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Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlich: Teutschen Königes Herkules und der Teutschen Königin Valiska Wunder-Geschicht. Bd. 2. Braunschweig, 1660.

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Achtes Buch.
de wol keinen Schlaff in ihre Augen kommen lassen/ ehe sie das angehörete/ so viel ihr zu-
fallen würde/ in ihr Gedächtniß-Büchlein auffgezeichnet hätte/ welches sie bey besserer
Mueß etwas fleissiger und nachdenklicher überzulegen/ wolte bemühet seyn. Des fol-
genden Morgens ging es allenthalben an ein zubereiten/ so wol zu Ladisla und seiner Ge-
mahl Krönung/ welche umb 10 Uhr geschehen solte/ als zu Arbianes Hochzeit Fest. Köni-
gin Valiska wahr über ihre Gewohnheit sehr frölich/ und rühmete ihrer Libussen/ daß sider
ihres Herkules ersten Verlust ihr Herz nie so leicht und vergnügig gewesen währe. Worauf
diese aus Kurzweil zur Antwort gab: Sie würde ohn zweifel heut einen guten Fund tuhn.
Nach verrichteten Gebeht schmückete sie sich Königlich/ und wz sonderlich anzuordnen war/
hatte sie über sich genommen/ damit man bey den fremden ja keinen Schimpf einlegen möchte.
Zwo Stunden vor der angesetzeten Krönung kam ein junger Ritter in den Königlichen
Saal/ mit Anzeige/ es würde Herr Pribisla freundlich ersuchet und gebehten/ biß in das
zunähst gelegene Wirtshaus zukommen/ woselbst ein fremder unbekanter sein wartete; und
als er darzu willig wahr/ empfing ihn ein alter eißgrauer Mann in schlechter bürgerlicher
Kleidung/ dessen Bart schien in etlichen Jahren nicht abgeschnitten seyn. Die Wangen
und Augen wahren ihm tieff eingefallen/ die Hände hart/ und inwendig vol Schwelle/ aus-
sen aber von schwerer Arbeit auffgesprungen und geborsten/ und ging gar krum gebücket.
Pribisla wunderte sich/ daß ein solcher ungestalter elender Mensch ihn hätte zu sich fodern
lassen dürffen/ insonderheit/ da er mit diesen Worten von ihm angeredet ward; mein Herr
es zweifelt mir nit/ ihn werde sehr befremden/ daß ich unachtsamer denselben zu mir fodern
dürffen/ angesehen/ er nicht allein mit hohen Geschäfften beladen ist/ sondern dem ansehen
nach/ ich demselben viel billicher hätte auffwarten sollen. Es versichere sich aber mein Herr
als mir sehr wolbekanter Freund/ daß nichts von mir aus Frecheit oder Unverstand vor-
genommen ist/ sondern ich ermahne ihn bey der Pflicht und Träue/ damit er seinem Köni-
ge Herrn Ladisla/ und seiner Fr. Mutter/ der alten Königin verpflichtet ist/ daß er mir nicht
versage/ warum ich ihn bitten werde/ und da er etwa gleich jezt/ oder nach diesem mich ken-
nen würde/ er mich doch ungemeldet lasse/ biß ich mich selbst kund gebe/ und wird ihm sol-
cher Dienst in kurzem vergolten werden. Pribisla sahe diesen Alten starre an/ und dauchte
ihn/ den selben mehr gesehen haben; weil er sich aber keiner Gewißheit erinnern kunte/ ant-
wortete er ihm; guter Freund/ ohnzweifel Vornehmer/ wiewol noch zur Zeit mir unbekan-
ter Herr; es ist eingefährliches Ding/ jemande sein begehren vor dessen Erklärung zuver-
heissen; jedoch/ wann er mich versichern kan/ daß solches weder diesem Königreiche/ noch
einigem anwesenden Könige und Herrn schädlich und zuwieder ist/ wil ich in sein Ansuchen
so viel an mir ist/ gerne einwilligen. Dieses gelobe ich bey allen Göttern/ sagete der Alte/
und ist meine Bitte/ daß ihr nach eurer mir sehr wolbekanten Weißheit verschaffen wol-
let/ daß die junge Teutsche Königin Fr. Valiska und Herr Krokus in den vörder- oder Mit-
telplaz des Schlosses kommen mögen/ dahin ihr mich in Betlers Kleidern zuführen unbe-
schweret seyn werdet. Pribisla wahr voller Verwunderung und argwönischer Gedanken/
als dieser Alte sein neues überzogenes Kleid ablegete/ und inzurissenen Lumpen vor ihm
stund/ daher er dieser Antwort sich nicht enthalten kunte: Guter Alter ich weiß nicht/ ob
ich euch wilfahren sol oder nicht/ weil mir dadurch ein grosses Unglük könte auffgebürdet

werden;

Achtes Buch.
