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Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlich: Teutschen Königes Herkules und der Teutschen Königin Valiska Wunder-Geschicht. Bd. 2. Braunschweig, 1660.

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Achtes Buch.
pimius ihre Stelle hatten. Am dritten Tische sassen Wolffgang mit seiner Braut/ und
Reichard mit seiner Adelheid oben an/ weil ihre Hochzeit zugleich gehalten ward/ und wur-
den die vornehmsten Franken/ Schweden/ Dähnen und Wenden gesetzet mit adelichem
Böhmischen Frauenzimmer. Die übrigen Tische noch zwölffe an der Zahl wurden alle
vol. Leches/ Klodius und Neda mit ihren Eheliebesten warteten bey dem Königlichen;
Markus/ Prinsla und Gallus mit ihren Liebesten bey dem Fürstlichen Tische auff/ wie hart
ihnen gleich befohlen ward/ sich niderzusetzen; und wahr kein Mensch zugegen/ der seine
Freude über des alten Königes Wiederkunfft hätte recht ausdrücken oder an den Tag ge-
ben können/ weil man ihn bißher nicht allein vor gewiß tod geschätzet/ sondern auch seine
vermeynete Leiche schon längst zur Erde bestätiget hatte; welche Gedächtniß algemach bey
vielen Anwesenden einen Zweifel verursachete/ ob er auch der wahrhaffte König/ und nit
vielmehr ein Landbetrieger/ oder wol gar ein Schwarzkünstler währe/ dem vorigen Köni-
ge in etwas ähnlich/ dessen Untergang er sich etwa erkündiget hätte/ und auff den Königli-
chen Stuel sich setzen wolte. Ja die alte Königin selbst geriet in Argwohn/ welches ihre
zu unterschiedenen mahlen ausgelassene Seuffzer gnugsam an den Tag legeten/ und der
König ihr Anliegen leicht merkete/ deßwegen er zu ihr sagete: Herzgeliebetes Gemahl/
wie auch Kinder und andere ehmahls bekante Herren und Freunde; es nimt mich noch
immer zu höchlich wunder/ daß kein Mensch zugegen an mir zweifelt/ ob ich König Note-
sterich sey oder nicht/ nachdem mein Tod schon so lange gegläubet/ und meine vermeinete
Leiche (die man wol hätte mögen etwas eigentlicher besehen) zur Erden bestattet ist; ja weil
ich eben zu dieser Stunde ankomme/ da mein geliebter Sohn zum Könige sol gekrönet
werden; solte aber einer oder ander in mir einiges Mißtrauen setzen/ hoffe ich/ dieselben
werden sich eine kurze Zeit gedulden/ biß der Gottlose verrähterische Bube Ninisla und
sein Sohn Urisla ankommen werden/ welche mein Herr Sohn König Herkules einhoh-
len lässet; dieselben sollen durch Folterzwang schon dahin gebracht werden/ im falle sie nit
gütlich bekennen wollen/ wie verrähterisch sie mit mir ihrem Könige umgangen/ und mit
was unaussprechlichem Jammer und Elende sie mich eine geraume Zeit belastet/ biß end-
lich der gütige Himmel durch einen fal mich loß gemacht/ daß ich gefangen als ein Leibei-
gener in Pannonien geführet bin/ woselbst ich gegenwärtigem Könige und allen seinen
Hofeleuten unwissend/ über zwey Jahr ein Gänse Hirte/ auch ein Holz-Wasser- und Lei-
men-Träger/ und dabey doch ein Spielman und Unflaht-Reiniger gewesen bin (hier schos-
schen ihm die hellen Zähren aus den Augen)/ wovon ich heut diesen Tag weiters nicht mel-
den wil/ damit nicht die frölichen Herzen an diesem Hochzeit Feste zu hoch betrübet/ und
ihre Lust in Trähnen-Bäche verwandelt werden. Das Frauenzimmer (denen hiedurch ihr
Argwohn fast gar benommen ward) huben auff diese Worte an überlaut zuweinen/ daß
König Notesterich selbst gereuete/ daß er hierzu ursach gegeben hatte/ ungeachtet er selbst
seine Trähnen nicht so bald einzwingen kunte/ und gab der Pannonische König mit be-
wäglichen Worten sein Mitleiden an den Tag/ in dem er bey seinen Ritterlichen Ehren
schwuhr/ so bald er in sein Land kommen würde/ das Haus/ in welchem ihre Liebe solch
Elend überstanden/ zur Einöde zu machen/ daß Hecken und Dornen drauff wachsen/ und
ein geheiligter Ort seyn solte/ daß/ so ein übeltähter sich dahin verbergen würde/ er völlige

