Bei der Mehrzahl aber trat an seine Stelle dasjenige Betriebssystem, welches man heute als Handwerk zu be- zeichnen pflegt und das ich bereits im Eingang gekennzeichnet habe. Man könnte es auch Preiswerk nennen, um den Gegensatz gegen das Lohnwerk zu markieren. Denn der Handwerker unterscheidet sich von dem Lohnwerker nur dadurch, daß er im Besitze sämtlicher Produktionsmittel ist und daß er das fertige Produkt, welches aus dem von ihm gelieferten Rohstoff und der darin verkörperten Arbeit zu- sammengesetzt ist, um einen bestimmten Preis verkauft, während der Lohnwerker bloß Vergütung für seine Arbeit empfängt.
Alle wichtigen Eigentümlichkeiten des Handwerks lassen sich in das eine Wort zusammenfassen: Kundenpro- duktion. Die Art des Absatzes ist es, die dieses Be- triebssystem vor allen späteren auszeichnet. Der Hand- werker arbeitet immer für den Konsumenten seines Pro- dukts, sei es, daß dieser durch Bestellung einzelner Stücke ihm dazu die Anregung gibt, sei es, daß beide auf dem Wochen- oder Jahrmarkte sich treffen. In der Regel ist das Absatzgebiet ein lokales: die Stadt und ihre nähere Umgebung. Der Kunde kauft aus der ersten, der Hand- werker liefert an die letzte Hand. Dies sichert Anpassung an den Bedarf und gibt dem ganzen Verhältnis einen ethischen Zug: der Produzent fühlt sich dem Konsumenten gegenüber verantwortlich für seine Arbeit.
Mit dem Aufkommen des Handwerks geht sozusagen
Bei der Mehrzahl aber trat an ſeine Stelle dasjenige Betriebsſyſtem, welches man heute als Handwerk zu be- zeichnen pflegt und das ich bereits im Eingang gekennzeichnet habe. Man könnte es auch Preiswerk nennen, um den Gegenſatz gegen das Lohnwerk zu markieren. Denn der Handwerker unterſcheidet ſich von dem Lohnwerker nur dadurch, daß er im Beſitze ſämtlicher Produktionsmittel iſt und daß er das fertige Produkt, welches aus dem von ihm gelieferten Rohſtoff und der darin verkörperten Arbeit zu- ſammengeſetzt iſt, um einen beſtimmten Preis verkauft, während der Lohnwerker bloß Vergütung für ſeine Arbeit empfängt.
Alle wichtigen Eigentümlichkeiten des Handwerks laſſen ſich in das eine Wort zuſammenfaſſen: Kundenpro- duktion. Die Art des Abſatzes iſt es, die dieſes Be- triebsſyſtem vor allen ſpäteren auszeichnet. Der Hand- werker arbeitet immer für den Konſumenten ſeines Pro- dukts, ſei es, daß dieſer durch Beſtellung einzelner Stücke ihm dazu die Anregung gibt, ſei es, daß beide auf dem Wochen- oder Jahrmarkte ſich treffen. In der Regel iſt das Abſatzgebiet ein lokales: die Stadt und ihre nähere Umgebung. Der Kunde kauft aus der erſten, der Hand- werker liefert an die letzte Hand. Dies ſichert Anpaſſung an den Bedarf und gibt dem ganzen Verhältnis einen ethiſchen Zug: der Produzent fühlt ſich dem Konſumenten gegenüber verantwortlich für ſeine Arbeit.
Mit dem Aufkommen des Handwerks geht ſozuſagen
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Bei der Mehrzahl aber trat an ſeine Stelle dasjenige
Betriebsſyſtem, welches man heute als Handwerk zu be-
zeichnen pflegt und das ich bereits im Eingang gekennzeichnet
habe. Man könnte es auch Preiswerk nennen, um
den Gegenſatz gegen das Lohnwerk zu markieren. Denn
der Handwerker unterſcheidet ſich von dem Lohnwerker nur
dadurch, daß er im Beſitze ſämtlicher Produktionsmittel iſt
und daß er das fertige Produkt, welches aus dem von ihm
gelieferten Rohſtoff und der darin verkörperten Arbeit zu-
ſammengeſetzt iſt, um einen beſtimmten Preis verkauft,
während der Lohnwerker bloß Vergütung für ſeine Arbeit
empfängt.
Alle wichtigen Eigentümlichkeiten des Handwerks laſſen
ſich in das eine Wort zuſammenfaſſen: Kundenpro-
duktion. Die Art des Abſatzes iſt es, die dieſes Be-
triebsſyſtem vor allen ſpäteren auszeichnet. Der Hand-
werker arbeitet immer für den Konſumenten ſeines Pro-
dukts, ſei es, daß dieſer durch Beſtellung einzelner Stücke
ihm dazu die Anregung gibt, ſei es, daß beide auf dem
Wochen- oder Jahrmarkte ſich treffen. In der Regel iſt
das Abſatzgebiet ein lokales: die Stadt und ihre nähere
Umgebung. Der Kunde kauft aus der erſten, der Hand-
werker liefert an die letzte Hand. Dies ſichert Anpaſſung
an den Bedarf und gibt dem ganzen Verhältnis einen
ethiſchen Zug: der Produzent fühlt ſich dem Konſumenten
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Bücher, Karl: Die Entstehung der Volkswirtschaft. Sechs Vorträge. Tübingen, 1893, S. 103. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buecher_volkswirtschaft_1893/125>, abgerufen am 21.11.2024.
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