reicht von den Anfängen der Kultur bis in das Mittelalter hinein (etwa bis zum Beginn des zweiten Jahrtausends unserer Zeitrechnung). Sie kennzeichnet sich, wie bereits angedeutet, dadurch, daß der ganze Kreislauf der Wirt- schaft von der Produktion bis zur Konsumtion sich im ge- schlossenen Kreise des Hauses (der Familie, des Geschlechts) vollzieht. Jedem Hause ist Art und Maß seiner Produktion durch den Konsumtionsbedarf der Hausangehörigen vorge- schrieben. Jedes Produkt durchläuft seinen ganzen Werde- gang von der Gewinnung des Rohstoffes bis zur Genuß- reife in der gleichen Wirtschaft und geht ohne Zwischen- stufe in den Konsum über. Gütererzeugung und Güter- verbrauch fließen in einander über; sie bilden einen einzigen ununterbrochenen und ununterscheidbaren Prozeß, und ebenso ist es nicht möglich, Erwerbswirtschaft und Haushalt von einander zu trennen. Der Erwerb jeder gemeinsam wirt- schaftenden Menschengruppe ist eins mit dem Produkt ihrer Arbeit, und dieses ist wieder eins mit ihrer Bedarfsdeckung, ihrem Konsum.
Der Tausch ist ursprünglich ganz unbekannt. Der primitive Mensch, weit entfernt eine angeborene Neigung zum Tauschen zu besitzen, hat im Gegenteile eine Ab- neigung gegen dasselbe. Tauschen und täuschen ist in der älteren Sprache eins. Es gibt keinen allgemein aner- kannten Wertmaßstab. Man muß deshalb fürchten, im Tausche betrogen zu werden. Außerdem ist das Arbeitsprodukt so- zusagen ein Teil des Menschen, der es erzeugt hat. Wer
reicht von den Anfängen der Kultur bis in das Mittelalter hinein (etwa bis zum Beginn des zweiten Jahrtauſends unſerer Zeitrechnung). Sie kennzeichnet ſich, wie bereits angedeutet, dadurch, daß der ganze Kreislauf der Wirt- ſchaft von der Produktion bis zur Konſumtion ſich im ge- ſchloſſenen Kreiſe des Hauſes (der Familie, des Geſchlechts) vollzieht. Jedem Hauſe iſt Art und Maß ſeiner Produktion durch den Konſumtionsbedarf der Hausangehörigen vorge- ſchrieben. Jedes Produkt durchläuft ſeinen ganzen Werde- gang von der Gewinnung des Rohſtoffes bis zur Genuß- reife in der gleichen Wirtſchaft und geht ohne Zwiſchen- ſtufe in den Konſum über. Gütererzeugung und Güter- verbrauch fließen in einander über; ſie bilden einen einzigen ununterbrochenen und ununterſcheidbaren Prozeß, und ebenſo iſt es nicht möglich, Erwerbswirtſchaft und Haushalt von einander zu trennen. Der Erwerb jeder gemeinſam wirt- ſchaftenden Menſchengruppe iſt eins mit dem Produkt ihrer Arbeit, und dieſes iſt wieder eins mit ihrer Bedarfsdeckung, ihrem Konſum.
Der Tauſch iſt urſprünglich ganz unbekannt. Der primitive Menſch, weit entfernt eine angeborene Neigung zum Tauſchen zu beſitzen, hat im Gegenteile eine Ab- neigung gegen dasſelbe. Tauſchen und täuſchen iſt in der älteren Sprache eins. Es gibt keinen allgemein aner- kannten Wertmaßſtab. Man muß deshalb fürchten, im Tauſche betrogen zu werden. Außerdem iſt das Arbeitsprodukt ſo- zuſagen ein Teil des Menſchen, der es erzeugt hat. Wer
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[16/0030]
reicht von den Anfängen der Kultur bis in das Mittelalter
hinein (etwa bis zum Beginn des zweiten Jahrtauſends
unſerer Zeitrechnung). Sie kennzeichnet ſich, wie bereits
angedeutet, dadurch, daß der ganze Kreislauf der Wirt-
ſchaft von der Produktion bis zur Konſumtion ſich im ge-
ſchloſſenen Kreiſe des Hauſes (der Familie, des Geſchlechts)
vollzieht. Jedem Hauſe iſt Art und Maß ſeiner Produktion
durch den Konſumtionsbedarf der Hausangehörigen vorge-
ſchrieben. Jedes Produkt durchläuft ſeinen ganzen Werde-
gang von der Gewinnung des Rohſtoffes bis zur Genuß-
reife in der gleichen Wirtſchaft und geht ohne Zwiſchen-
ſtufe in den Konſum über. Gütererzeugung und Güter-
verbrauch fließen in einander über; ſie bilden einen einzigen
ununterbrochenen und ununterſcheidbaren Prozeß, und ebenſo
iſt es nicht möglich, Erwerbswirtſchaft und Haushalt von
einander zu trennen. Der Erwerb jeder gemeinſam wirt-
ſchaftenden Menſchengruppe iſt eins mit dem Produkt ihrer
Arbeit, und dieſes iſt wieder eins mit ihrer Bedarfsdeckung,
ihrem Konſum.
Der Tauſch iſt urſprünglich ganz unbekannt. Der
primitive Menſch, weit entfernt eine angeborene Neigung
zum Tauſchen zu beſitzen, hat im Gegenteile eine Ab-
neigung gegen dasſelbe. Tauſchen und täuſchen iſt in
der älteren Sprache eins. Es gibt keinen allgemein aner-
kannten Wertmaßſtab. Man muß deshalb fürchten, im Tauſche
betrogen zu werden. Außerdem iſt das Arbeitsprodukt ſo-
zuſagen ein Teil des Menſchen, der es erzeugt hat. Wer
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Bücher, Karl: Die Entstehung der Volkswirtschaft. Sechs Vorträge. Tübingen, 1893, S. 16. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buecher_volkswirtschaft_1893/30>, abgerufen am 21.11.2024.
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