Ver-

Achtes Buch.
pimius ihre Stelle hatten. Am dritten Tiſche ſaſſen Wolffgang mit ſeiner Braut/ und
Reichard mit ſeiner Adelheid oben an/ weil ihre Hochzeit zugleich gehalten ward/ und wuꝛ-
den die vornehmſten Franken/ Schweden/ Daͤhnen und Wenden geſetzet mit adelichem
Boͤhmiſchen Frauenzimmer. Die uͤbrigen Tiſche noch zwoͤlffe an der Zahl wurden alle
vol. Leches/ Klodius und Neda mit ihren Eheliebeſten warteten bey dem Koͤniglichen;
Markus/ Prinſla und Gallus mit ihren Liebeſten bey dem Fuͤrſtlichen Tiſche auff/ wie hart
ihnen gleich befohlen ward/ ſich niderzuſetzen; und wahr kein Menſch zugegen/ der ſeine
Freude uͤber des alten Koͤniges Wiederkunfft haͤtte recht ausdruͤcken oder an den Tag ge-
ben koͤnnen/ weil man ihn bißher nicht allein vor gewiß tod geſchaͤtzet/ ſondern auch ſeine
vermeynete Leiche ſchon laͤngſt zur Erde beſtaͤtiget hatte; welche Gedaͤchtniß algemach bey
vielen Anweſenden einen Zweifel verurſachete/ ob er auch der wahrhaffte Koͤnig/ und nit
vielmehr ein Landbetrieger/ oder wol gar ein Schwarzkuͤnſtler waͤhre/ dem vorigen Koͤni-
ge in etwas aͤhnlich/ deſſen Untergang er ſich etwa erkuͤndiget haͤtte/ und auff den Koͤnigli-
chen Stuel ſich ſetzen wolte. Ja die alte Koͤnigin ſelbſt geriet in Argwohn/ welches ihre
zu unterſchiedenen mahlen ausgelaſſene Seuffzer gnugſam an den Tag legeten/ und der
Koͤnig ihr Anliegen leicht merkete/ deßwegen er zu ihr ſagete: Herzgeliebetes Gemahl/
wie auch Kinder und andere ehmahls bekante Herren und Freunde; es nimt mich noch
immer zu hoͤchlich wunder/ daß kein Menſch zugegen an mir zweifelt/ ob ich Koͤnig Note-
ſterich ſey oder nicht/ nachdem mein Tod ſchon ſo lange geglaͤubet/ und meine vermeinete
Leiche (die man wol haͤtte moͤgen etwas eigentlicher beſehen) zur Erden beſtattet iſt; ja weil
ich eben zu dieſer Stunde ankomme/ da mein geliebter Sohn zum Koͤnige ſol gekroͤnet
werden; ſolte aber einer oder ander in mir einiges Mißtrauen ſetzen/ hoffe ich/ dieſelben
werden ſich eine kurze Zeit gedulden/ biß der Gottloſe verraͤhteriſche Bube Niniſla und
ſein Sohn Uriſla ankommen werden/ welche mein Herr Sohn Koͤnig Herkules einhoh-
len laͤſſet; dieſelben ſollen durch Folterzwang ſchon dahin gebracht werden/ im falle ſie nit
guͤtlich bekennen wollen/ wie verraͤhteriſch ſie mit mir ihrem Koͤnige umgangen/ und mit
was unausſprechlichem Jammer und Elende ſie mich eine geraume Zeit belaſtet/ biß end-
lich der guͤtige Himmel durch einen fal mich loß gemacht/ daß ich gefangen als ein Leibei-
gener in Pannonien gefuͤhret bin/ woſelbſt ich gegenwaͤrtigem Koͤnige und allen ſeinen
Hofeleuten unwiſſend/ uͤber zwey Jahr ein Gaͤnſe Hirte/ auch ein Holz-Waſſer- und Lei-
men-Traͤger/ und dabey doch ein Spielman uñ Unflaht-Reiniger geweſen bin (hier ſchoſ-
ſchen ihm die hellen Zaͤhren aus den Augen)/ wovon ich heut dieſen Tag weiters nicht mel-
den wil/ damit nicht die froͤlichen Herzen an dieſem Hochzeit Feſte zu hoch betruͤbet/ und
ihre Luſt in Traͤhnen-Baͤche verwandelt werden. Das Frauenzimmer (denen hiedurch ihꝛ
Argwohn faſt gar benommen ward) huben auff dieſe Worte an überlaut zuweinen/ daß
Koͤnig Noteſterich ſelbſt gereuete/ daß er hierzu urſach gegeben hatte/ ungeachtet er ſelbſt
ſeine Traͤhnen nicht ſo bald einzwingen kunte/ und gab der Pannoniſche Koͤnig mit be-
waͤglichen Worten ſein Mitleiden an den Tag/ in dem er bey ſeinen Ritterlichen Ehren
ſchwuhr/ ſo bald er in ſein Land kommen wuͤrde/ das Haus/ in welchem ihre Liebe ſolch
Elend uͤberſtanden/ zur Einoͤde zu machen/ daß Hecken und Dornen drauff wachſen/ und
ein geheiligter Ort ſeyn ſolte/ daß/ ſo ein uͤbeltaͤhter ſich dahin verbergen wuͤrde/ er voͤllige

