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Büchner, Georg: Sämmtliche Werke und handschriftlicher Nachlaß. Frankfurt (Main), 1879.

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in die Schweiz, nach Belgien und nach Amerika. -- In
Straßburg selbst besaß er einen kleinen, aber bedeutenden
Kreis von Freunden, worunter Professor Baum, der um
jene Zeit mit einer Abhandlung über die Methodisten einen
französischen Preis von 3000 Franken gewonnen hatte, ferner
die beiden Dichter Stöber (Adolph und August), Dr.
Böckel, Follenius und Andere. (Man vergl. S.
XLV.)

Im September 1835 wurde bekanntlich als Organ
des "Jungen Deutschland" die deutsche Revue durch
Gutzkow und Wienbarg gegründet, und sollte mit Anfang
des Jahres 1836 erscheinen. Büchner wurde zum Mit-
arbeiten eingeladen. Er sagte zu, wenn auch nicht zu re-
gelmäßigen Beiträgen, und sein Name wurde unter den
Mitarbeitern in der Ankündigung aufgeführt. Für diese
deutsche Revue hatte Büchner seine Novelle "Lenz" be-
stimmt. Er hatte in Straßburg interessante und bis da
unbekannte Notizen über Lenz, den unglücklichen Dichter
aus der Sturm- und Drangperiode, den Jugendfreund Goe-
the's erhalten. Lenz, nachdem er sich längere Zeit mit
Goethe zugleich in Straßburg aufgehalten, verliebte sich in
die bekannte Goethe'sche Friederike und wurde zuletzt verrückt.
Die Novelle ist, da die deutsche Revue noch vor ihrem Er-
scheinen unterdrückt wurde, leider Fragment geblieben und
behandelt in dieser Form jenen Moment in Lenzen's Leben,
wo derselbe, nachdem er in Weimar nicht bleiben konnte,
zum zweiten Mal in das Elsaß und in einem halbwahn-
sinnigen Zustand zu dem durch seine pietistische Frömmigkeit
bekannten Pfarrer Oberlin in Waldbach kam. Büchner
hat seine Erkundigungen über diesen Aufenthalt Lenzen's an

in die Schweiz, nach Belgien und nach Amerika. — In
Straßburg ſelbſt beſaß er einen kleinen, aber bedeutenden
Kreis von Freunden, worunter Profeſſor Baum, der um
jene Zeit mit einer Abhandlung über die Methodiſten einen
franzöſiſchen Preis von 3000 Franken gewonnen hatte, ferner
die beiden Dichter Stöber (Adolph und Auguſt), Dr.
Böckel, Follenius und Andere. (Man vergl. S.
XLV.)

Im September 1835 wurde bekanntlich als Organ
des "Jungen Deutſchland" die deutſche Revue durch
Gutzkow und Wienbarg gegründet, und ſollte mit Anfang
des Jahres 1836 erſcheinen. Büchner wurde zum Mit-
arbeiten eingeladen. Er ſagte zu, wenn auch nicht zu re-
gelmäßigen Beiträgen, und ſein Name wurde unter den
Mitarbeitern in der Ankündigung aufgeführt. Für dieſe
deutſche Revue hatte Büchner ſeine Novelle "Lenz" be-
ſtimmt. Er hatte in Straßburg intereſſante und bis da
unbekannte Notizen über Lenz, den unglücklichen Dichter
aus der Sturm- und Drangperiode, den Jugendfreund Goe-
the's erhalten. Lenz, nachdem er ſich längere Zeit mit
Goethe zugleich in Straßburg aufgehalten, verliebte ſich in
die bekannte Goethe'ſche Friederike und wurde zuletzt verrückt.
Die Novelle iſt, da die deutſche Revue noch vor ihrem Er-
ſcheinen unterdrückt wurde, leider Fragment geblieben und
behandelt in dieſer Form jenen Moment in Lenzen's Leben,
wo derſelbe, nachdem er in Weimar nicht bleiben konnte,
zum zweiten Mal in das Elſaß und in einem halbwahn-
ſinnigen Zuſtand zu dem durch ſeine pietiſtiſche Frömmigkeit
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[CLXX/0186] in die Schweiz, nach Belgien und nach Amerika. — In Straßburg ſelbſt beſaß er einen kleinen, aber bedeutenden Kreis von Freunden, worunter Profeſſor Baum, der um jene Zeit mit einer Abhandlung über die Methodiſten einen franzöſiſchen Preis von 3000 Franken gewonnen hatte, ferner die beiden Dichter Stöber (Adolph und Auguſt), Dr. Böckel, Follenius und Andere. (Man vergl. S. XLV.) Im September 1835 wurde bekanntlich als Organ des "Jungen Deutſchland" die deutſche Revue durch Gutzkow und Wienbarg gegründet, und ſollte mit Anfang des Jahres 1836 erſcheinen. Büchner wurde zum Mit- arbeiten eingeladen. Er ſagte zu, wenn auch nicht zu re- gelmäßigen Beiträgen, und ſein Name wurde unter den Mitarbeitern in der Ankündigung aufgeführt. Für dieſe deutſche Revue hatte Büchner ſeine Novelle "Lenz" be- ſtimmt. Er hatte in Straßburg intereſſante und bis da unbekannte Notizen über Lenz, den unglücklichen Dichter aus der Sturm- und Drangperiode, den Jugendfreund Goe- the's erhalten. Lenz, nachdem er ſich längere Zeit mit Goethe zugleich in Straßburg aufgehalten, verliebte ſich in die bekannte Goethe'ſche Friederike und wurde zuletzt verrückt. Die Novelle iſt, da die deutſche Revue noch vor ihrem Er- ſcheinen unterdrückt wurde, leider Fragment geblieben und behandelt in dieſer Form jenen Moment in Lenzen's Leben, wo derſelbe, nachdem er in Weimar nicht bleiben konnte, zum zweiten Mal in das Elſaß und in einem halbwahn- ſinnigen Zuſtand zu dem durch ſeine pietiſtiſche Frömmigkeit bekannten Pfarrer Oberlin in Waldbach kam. Büchner hat ſeine Erkundigungen über dieſen Aufenthalt Lenzen's an

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Zitationshilfe: Büchner, Georg: Sämmtliche Werke und handschriftlicher Nachlaß. Frankfurt (Main), 1879, S. CLXX. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buechner_werke_1879/186>, abgerufen am 27.11.2024.