Bücher, Karl: Die Entstehung der Volkswirtschaft. Sechs Vorträge. Tübingen, 1893.ein breiter Riß durch den volkswirtschaftlichen Produktions- Das direkte Verhältnis des Handwerkers zu den Kon- Das Handwerk ist eine spezifisch städtische Er- 1) Näheres über diese in meinem Buche: "Die Bevölkerung von
Frankfurt a. M. im XIV. und XV. Jahrhundert" I, S. 228. Vergl. auch die Vorträge I und III. ein breiter Riß durch den volkswirtſchaftlichen Produktions- Das direkte Verhältnis des Handwerkers zu den Kon- Das Handwerk iſt eine ſpezifiſch ſtädtiſche Er- 1) Näheres über dieſe in meinem Buche: „Die Bevölkerung von
Frankfurt a. M. im XIV. und XV. Jahrhundert“ I, S. 228. Vergl. auch die Vorträge I und III. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0126" n="104"/> ein breiter Riß durch den volkswirtſchaftlichen Produktions-<lb/> prozeß. Hatte ſeither der Grundeigentümer dieſen ganzen<lb/> Prozeß geleitet, wenn auch mit Zuhülfenahme fremder Lohn-<lb/> arbeiter, ſo gibt es jetzt zwei Arten von Wirtſchaften, von<lb/> denen jede nur einen Teil des Produktionsprozeſſes voll-<lb/> zieht: die eine erzeugt das Rohprodukt, die andere das<lb/> Fabrikat. Durch die Gewinnung eines eigenen Betriebs-<lb/> kapitals wird der Handwerkerſtand aus einer bloß lohn-<lb/> erwerbenden Arbeiterklaſſe zu einem beſitzenden Produzen-<lb/> tenſtand, und der bewegliche Beſitz, der ſich jetzt, losgelöst<lb/> vom Grundbeſitz, in ſeiner Hand ſammelt, wird die Grund-<lb/> lage einer eigenen ſozialen und politiſchen Berechtigung, die<lb/> in dem <hi rendition="#g">Bürgerſtande</hi> verkörpert iſt.</p><lb/> <p>Das direkte Verhältnis des Handwerkers zu den Kon-<lb/> ſumenten ſeiner Produkte bedingt die Kleinhaltung des Be-<lb/> triebs. Droht ein Handwerksbetrieb zu groß zu werden,<lb/> ſo ſplittern ſich neue Handwerke ab, die einen Teil ſeines<lb/> Produktionsgebietes übernehmen. Das iſt die Arbeitsteilung<lb/> des Mittelalters <note place="foot" n="1)">Näheres über dieſe in meinem Buche: „Die Bevölkerung von<lb/> Frankfurt a. M. im <hi rendition="#aq">XIV.</hi> und <hi rendition="#aq">XV.</hi> Jahrhundert“ <hi rendition="#aq">I,</hi> S. 228. Vergl.<lb/> auch die Vorträge <hi rendition="#aq">I</hi> und <hi rendition="#aq">III.</hi></note>, die immer neue ſelbſtändige Exiſtenzen<lb/> ſchafft und die ſpäter zu jener eiferſüchtigen Abgrenzung<lb/> der Arbeitsgebiete führte, welche einen guten Teil der Kraft<lb/> des Zunftweſens in inneren Streitigkeiten aufzehrte.</p><lb/> <p>Das Handwerk iſt eine ſpezifiſch <hi rendition="#g">ſtädtiſche</hi> Er-<lb/> ſcheinung. Völker, die wie die Ruſſen kein eigentliches<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [104/0126]
ein breiter Riß durch den volkswirtſchaftlichen Produktions-
prozeß. Hatte ſeither der Grundeigentümer dieſen ganzen
Prozeß geleitet, wenn auch mit Zuhülfenahme fremder Lohn-
arbeiter, ſo gibt es jetzt zwei Arten von Wirtſchaften, von
denen jede nur einen Teil des Produktionsprozeſſes voll-
zieht: die eine erzeugt das Rohprodukt, die andere das
Fabrikat. Durch die Gewinnung eines eigenen Betriebs-
kapitals wird der Handwerkerſtand aus einer bloß lohn-
erwerbenden Arbeiterklaſſe zu einem beſitzenden Produzen-
tenſtand, und der bewegliche Beſitz, der ſich jetzt, losgelöst
vom Grundbeſitz, in ſeiner Hand ſammelt, wird die Grund-
lage einer eigenen ſozialen und politiſchen Berechtigung, die
in dem Bürgerſtande verkörpert iſt.
Das direkte Verhältnis des Handwerkers zu den Kon-
ſumenten ſeiner Produkte bedingt die Kleinhaltung des Be-
triebs. Droht ein Handwerksbetrieb zu groß zu werden,
ſo ſplittern ſich neue Handwerke ab, die einen Teil ſeines
Produktionsgebietes übernehmen. Das iſt die Arbeitsteilung
des Mittelalters 1), die immer neue ſelbſtändige Exiſtenzen
ſchafft und die ſpäter zu jener eiferſüchtigen Abgrenzung
der Arbeitsgebiete führte, welche einen guten Teil der Kraft
des Zunftweſens in inneren Streitigkeiten aufzehrte.
Das Handwerk iſt eine ſpezifiſch ſtädtiſche Er-
ſcheinung. Völker, die wie die Ruſſen kein eigentliches
1) Näheres über dieſe in meinem Buche: „Die Bevölkerung von
Frankfurt a. M. im XIV. und XV. Jahrhundert“ I, S. 228. Vergl.
auch die Vorträge I und III.
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