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[860/0866] Achtes Buch. pimius ihre Stelle hatten. Am dritten Tiſche ſaſſen Wolffgang mit ſeiner Braut/ und Reichard mit ſeiner Adelheid oben an/ weil ihre Hochzeit zugleich gehalten ward/ und wuꝛ- den die vornehmſten Franken/ Schweden/ Daͤhnen und Wenden geſetzet mit adelichem Boͤhmiſchen Frauenzimmer. Die uͤbrigen Tiſche noch zwoͤlffe an der Zahl wurden alle vol. Leches/ Klodius und Neda mit ihren Eheliebeſten warteten bey dem Koͤniglichen; Markus/ Prinſla und Gallus mit ihren Liebeſten bey dem Fuͤrſtlichen Tiſche auff/ wie hart ihnen gleich befohlen ward/ ſich niderzuſetzen; und wahr kein Menſch zugegen/ der ſeine Freude uͤber des alten Koͤniges Wiederkunfft haͤtte recht ausdruͤcken oder an den Tag ge- ben koͤnnen/ weil man ihn bißher nicht allein vor gewiß tod geſchaͤtzet/ ſondern auch ſeine vermeynete Leiche ſchon laͤngſt zur Erde beſtaͤtiget hatte; welche Gedaͤchtniß algemach bey vielen Anweſenden einen Zweifel verurſachete/ ob er auch der wahrhaffte Koͤnig/ und nit vielmehr ein Landbetrieger/ oder wol gar ein Schwarzkuͤnſtler waͤhre/ dem vorigen Koͤni- ge in etwas aͤhnlich/ deſſen Untergang er ſich etwa erkuͤndiget haͤtte/ und auff den Koͤnigli- chen Stuel ſich ſetzen wolte. Ja die alte Koͤnigin ſelbſt geriet in Argwohn/ welches ihre zu unterſchiedenen mahlen ausgelaſſene Seuffzer gnugſam an den Tag legeten/ und der Koͤnig ihr Anliegen leicht merkete/ deßwegen er zu ihr ſagete: Herzgeliebetes Gemahl/ wie auch Kinder und andere ehmahls bekante Herren und Freunde; es nimt mich noch immer zu hoͤchlich wunder/ daß kein Menſch zugegen an mir zweifelt/ ob ich Koͤnig Note- ſterich ſey oder nicht/ nachdem mein Tod ſchon ſo lange geglaͤubet/ und meine vermeinete Leiche (die man wol haͤtte moͤgen etwas eigentlicher beſehen) zur Erden beſtattet iſt; ja weil ich eben zu dieſer Stunde ankomme/ da mein geliebter Sohn zum Koͤnige ſol gekroͤnet werden; ſolte aber einer oder ander in mir einiges Mißtrauen ſetzen/ hoffe ich/ dieſelben werden ſich eine kurze Zeit gedulden/ biß der Gottloſe verraͤhteriſche Bube Niniſla und ſein Sohn Uriſla ankommen werden/ welche mein Herr Sohn Koͤnig Herkules einhoh- len laͤſſet; dieſelben ſollen durch Folterzwang ſchon dahin gebracht werden/ im falle ſie nit guͤtlich bekennen wollen/ wie verraͤhteriſch ſie mit mir ihrem Koͤnige umgangen/ und mit was unausſprechlichem Jammer und Elende ſie mich eine geraume Zeit belaſtet/ biß end- lich der guͤtige Himmel durch einen fal mich loß gemacht/ daß ich gefangen als ein Leibei- gener in Pannonien gefuͤhret bin/ woſelbſt ich gegenwaͤrtigem Koͤnige und allen ſeinen Hofeleuten unwiſſend/ uͤber zwey Jahr ein Gaͤnſe Hirte/ auch ein Holz-Waſſer- und Lei- men-Traͤger/ und dabey doch ein Spielman uñ Unflaht-Reiniger geweſen bin (hier ſchoſ- ſchen ihm die hellen Zaͤhren aus den Augen)/ wovon ich heut dieſen Tag weiters nicht mel- den wil/ damit nicht die froͤlichen Herzen an dieſem Hochzeit Feſte zu hoch betruͤbet/ und ihre Luſt in Traͤhnen-Baͤche verwandelt werden. Das Frauenzimmer (denen hiedurch ihꝛ Argwohn faſt gar benommen ward) huben auff dieſe Worte an überlaut zuweinen/ daß Koͤnig Noteſterich ſelbſt gereuete/ daß er hierzu urſach gegeben hatte/ ungeachtet er ſelbſt ſeine Traͤhnen nicht ſo bald einzwingen kunte/ und gab der Pannoniſche Koͤnig mit be- waͤglichen Worten ſein Mitleiden an den Tag/ in dem er bey ſeinen Ritterlichen Ehren ſchwuhr/ ſo bald er in ſein Land kommen wuͤrde/ das Haus/ in welchem ihre Liebe ſolch Elend uͤberſtanden/ zur Einoͤde zu machen/ daß Hecken und Dornen drauff wachſen/ und ein geheiligter Ort ſeyn ſolte/ daß/ ſo ein uͤbeltaͤhter ſich dahin verbergen wuͤrde/ er voͤllige Ver-

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Zitationshilfe: Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlich: Teutschen Königes Herkules und der Teutschen Königin Valiska Wunder-Geschicht. Bd. 2. Braunschweig, 1660, S. 860. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules02_1660/866>, abgerufen am 22.11.2024.