Es ist mir noch nicht gelungen, aufzufinden, nach welcher Regel die Zinsen dieses Groß-Aventur- Handels in jenen Zeiten sich mögen bestimmt haben. Sie waren aus leicht einzusehenden Gründen höher, als die Zinsen, bei welchen die Benennung Wucher zu gelten anfängt. Die Lateinische Benennung Foenus hat eine ähnliche jedoch nicht gleich böse Be- deutung mit dem Worte: usura. Wenigstens nahmen die Römischen Geseze solche Contracte noch nicht für wucherlich. Allein nach der Zeit sahen übel- verstandene Kirchliche Geseze und vollends das Cano- nische Recht, welches alles Zinsennehmen verbot, sie in einem sehr gehässigen Lichte an und verboten sie mehrmals. Weil sie aber nicht den Gang der Hand- lung verbessern konnten, so hätte in den damaligen Zeiten fast alle Handlung aufhören müssen, wenn alle Kaufleute gehorsame Söhne der Kirche gewesen wären. Ich weiß nicht, ob sie deren Verbote etwa auf ähnliche Art mögen ausgewichen sein, wie man es bei dem Belehnen auf liegende Gründe taht, da man dem Anleihenden zum Schein einen Teil der Nuzung seines Grundstüks verkaufte, doch mit dem Bedinge des Wiederkaufsrechts auf Seiten des Schuldners. Da hieß es z. B., Peter verläßt an Paul in seinem Grundstük 25 Mark Renten mit 500 Mark zu lösen. Die im Norden angenommene
2ter Teil. G
Cap. 4. Von der Bodmerei.
§. 4.
Es iſt mir noch nicht gelungen, aufzufinden, nach welcher Regel die Zinſen dieſes Groß-Aventur- Handels in jenen Zeiten ſich moͤgen beſtimmt haben. Sie waren aus leicht einzuſehenden Gruͤnden hoͤher, als die Zinſen, bei welchen die Benennung Wucher zu gelten anfaͤngt. Die Lateiniſche Benennung Foenus hat eine aͤhnliche jedoch nicht gleich boͤſe Be- deutung mit dem Worte: uſura. Wenigſtens nahmen die Roͤmiſchen Geſeze ſolche Contracte noch nicht fuͤr wucherlich. Allein nach der Zeit ſahen uͤbel- verſtandene Kirchliche Geſeze und vollends das Cano- niſche Recht, welches alles Zinſennehmen verbot, ſie in einem ſehr gehaͤſſigen Lichte an und verboten ſie mehrmals. Weil ſie aber nicht den Gang der Hand- lung verbeſſern konnten, ſo haͤtte in den damaligen Zeiten faſt alle Handlung aufhoͤren muͤſſen, wenn alle Kaufleute gehorſame Soͤhne der Kirche geweſen waͤren. Ich weiß nicht, ob ſie deren Verbote etwa auf aͤhnliche Art moͤgen ausgewichen ſein, wie man es bei dem Belehnen auf liegende Gruͤnde taht, da man dem Anleihenden zum Schein einen Teil der Nuzung ſeines Grundſtuͤks verkaufte, doch mit dem Bedinge des Wiederkaufsrechts auf Seiten des Schuldners. Da hieß es z. B., Peter verlaͤßt an Paul in ſeinem Grundſtuͤk 25 Mark Renten mit 500 Mark zu loͤſen. Die im Norden angenommene
2ter Teil. G
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><pbfacs="#f0105"n="97"/><fwplace="top"type="header">Cap. 4. Von der Bodmerei.</fw><lb/><divn="5"><head>§. 4.</head><lb/><p>Es iſt mir noch nicht gelungen, aufzufinden,<lb/>
nach welcher Regel die Zinſen dieſes Groß-Aventur-<lb/>
Handels in jenen Zeiten ſich moͤgen beſtimmt haben.<lb/>
Sie waren aus leicht einzuſehenden Gruͤnden hoͤher,<lb/>
als die Zinſen, bei welchen die Benennung <hirendition="#g">Wucher</hi><lb/>
zu gelten anfaͤngt. Die Lateiniſche Benennung<lb/><hirendition="#aq">Foenus</hi> hat eine aͤhnliche jedoch nicht gleich boͤſe Be-<lb/>
deutung mit dem Worte: <hirendition="#aq">uſura.</hi> Wenigſtens<lb/>
nahmen die Roͤmiſchen Geſeze ſolche Contracte noch<lb/>
nicht fuͤr wucherlich. Allein nach der Zeit ſahen uͤbel-<lb/>
verſtandene Kirchliche Geſeze und vollends das Cano-<lb/>
niſche Recht, welches alles Zinſennehmen verbot,<lb/>ſie in einem ſehr gehaͤſſigen Lichte an und verboten ſie<lb/>
mehrmals. Weil ſie aber nicht den Gang der Hand-<lb/>
lung verbeſſern konnten, ſo haͤtte in den damaligen<lb/>
Zeiten faſt alle Handlung aufhoