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Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlich: Teutschen Königes Herkules und der Teutschen Königin Valiska Wunder-Geschicht. Bd. 2. Braunschweig, 1660.

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Achtes Buch.
endigtem Tanze mir zu meinem Unglük des Stathalters Tochter/ Frl. Pondizea zugefüh-
ret/ welche jeztgedachter ihrer Wasen an Schönheit wenig nachgab/ aber sehr boßhafftig/
frech und unzüchtig wahr/ welche Laster sie zuzeiten wol zuverbergen wuste/ wann ihre Be-
wägungen nicht zu hefftig gingen. Im Tanze ward sie des jeztgedachten Ringes an mei-
ner Hand gewahr/ ließ sich doch nicht merken/ daß sie ihn kennete/ sondern fragete mich/
von was lieber Hand mir eine so anmuhtige Gedächtniß kähme; zwar sie währe willens
gewesen/ mir ein Zeichen ihrer guten Gunst einzuhändigen/ weil sie aber fürchtete/ dz schon
gelieferte würde das ihrige unwert machen/ oder von diesem nicht können gelitten werden/
wolte sie ihre hohe Gewogenheit so lange einzihen/ biß sie von mir ihrer Furcht benommen
währe/ nöhtigte mich auch/ nach geendigtem Tanze zu ihr niderzusitzen/ weil sie auff solche
Gelegenheit schon mehr gewartet/ und mit mir von allerhand Sachen zureden hätte. Ich
beantwortete ihre erste Frage: Ich trüge kein Gunstzeichen an meiner Hand/ ohn welches
meine leibliche Schwester am Tage meines Abscheides mir zum freund-brüderlichen An-
denken eingereichet hätte; Ihr gnädiges erbieten betreffend/ währe solches viel zu hoch/
und mein Finger ihres Fürstlichen Ringes aller dinge unfähig; würde mir auch von den
vornehmen Anwesenden/ insonderheit von ihren Eltern sehr ungleich/ und zum bäurischen
Frevel ausgelegt werden/ wann ich mich zu ihrer Gnaden würde nidersetzen; bähte dem-
nach untertähnig/ mir nicht zuverargen/ dz ihrer gnädigen Anmuhtung/ der ich sonst herz-
lich gerne in allem gehorsame folge leisten wolte/ vor dißmahl mich ungehorsam erzeigen
müste/ und hielt schließlich umb ihre beharliche Gnade an. Sie hingegen ließ sich nicht
merken/ daß ihr solche Erklärung zuwider währe/ setzete sich an ihre Stelle/ und ließ sich
als eine tieffsinnige eine halbe Stunde ansehen/ daß niemand/ der sie anredete einige Ant-
wort von ihr bekam; endlich nach außgetichteter Boßheit/ machete sie sich hin zu ihrer Fr.
Mutter/ und ungeachtet Frl. Etburg zugegen wahr/ brachte sie diese Verleumdung vor:
Es hat meine Fr. Mutter sich oft verwundert/ warumb gegenwärtige meine Wase höher
geehret und beliebet ist/ als ich/ da ich doch keines gemeinen ädelmans Tochter zur Mutter
habe/ sondern euch/ die jederman weis von altem Königlichen Blute entsprossen seyn; aber
lasset euch solches hinfüro nicht mehr befremden/ dann Leichtfertigkeit findet leider heut zu
Tage allenthalben Plaz/ und machet diese Ungerahtene so angenehm/ welche sich auch nit
scheuhet/ den Rittern von fremden geringen Adel/ deren Ankunfft uns nicht eins wissend
ist/ die Ringe von ihren Fingern zuverschenken; wie ich dann eben denselben jetzo an unsers
neuen Vorschneiders Finger gesehen/ mit welchem ihr sie neulich angebunden habet. Frl.
Etburg erschrak der Rede höchlich/ daß sie darüber erblassete; doch wie sie sehr kluges Ver-
standes wahr/ er dachte sie bald einen Fund/ und gab diese Antwort: Ach meine Durchl.
Frl. Wase/ ists möglich/ daß der fremde Hof Junker meinen Ring haben sol/ den ich vor
einer Stunde verlohren/ und aus Furcht und Schahm nicht habe nachfragen dürffen/ ob
er gefunden sey? ging darauff zu mir/ und sagete: Herr Ritter/ ich vernehme ungefehr von
meiner Bekantin einer/ daß bey ihm ein Ring gesehen sey/ den ich vor einer Stunde ver-
lohren habe; da er nun denselben gefunden/ bitte ich freundlich/ mir denselben wieder zuzu-
stellen/ damit ich darüber nicht in ungleichen Verdacht gerahten möge. Alsbald fiel mir
ein/ was die Ursach seyn würde/ trat mit ihr nahe zu der Stathalterin/ daß sie und Frl. Pon-

dizea

Achtes Buch.
endigtem Tanze mir zu meinem Ungluͤk des Stathalters Tochter/ Frl. Pondizea zugefuͤh-
ret/ welche jeztgedachter ihrer Waſen an Schoͤnheit wenig nachgab/ aber ſehr boßhafftig/
frech und unzuͤchtig wahr/ welche Laſter ſie zuzeiten wol zuverbergen wuſte/ wann ihre Be-
waͤgungen nicht zu hefftig gingen. Im Tanze ward ſie des jeztgedachten Ringes an mei-
ner Hand gewahr/ ließ ſich doch nicht merken/ daß ſie ihn kennete/ ſondern fragete mich/
von was lieber Hand mir eine ſo anmuhtige Gedaͤchtniß kaͤhme; zwar ſie waͤhre willens
geweſen/ mir ein Zeichen ihrer guten Gunſt einzuhaͤndigen/ weil ſie aber fuͤrchtete/ dz ſchon
gelieferte wuͤrde das ihrige unwert machen/ oder von dieſem nicht koͤnnen gelitten werden/
wolte ſie ihre hohe Gewogenheit ſo lange einzihen/ biß ſie von mir ihrer Furcht benommen
waͤhre/ noͤhtigte mich auch/ nach geendigtem Tanze zu ihr niderzuſitzen/ weil ſie auff ſolche
Gelegenheit ſchon mehr gewartet/ und mit mir von allerhand Sachen zureden haͤtte. Ich
beantwortete ihre erſte Frage: Ich truͤge kein Gunſtzeichen an meiner Hand/ ohn welches
meine leibliche Schweſter am Tage meines Abſcheides mir zum freund-bruͤderlichen An-
denken eingereichet haͤtte; Ihr gnaͤdiges erbieten betreffend/ waͤhre ſolches viel zu hoch/
und mein Finger ihres Fuͤrſtlichen Ringes aller dinge unfaͤhig; wuͤrde mir auch von den
vornehmen Anweſenden/ inſonderheit von ihren Eltern ſehr ungleich/ und zum baͤuriſchen
Frevel ausgelegt werden/ wann ich mich zu ihrer Gnaden wuͤrde niderſetzen; baͤhte dem-
nach untertaͤhnig/ mir nicht zuverargen/ dz ihrer gnaͤdigen Anmuhtung/ der ich ſonſt herz-
lich gerne in allem gehorſame folge leiſten wolte/ vor dißmahl mich ungehorſam erzeigen
muͤſte/ und hielt ſchließlich umb ihre beharliche Gnade an. Sie hingegen ließ ſich nicht
merken/ daß ihr ſolche Erklaͤrung zuwider waͤhre/ ſetzete ſich an ihre Stelle/ und ließ ſich
als eine tieffſinnige eine halbe Stunde anſehen/ daß niemand/ der ſie anredete einige Ant-
wort von ihr bekam; endlich nach außgetichteteꝛ Boßheit/ machete ſie ſich hin zu ihrer Fr.
Mutter/ und ungeachtet Frl. Etburg zugegen wahr/ brachte ſie dieſe Verleumdung vor:
Es hat meine Fr. Mutter ſich oft verwundert/ warumb gegenwaͤrtige meine Waſe hoͤher
geehret und beliebet iſt/ als ich/ da ich doch keines gemeinen aͤdelmans Tochter zur Mutter
habe/ ſondern euch/ die jederman weis von altem Koͤniglichen Blute entſproſſen ſeyn; aber
laſſet euch ſolches hinfuͤro nicht mehr befremden/ dann Leichtfertigkeit findet leider heut zu
Tage allenthalben Plaz/ und machet dieſe Ungerahtene ſo angenehm/ welche ſich auch nit
ſcheuhet/ den Rittern von fremden geringen Adel/ deren Ankunfft uns nicht eins wiſſend
iſt/ die Ringe von ihren Fingern zuverſchenken; wie ich dann eben denſelben jetzo an unſers
neuen Vorſchneiders Finger geſehen/ mit welchem ihr ſie neulich angebunden habet. Frl.
Etburg erſchrak der Rede hoͤchlich/ daß ſie daruͤber erblaſſete; doch wie ſie ſehr kluges Ver-
ſtandes wahr/ er dachte ſie bald einen Fund/ und gab dieſe Antwort: Ach meine Durchl.
Frl. Waſe/ iſts moͤglich/ daß der fremde Hof Junker meinen Ring haben ſol/ den ich vor
einer Stunde verlohren/ und aus Furcht und Schahm nicht habe nachfragen duͤrffen/ ob
er gefunden ſey? ging darauff zu mir/ und ſagete: Herr Ritter/ ich vernehme ungefehr von
meiner Bekantin einer/ daß bey ihm ein Ring geſehen ſey/ den ich vor einer Stunde ver-
lohren habe; da er nun denſelben gefunden/ bitte ich freundlich/ mir denſelben wieder zuzu-
ſtellen/ damit ich daruͤber nicht in ungleichen Verdacht gerahten moͤge. Alsbald fiel mir
ein/ was die Urſach ſeyn wuͤrde/ trat mit ihr nahe zu der Stathalterin/ daß ſie uñ Frl. Pon-

