Das dauchte dem Diener so wol und so bang! So bang und so wol! Er zweifelte lang; Viel zweifelt' er her, viel zweifelt' er hin; Von Hoffen und Ahnden war trunken sein Sin.
Doch als es wol tief um Mitternacht war, Und stil herab blinkte der Sternlein Schaar; Da sprang er vom Lager, lies Schlummer und Traum, Und eilt' in den Garten zum kundigen Baum.
Und, als er stilharrend am Liebesbaum sas, Da säuselt' im Laube, da schlich es durch's Gras, Und eh er sich wandte, da nahm's ihn in Arm, Da weht' ihn ein Odem an, lieblich und warm.
Und, als er die Lippen eröfnet zum Grus, Verschlang ihm die Rede manch durstiger Kus, Und eh' es ihm zugeflüstert ein Wort, Da zog es am samtenen Händchen ihn fort.
Es
Das dauchte dem Diener ſo wol und ſo bang! So bang und ſo wol! Er zweifelte lang; Viel zweifelt’ er her, viel zweifelt’ er hin; Von Hoffen und Ahnden war trunken ſein Sin.
Doch als es wol tief um Mitternacht war, Und ſtil herab blinkte der Sternlein Schaar; Da ſprang er vom Lager, lies Schlummer und Traum, Und eilt’ in den Garten zum kundigen Baum.
Und, als er ſtilharrend am Liebesbaum ſas, Da ſaͤuſelt’ im Laube, da ſchlich es durch’s Gras, Und eh er ſich wandte, da nahm’s ihn in Arm, Da weht’ ihn ein Odem an, lieblich und warm.
Und, als er die Lippen eroͤfnet zum Grus, Verſchlang ihm die Rede manch durſtiger Kus, Und eh’ es ihm zugefluͤſtert ein Wort, Da zog es am ſamtenen Haͤndchen ihn fort.
Es
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Das dauchte dem Diener ſo wol und ſo bang!
So bang und ſo wol! Er zweifelte lang;
Viel zweifelt’ er her, viel zweifelt’ er hin;
Von Hoffen und Ahnden war trunken ſein Sin.
Doch als es wol tief um Mitternacht war,
Und ſtil herab blinkte der Sternlein Schaar;
Da ſprang er vom Lager, lies Schlummer und Traum,
Und eilt’ in den Garten zum kundigen Baum.
Und, als er ſtilharrend am Liebesbaum ſas,
Da ſaͤuſelt’ im Laube, da ſchlich es durch’s Gras,
Und eh er ſich wandte, da nahm’s ihn in Arm,
Da weht’ ihn ein Odem an, lieblich und warm.
Und, als er die Lippen eroͤfnet zum Grus,
Verſchlang ihm die Rede manch durſtiger Kus,
Und eh’ es ihm zugefluͤſtert ein Wort,
Da zog es am ſamtenen Haͤndchen ihn fort.
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Bürger, Gottfried August: Gedichte. Göttingen, 1778, S. 212. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buerger_gedichte_1778/283>, abgerufen am 23.06.2024.
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