de wol keinen Schlaff in ihre Augen kommen laſſen/ ehe ſie das angehoͤrete/ ſo viel ihr zu-
fallen wuͤrde/ in ihr Gedaͤchtniß-Buͤchlein auffgezeichnet haͤtte/ welches ſie bey beſſerer
Mueß etwas fleiſſiger und nachdenklicher uͤberzulegen/ wolte bemuͤhet ſeyn. Des fol-
genden Morgens ging es allenthalben an ein zubereiten/ ſo wol zu Ladiſla und ſeiner Ge-
mahl Kroͤnung/ welche umb 10 Uhr geſchehen ſolte/ als zu Arbianes Hochzeit Feſt. Koͤni-
gin Valiſka wahr uͤber ihre Gewohnheit ſehr froͤlich/ und ruͤhmete ihrer Libuſſen/ daß ſider
ihres Herkules erſtẽ Verluſt ihr Herz nie ſo leicht uñ vergnuͤgig geweſen waͤhre. Worauf
dieſe aus Kurzweil zur Antwort gab: Sie wuͤrde ohn zweifel heut einen guten Fund tuhn.
Nach verrichtetẽ Gebeht ſchmuͤckete ſie ſich Koͤniglich/ uñ wz ſonderlich anzuordnẽ war/
hatte ſie uͤber ſich genom̃en/ damit man bey dẽ fremdẽ ja keinen Schimpf einlegen moͤchte.
Zwo Stunden vor der angeſetzeten Kroͤnung kam ein junger Ritter in den Koͤniglichen
Saal/ mit Anzeige/ es wuͤrde Herr Pribiſla freundlich erſuchet und gebehten/ biß in das
zunaͤhſt gelegene Wirtshaus zukommen/ woſelbſt ein fremder unbekanter ſein wartete; uñ
als er darzu willig wahr/ empfing ihn ein alter eißgrauer Mann in ſchlechter buͤrgerlicher
Kleidung/ deſſen Bart ſchien in etlichen Jahren nicht abgeſchnitten ſeyn. Die Wangen
und Augen wahren ihm tieff eingefallen/ die Haͤnde hart/ und inwendig vol Schwelle/ auſ-
ſen aber von ſchwerer Arbeit auffgeſprungen und geborſten/ und ging gar krum gebuͤcket.
