Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bürger, Gottfried August: Gedichte. Göttingen, 1778.

Bild:
<< vorherige Seite
Und ris ihm vom Busen das zuckende Herz,
Und kühlte sein Mütchen mit gräslichem Scherz:
"Da hab' ich dich, Herzchen! Ach pochst ja so sehr!
Hab lieb nun du Herzchen! Hab's Morgen Nacht
mehr!" --
Indes die Prinzessin ach! zagte so sehr!
Zerwarf sich im Schlummer und träumte, wie schwer!
Von blutigen Perlen in blutigem Kranz',
Von blutigem Gastmal und höllischem Tanz.
Sie warf sich im Bette, so müde, so krank!
Den kommenden Morgen und Tag entlang:
"O wenn's doch erst wieder tief Mitternacht wär'!
Kom, Mitternacht, führe mein Labsal mir her!"
Und als es wol wieder tief Mitternacht war,
Und stil herab blinkte der Sternlein Schaar:
"O weh mir! Mein Busen! was ahnet wol dir?"
Horch! horch! da knarte die heimliche Thür.

Ein
Und ris ihm vom Buſen das zuckende Herz,
Und kuͤhlte ſein Muͤtchen mit graͤslichem Scherz:
„Da hab’ ich dich, Herzchen! Ach pochſt ja ſo ſehr!
Hab lieb nun du Herzchen! Hab’s Morgen Nacht
mehr!„ —
Indes die Prinzeſſin ach! zagte ſo ſehr!
Zerwarf ſich im Schlummer und traͤumte, wie ſchwer!
Von blutigen Perlen in blutigem Kranz’,
Von blutigem Gaſtmal und hoͤlliſchem Tanz.
Sie warf ſich im Bette, ſo muͤde, ſo krank!
Den kommenden Morgen und Tag entlang:
„O wenn’s doch erſt wieder tief Mitternacht waͤr’!
Kom, Mitternacht, fuͤhre mein Labſal mir her!„
Und als es wol wieder tief Mitternacht war,
Und ſtil herab blinkte der Sternlein Schaar:
„O weh mir! Mein Buſen! was ahnet wol dir?„
Horch! horch! da knarte die heimliche Thuͤr.

Ein
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <l>
              <pb facs="#f0294" n="223"/>
            </l>
            <lg n="56">
              <l>Und ris ihm vom Bu&#x017F;en das zuckende Herz,</l><lb/>
              <l>Und ku&#x0364;hlte &#x017F;ein Mu&#x0364;tchen mit gra&#x0364;slichem Scherz:</l><lb/>
              <l>&#x201E;Da hab&#x2019; ich dich, Herzchen! Ach poch&#x017F;t ja &#x017F;o &#x017F;ehr!</l><lb/>
              <l>Hab lieb nun du Herzchen! Hab&#x2019;s Morgen Nacht</l><lb/>
              <l>mehr!&#x201E; &#x2014;</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="57">
              <l>Indes die Prinze&#x017F;&#x017F;in ach! zagte &#x017F;o &#x017F;ehr!</l><lb/>
              <l>Zerwarf &#x017F;ich im Schlummer und tra&#x0364;umte, wie &#x017F;chwer!</l><lb/>
              <l>Von blutigen Perlen in blutigem Kranz&#x2019;,</l><lb/>
              <l>Von blutigem Ga&#x017F;tmal und ho&#x0364;lli&#x017F;chem Tanz.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="58">
              <l>Sie warf &#x017F;ich im Bette, &#x017F;o mu&#x0364;de, &#x017F;o krank!</l><lb/>
              <l>Den kommenden Morgen und Tag entlang:</l><lb/>
              <l>&#x201E;O wenn&#x2019;s doch er&#x017F;t wieder tief Mitternacht wa&#x0364;r&#x2019;!</l><lb/>
              <l>Kom, Mitternacht, fu&#x0364;hre mein Lab&#x017F;al mir her!&#x201E;</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="59">
              <l>Und als es wol wieder tief Mitternacht war,</l><lb/>
              <l>Und &#x017F;til herab blinkte der Sternlein Schaar:</l><lb/>
              <l>&#x201E;O weh mir! Mein Bu&#x017F;en! was ahnet wol dir?&#x201E;</l><lb/>
              <l>Horch! horch! da knarte die heimliche Thu&#x0364;r.</l>
            </lg><lb/>
            <fw place="bottom" type="catch">Ein</fw><lb/>
            <l>
</l>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[223/0294] Und ris ihm vom Buſen das zuckende Herz, Und kuͤhlte ſein Muͤtchen mit graͤslichem Scherz: „Da hab’ ich dich, Herzchen! Ach pochſt ja ſo ſehr! Hab lieb nun du Herzchen! Hab’s Morgen Nacht mehr!„ — Indes die Prinzeſſin ach! zagte ſo ſehr! Zerwarf ſich im Schlummer und traͤumte, wie ſchwer! Von blutigen Perlen in blutigem Kranz’, Von blutigem Gaſtmal und hoͤlliſchem Tanz. Sie warf ſich im Bette, ſo muͤde, ſo krank! Den kommenden Morgen und Tag entlang: „O wenn’s doch erſt wieder tief Mitternacht waͤr’! Kom, Mitternacht, fuͤhre mein Labſal mir her!„ Und als es wol wieder tief Mitternacht war, Und ſtil herab blinkte der Sternlein Schaar: „O weh mir! Mein Buſen! was ahnet wol dir?„ Horch! horch! da knarte die heimliche Thuͤr. Ein

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/buerger_gedichte_1778
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/buerger_gedichte_1778/294
Zitationshilfe: Bürger, Gottfried August: Gedichte. Göttingen, 1778, S. 223. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buerger_gedichte_1778/294>, abgerufen am 16.06.2024.