Muͤhe und Blut ſchier erworben und in Faͤuſten haͤtten. Der Koͤnig bedach-
te ſich ein wenig/ und gab zur Antwort: Ich nehme dieſe wichtige Urſachen billich zu her-
zen/ und ſo wenig ich an meines getraͤuen Marſchalks Auffrichtigkeit und Traͤue zuzwei-
feln habe/ ſo gewiß bin ich auch/ dz er den Krieg wol verſtehet; wollẽ demnach die Schlacht
auff gut Gluͤk mit dem jetzigen Heer wagen/ doch nicht ehe/ biß daß unſer Entſaz auff zwo
Stunden hinter uns ligen wird/ da wir uns deſſen gar nicht/ als nur auff den aͤuſſerſten
Nohtfal gebrauchen wollen/ und ſie dañoch an der Beute keinen Teil haben ſollen; iſt eins.
Uberdas trage ich euch meinen unbruͤchigen Schluß vor/ welchen ich mir ganz ins Herz
gepflanzet/ und als ein Geſez geſtifftet habe/ dem ich mich ſelbſt ohn Ausrede mit gutem
Wolbedacht unterwerffen wil/ daß wer vor erhaltenem Siege den Abzug durch die Flucht
oder aus anderem Vorgeben/ nehmen wird/ ſol an Gut/ Ehr und Leben geſtraffet/ oder/ da
man ihn nicht ertappen kan/ als ein Verraͤhter des Vaterlandes durchaͤchtet werden.
Dieſes nun wahr Dropion ganz ungelegen/ wie auch den Vornehmſten ſeines Anhangs/
welche obgedachten Anſchlag uͤber den Koͤnig gemacht hatten; daher er zur Antwort gab:
Er vor ſein Haͤupt und andere redliche Kriegs Helden bedürfften ſolches Geſetzes nicht/
als welche daſelbſt zubleiben willens waͤhren/ wo der groͤſte Hauffe ihrer Voͤlker bleiben
würde. Und dieſem fielen alle ſeine ergebene freimühtig zu/ daß Agiß und andere Getraͤue
nicht ſtark dawider ſeyn durfften. Der Koͤnig aber erdachte dieſe Liſt/ und ſagete: Wolan/
weil wir uns hieruͤber nicht vergleichen koͤnnen/ und meinen Oberſten mein Vorſchlag/ den
ich gerne ins Werk gerichtet haben moͤchte/ nicht gefallen kan/ ich aber dabey beſorge/ daß
wann die Unter Haͤuptleute und gemeinen Knechte ſolche Wegerung erfahren ſolten/ ſie
es ungleich auffnehmen moͤchten/ ſo wollen wir alsbald hingehen/ und des ganzen Heers
Meinung daruͤber vernehmen/ welche uns allen wolgefallen muß; ging vor hinaus/ hieß
die andern folgen/ und gab es den Voͤlkern mit ſonderlicher Leutſeligkeit zuverſtehen/ wel-
che einmühtig rieffen: Dieſes Koͤnigliche Geſez wuͤrde der unbewaͤgliche Grund ihres
künfftigen Sieges ſeyn. Daher die Oberſten ſichs alſo gefallen laſſen muſten/ und ward
Dropion/ welcher ſich noch keiner Verraͤhterey befahrete/ die Karte heßlich verſtecket.
Noch deſſelben Abends ſchickete Mnata einen Heerhold an die unſern ab/ welcher ſich ge-
buͤhrlich meldete/ und wie ihm befohlen wahr/ dieſe Werbung vorbrachte: Der Groß-
maͤchtigſte Unuͤberwindlichſte Koͤnig des aͤdlen hochbenahmten Pannoniſchen Volkes/
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Zitationshilfe: | Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlich: Teutschen Königes Herkules und der Teutschen Königin Valiska Wunder-Geschicht. Bd. 2. Braunschweig, 1660, S. 762. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules02_1660/768>, abgerufen am 16.07.2024. |