Pribiſla wunderte ſich/ daß ein ſolcher ungeſtalter elender Menſch ihn haͤtte zu ſich fodern
laſſen duͤrffen/ inſonderheit/ da er mit dieſen Worten von ihm angeredet ward; mein Herr
es zweifelt mir nit/ ihn werde ſehr befremden/ daß ich unachtſamer denſelben zu mir fodern
duͤrffen/ angeſehen/ er nicht allein mit hohen Geſchaͤfften beladen iſt/ ſondern dem anſehen
nach/ ich demſelben viel billicher haͤtte auffwarten ſollen. Es verſichere ſich aber mein Herr
als mir ſehr wolbekanter Freund/ daß nichts von mir aus Frecheit oder Unverſtand vor-
genommen iſt/ ſondern ich ermahne ihn bey der Pflicht und Traͤue/ damit er ſeinem Koͤni-
ge Herrn Ladiſla/ und ſeiner Fr. Mutter/ der alten Koͤnigin verpflichtet iſt/ daß er mir nicht
verſage/ warum ich ihn bitten werde/ und da er etwa gleich jezt/ oder nach dieſem mich ken-
nen wuͤrde/ er mich doch ungemeldet laſſe/ biß ich mich ſelbſt kund gebe/ und wird ihm ſol-
cher Dienſt in kurzem vergolten werden. Pribiſla ſahe dieſen Alten ſtarre an/ und dauchte
ihn/ den ſelben mehr geſehen haben; weil er ſich aber keiner Gewißheit erinnern kunte/ ant-
wortete er ihm; guter Freund/ ohnzweifel Vornehmer/ wiewol noch zur Zeit mir unbekan-
ter Herr; es iſt eingefaͤhrliches Ding/ jemande ſein begehren vor deſſen Erklaͤrung zuver-
heiſſen; jedoch/ wann er mich verſichern kan/ daß ſolches weder dieſem Koͤnigreiche/ noch
einigem anweſenden Koͤnige und Herrn ſchaͤdlich und zuwieder iſt/ wil ich in ſein Anſuchẽ
ſo viel an mir iſt/ gerne einwilligen. Dieſes gelobe ich bey allen Goͤttern/ ſagete der Alte/
und iſt meine Bitte/ daß ihr nach eurer mir ſehr wolbekanten Weißheit verſchaffen wol-
let/ daß die junge Teutſche Koͤnigin Fr. Valiſka und Herr Krokus in den voͤrder- oder Mit-
telplaz des Schloſſes kommen moͤgen/ dahin ihr mich in Betlers Kleidern zufuͤhren unbe-
ſchweret ſeyn werdet. Pribiſla wahr voller Verwunderung und argwoͤniſcher Gedanken/
als dieſer Alte ſein neues uͤberzogenes Kleid ablegete/ und inzuriſſenen Lumpen vor ihm
ſtund/ daher er dieſer Antwort ſich nicht enthalten kunte: Guter Alter ich weiß nicht/ ob
ich euch wilfahren ſol oder nicht/ weil mir dadurch ein groſſes Ungluͤk koͤnte auffgebuͤrdet

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[855/0861] Achtes Buch. de wol keinen Schlaff in ihre Augen kommen laſſen/ ehe ſie das angehoͤrete/ ſo viel ihr zu- fallen wuͤrde/ in ihr Gedaͤchtniß-Buͤchlein auffgezeichnet haͤtte/ welches ſie bey beſſerer Mueß etwas fleiſſiger und nachdenklicher uͤberzulegen/ wolte bemuͤhet ſeyn. Des fol- genden Morgens ging es allenthalben an ein zubereiten/ ſo wol zu Ladiſla und ſeiner Ge- mahl Kroͤnung/ welche umb 10 Uhr geſchehen ſolte/ als zu Arbianes Hochzeit Feſt. Koͤni- gin Valiſka wahr uͤber ihre Gewohnheit ſehr froͤlich/ und ruͤhmete ihrer Libuſſen/ daß ſider ihres Herkules erſtẽ Verluſt ihr Herz nie ſo leicht uñ vergnuͤgig geweſen waͤhre. Worauf dieſe aus Kurzweil zur Antwort gab: Sie wuͤrde ohn zweifel heut einen guten Fund tuhn. Nach verrichtetẽ Gebeht ſchmuͤckete ſie ſich Koͤniglich/ uñ wz ſonderlich anzuordnẽ war/ hatte ſie uͤber ſich genom̃en/ damit man bey dẽ fremdẽ ja keinen Schimpf einlegen