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[868/0874] Achtes Buch. endigtem Tanze mir zu meinem Ungluͤk des Stathalters Tochter/ Frl. Pondizea zugefuͤh- ret/ welche jeztgedachter ihrer Waſen an Schoͤnheit wenig nachgab/ aber ſehr boßhafftig/ frech und unzuͤchtig wahr/ welche Laſter ſie zuzeiten wol zuverbergen wuſte/ wann ihre Be- waͤgungen nicht zu hefftig gingen. Im Tanze ward ſie des jeztgedachten Ringes an mei- ner Hand gewahr/ ließ ſich doch nicht merken/ daß ſie ihn kennete/ ſondern fragete mich/ von was lieber Hand mir eine ſo anmuhtige Gedaͤchtniß kaͤhme; zwar ſie waͤhre willens geweſen/ mir ein Zeichen ihrer guten Gunſt einzuhaͤndigen/ weil ſie aber fuͤrchtete/ dz ſchon gelieferte wuͤrde das ihrige unwert machen/ oder von dieſem nicht koͤnnen gelitten werden/ wolte ſie ihre hohe Gewogenheit ſo lange einzihen/ biß ſie von mir ihrer Furcht benommen waͤhre/ noͤhtigte mich auch/ nach geendigtem Tanze zu ihr niderzuſitzen/ weil ſie auff ſolche Gelegenheit ſchon mehr gewartet/ und mit mir von allerhand Sachen zureden haͤtte. Ich beantwortete ihre erſte Frage: Ich truͤge kein Gunſtzeichen an meiner Hand/ ohn welches meine leibliche Schweſter am Tage meines Abſcheides mir zum freund-bruͤderlichen An- denken eingereichet haͤtte; Ihr gnaͤdiges erbieten betreffend/ waͤhre ſolches viel zu hoch/ und mein Finger ihres Fuͤrſtlichen Ringes aller dinge unfaͤhig; wuͤrde mir auch von den vornehmen Anweſenden/ inſonderheit von ihren Eltern ſehr ungleich/ und zum baͤuriſchen Frevel ausgelegt werden/ wann ich mich zu ihrer Gnaden wuͤrde niderſetzen; baͤhte dem- nach untertaͤhnig/ mir nicht zuverargen/ dz ihrer gnaͤdigen Anmuhtung/ der ich ſonſt herz- lich gerne in allem gehorſame folge leiſten wolte/ vor dißmahl mich ungehorſam erzeigen muͤſte/ und hielt ſchließlich umb ihre beharliche Gnade an. Sie hingegen ließ ſich nicht merken/ daß ihr ſolche Erklaͤrung zuwider waͤhre/ ſetzete ſich an ihre Stelle/ und ließ ſich als eine tieffſinnige eine halbe Stunde anſehen/ daß niemand/ der ſie anredete einige Ant- wort von ihr bekam; endlich nach außgetichteteꝛ Boßheit/ machete ſie ſich hin zu ihrer Fr. Mutter/ und ungeachtet Frl. Etburg zugegen wahr/ brachte ſie dieſe Verleumdung vor: Es hat meine Fr. Mutter ſich oft verwundert/ warumb gegenwaͤrtige meine Waſe hoͤher geehret und beliebet iſt/ als ich/ da ich doch keines gemeinen aͤdelmans Tochter zur Mutter habe/ ſondern euch/ die jederman weis von altem Koͤniglichen Blute entſproſſen ſeyn; aber laſſet euch ſolches hinfuͤro nicht mehr befremden/ dann Leichtfertigkeit findet leider heut zu Tage allenthalben Plaz/ und machet dieſe Ungerahtene ſo angenehm/ welche ſich auch nit ſcheuhet/ den Rittern von fremden geringen Adel/ deren Ankunfft uns nicht eins wiſſend iſt/ die Ringe von ihren Fingern zuverſchenken; wie ich dann eben denſelben jetzo an unſers neuen Vorſchneiders Finger geſehen/ mit welchem ihr ſie neulich angebunden habet. Frl. Etburg erſchrak der Rede hoͤchlich/ daß ſie daruͤber erblaſſete; doch wie ſie ſehr kluges Ver- ſtandes wahr/ er dachte ſie bald einen Fund/ und gab dieſe Antwort: Ach meine Durchl. Frl. Waſe/ iſts moͤglich/ daß der fremde Hof Junker meinen Ring haben ſol/ den ich vor einer Stunde verlohren/ und aus Furcht und Schahm nicht habe nachfragen duͤrffen/ ob er gefunden ſey? ging darauff zu mir/ und ſagete: Herr Ritter/ ich vernehme ungefehr von meiner Bekantin einer/ daß bey ihm ein Ring geſehen ſey/ den ich vor einer Stunde ver- lohren habe; da er nun denſelben gefunden/ bitte ich freundlich/ mir denſelben wieder zuzu- ſtellen/ damit ich daruͤber nicht in ungleichen Verdacht gerahten moͤge. Alsbald fiel mir ein/ was die Urſach ſeyn wuͤrde/ trat mit ihr nahe zu der Stathalterin/ daß ſie uñ Frl. Pon- dizea

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Zitationshilfe: Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlich: Teutschen Königes Herkules und der Teutschen Königin Valiska Wunder-Geschicht. Bd. 2. Braunschweig, 1660, S. 868. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules02_1660/874>, abgerufen am 22.11.2024.