"Schlaf süs! Schlaf wol!" Da schlüpft' er hinaus; Ihm fuhren durch's Leben Entsezen und Graus; Es roch ihm wie Leichen; er stolpert' entlang, Beim Schimmer des traurigen Lämpchens, den Gang.
Hui! sprangen die Beiden vom Winkel herbei, Und bohrten ihn nieder mit dumpfem Geschrei: "Da! hast du gefrei't um den Thron von Burgund, Da hast du die Mitgift! da hast du sie, Hund!" --
"O Jesu Maria! Erbarme dich mein!" -- Drauf hülte sein brechendes Auge sich ein. Ohne Beicht', ohne Nachtmal, ohn' Absolution, Flog seine verzagende Seele davon.
Der Prinz von Hispania, schäumend vor Wut, Zerhieb ihm den Busen mit knirschendem Mut: "Weis her mir dein Herzchen! Ach! pocht ja so sehr! -- Hast lieb gehabt, Herzchen? Hab's Morgen Nacht mehr!"
Und
„Schlaf ſuͤs! Schlaf wol!„ Da ſchluͤpft’ er hinaus; Ihm fuhren durch’s Leben Entſezen und Graus; Es roch ihm wie Leichen; er ſtolpert’ entlang, Beim Schimmer des traurigen Laͤmpchens, den Gang.
Hui! ſprangen die Beiden vom Winkel herbei, Und bohrten ihn nieder mit dumpfem Geſchrei: „Da! haſt du gefrei’t um den Thron von Burgund, Da haſt du die Mitgift! da haſt du ſie, Hund!„ —
„O Jeſu Maria! Erbarme dich mein!„ — Drauf huͤlte ſein brechendes Auge ſich ein. Ohne Beicht’, ohne Nachtmal, ohn’ Abſolution, Flog ſeine verzagende Seele davon.
Der Prinz von Hiſpania, ſchaͤumend vor Wut, Zerhieb ihm den Buſen mit knirſchendem Mut: „Weis her mir dein Herzchen! Ach! pocht ja ſo ſehr! — Haſt lieb gehabt, Herzchen? Hab’s Morgen Nacht mehr!„
Und
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„Schlaf ſuͤs! Schlaf wol!„ Da ſchluͤpft’ er hinaus;
Ihm fuhren durch’s Leben Entſezen und Graus;
Es roch ihm wie Leichen; er ſtolpert’ entlang,
Beim Schimmer des traurigen Laͤmpchens, den Gang.
Hui! ſprangen die Beiden vom Winkel herbei,
Und bohrten ihn nieder mit dumpfem Geſchrei:
„Da! haſt du gefrei’t um den Thron von Burgund,
Da haſt du die Mitgift! da haſt du ſie, Hund!„ —
„O Jeſu Maria! Erbarme dich mein!„ —
Drauf huͤlte ſein brechendes Auge ſich ein.
Ohne Beicht’, ohne Nachtmal, ohn’ Abſolution,
Flog ſeine verzagende Seele davon.
Der Prinz von Hiſpania, ſchaͤumend vor Wut,
Zerhieb ihm den Buſen mit knirſchendem Mut:
„Weis her mir dein Herzchen! Ach! pocht ja ſo ſehr! —
Haſt lieb gehabt, Herzchen? Hab’s Morgen Nacht
mehr!„
Und
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Bürger, Gottfried August: Gedichte. Göttingen, 1778, S. 222. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buerger_gedichte_1778/293>, abgerufen am 16.06.2024.
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