moͤchte. Zwo Stunden vor der angeſetzeten Kroͤnung kam ein junger Ritter in den Koͤniglichen Saal/ mit Anzeige/ es wuͤrde Herr Pribiſla freundlich erſuchet und gebehten/ biß in das zunaͤhſt gelegene Wirtshaus zukommen/ woſelbſt ein fremder unbekanter ſein wartete; uñ als er darzu willig wahr/ empfing ihn ein alter eißgrauer Mann in ſchlechter buͤrgerlicher Kleidung/ deſſen Bart ſchien in etlichen Jahren nicht abgeſchnitten ſeyn. Die Wangen und Augen wahren ihm tieff eingefallen/ die Haͤnde hart/ und inwendig vol Schwelle/ auſ- ſen aber von ſchwerer Arbeit auffgeſprungen und geborſten/ und ging gar krum gebuͤcket. Pribiſla wunderte ſich/ daß ein ſolcher ungeſtalter elender Menſch ihn haͤtte zu ſich fodern laſſen duͤrffen/ inſonderheit/ da er mit dieſen Worten von ihm angeredet ward; mein Herr es zweifelt mir nit/ ihn werde ſehr befremden/ daß ich unachtſamer denſelben zu mir fodern duͤrffen/ angeſehen/ er nicht allein mit hohen Geſchaͤfften beladen iſt/ ſondern dem anſehen nach/ ich demſelben viel billicher haͤtte auffwarten ſollen. Es verſichere ſich aber mein Herr als mir ſehr wolbekanter Freund/ daß nichts von mir aus Frecheit oder Unverſtand vor- genommen iſt/ ſondern ich ermahne ihn bey der Pflicht und Traͤue/ damit er ſeinem Koͤni- ge Herrn Ladiſla/ und ſeiner Fr. Mutter/ der alten Koͤnigin verpflichtet iſt/ daß er mir nicht verſage/ warum ich ihn bitten werde/ und da er etwa gleich jezt/ oder nach dieſem mich ken- nen wuͤrde/ er mich doch ungemeldet laſſe/ biß ich mich ſelbſt kund gebe/ und wird ihm ſol- cher Dienſt in kurzem vergolten werden. Pribiſla ſahe dieſen Alten ſtarre an/ und dauchte ihn/ den ſelben mehr geſehen haben; weil er ſich aber keiner Gewißheit erinnern kunte/ ant- wortete er ihm; guter Freund/ ohnzweifel Vornehmer/ wiewol noch zur Zeit mir unbekan- ter Herr; es iſt eingefaͤhrliches Ding/ jemande ſein begehren vor deſſen Erklaͤrung zuver- heiſſen; jedoch/ wann er mich verſichern kan/ daß ſolches weder dieſem Koͤnigreiche/ noch einigem anweſenden Koͤnige und Herrn ſchaͤdlich und zuwieder iſt/ wil ich in ſein Anſuchẽ ſo viel an mir iſt/ gerne einwilligen. Dieſes gelobe ich bey allen Goͤttern/ ſagete der Alte/ und iſt meine Bitte/ daß ihr nach eurer mir ſehr wolbekanten Weißheit verſchaffen wol- let/ daß die junge Teutſche Koͤnigin Fr. Valiſka und Herr Krokus in den voͤrder- oder Mit- telplaz des Schloſſes kommen moͤgen/ dahin ihr mich in Betlers Kleidern zufuͤhren unbe- ſchweret ſeyn werdet. Pribiſla wahr voller Verwunderung und argwoͤniſcher Gedanken/ als dieſer Alte ſein neues uͤberzogenes Kleid ablegete/ und inzuriſſenen Lumpen vor ihm ſtund/ daher er dieſer Antwort ſich nicht enthalten kunte: Guter Alter ich weiß nicht/ ob ich euch wilfahren ſol oder nicht/ weil mir dadurch ein groſſes Ungluͤk koͤnte auffgebuͤrdet werden;

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Zitationshilfe: Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlich: Teutschen Königes Herkules und der Teutschen Königin Valiska Wunder-Geschicht. Bd. 2. Braunschweig, 1660, S. 855. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules02_1660/861>, abgerufen am 22.11.2024.