von Freunden werden uns genannt: Erzählungen von zu- reisenden Kaufleuten, insbesondere von Buchhändlern, welche die Messe in Frankfurt besucht hatten, Aussagen von Briefboten, Berichte von Landsknechten, die aus Feldzügen heimkehrten, Mitteilungen von durchreisenden Fremden und Gastfreunden, speziell auch von Studenten, die aus fremden Ländern kamen, um die deutschen Hochschulen zu besuchen, endlich auch was man von zufällig durchgekommenen Ge- sandten fremder Höfe, von Kanzlern, Sekretären und Agenten hochgestellter Personen vernommen hatte.
Natürlich waren solche gelegentlich gesammelten münd- lichen Nachrichten von sehr verschiedenem Werte und mußten von dem Zeitungskorrespondenten, der sie weitergab, erst einer redaktionellen Kritik unterworfen werden. Weit wich- tiger waren die brieflich bezogenen, und es dürfte von einigem Interesse sein, an Handen des Briefwechsels von Melanchthon ihren Quellen etwas nachzugehen 1).
Da erkennen wir denn bald, daß es eine Reihe be- stimmter Sammelpunkte für die verschiedenen Arten von Nachrichten gab. Im Vordergrunde des Interesses stand damals die orientalische Frage, d. h. die Bedrohung der mitteleuropäischen Länder durch die Türken. Nachrichten über die Kämpfe mit ihnen kamen entweder aus Ungarn über Wien, Krakau oder Breslau oder aus Konstantinopel zur See über Venedig. Die Berichterstatter sind meist Geistliche, welche der neuen Lehre anhiengen.
1) Nach Graßhoff a. a. O. S. 23 ff.
von Freunden werden uns genannt: Erzählungen von zu- reiſenden Kaufleuten, insbeſondere von Buchhändlern, welche die Meſſe in Frankfurt beſucht hatten, Ausſagen von Briefboten, Berichte von Landsknechten, die aus Feldzügen heimkehrten, Mitteilungen von durchreiſenden Fremden und Gaſtfreunden, ſpeziell auch von Studenten, die aus fremden Ländern kamen, um die deutſchen Hochſchulen zu beſuchen, endlich auch was man von zufällig durchgekommenen Ge- ſandten fremder Höfe, von Kanzlern, Sekretären und Agenten hochgeſtellter Perſonen vernommen hatte.
Natürlich waren ſolche gelegentlich geſammelten münd- lichen Nachrichten von ſehr verſchiedenem Werte und mußten von dem Zeitungskorreſpondenten, der ſie weitergab, erſt einer redaktionellen Kritik unterworfen werden. Weit wich- tiger waren die brieflich bezogenen, und es dürfte von einigem Intereſſe ſein, an Handen des Briefwechſels von Melanchthon ihren Quellen etwas nachzugehen 1).
Da erkennen wir denn bald, daß es eine Reihe be- ſtimmter Sammelpunkte für die verſchiedenen Arten von Nachrichten gab. Im Vordergrunde des Intereſſes ſtand damals die orientaliſche Frage, d. h. die Bedrohung der mitteleuropäiſchen Länder durch die Türken. Nachrichten über die Kämpfe mit ihnen kamen entweder aus Ungarn über Wien, Krakau oder Breslau oder aus Konſtantinopel zur See über Venedig. Die Berichterſtatter ſind meiſt Geiſtliche, welche der neuen Lehre anhiengen.
1) Nach Graßhoff a. a. O. S. 23 ff.
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von Freunden werden uns genannt: Erzählungen von zu-
reiſenden Kaufleuten, insbeſondere von Buchhändlern, welche
die Meſſe in Frankfurt beſucht hatten, Ausſagen von
Briefboten, Berichte von Landsknechten, die aus Feldzügen
heimkehrten, Mitteilungen von durchreiſenden Fremden und
Gaſtfreunden, ſpeziell auch von Studenten, die aus fremden
Ländern kamen, um die deutſchen Hochſchulen zu beſuchen,
endlich auch was man von zufällig durchgekommenen Ge-
ſandten fremder Höfe, von Kanzlern, Sekretären und Agenten
hochgeſtellter Perſonen vernommen hatte.
Natürlich waren ſolche gelegentlich geſammelten münd-
lichen Nachrichten von ſehr verſchiedenem Werte und mußten
von dem Zeitungskorreſpondenten, der ſie weitergab, erſt
einer redaktionellen Kritik unterworfen werden. Weit wich-
tiger waren die brieflich bezogenen, und es dürfte von
einigem Intereſſe ſein, an Handen des Briefwechſels von
Melanchthon ihren Quellen etwas nachzugehen 1).
Da erkennen wir denn bald, daß es eine Reihe be-
ſtimmter Sammelpunkte für die verſchiedenen Arten von
Nachrichten gab. Im Vordergrunde des Intereſſes ſtand
damals die orientaliſche Frage, d. h. die Bedrohung der
mitteleuropäiſchen Länder durch die Türken. Nachrichten
über die Kämpfe mit ihnen kamen entweder aus Ungarn
über Wien, Krakau oder Breslau oder aus Konſtantinopel
zur See über Venedig. Die Berichterſtatter ſind meiſt
Geiſtliche, welche der neuen Lehre anhiengen.
1) Nach Graßhoff a. a. O. S. 23 ff.
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Bücher, Karl: Die Entstehung der Volkswirtschaft. Sechs Vorträge. Tübingen, 1893, S. 183. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buecher_volkswirtschaft_1893/205>, abgerufen am 24.11.2024.
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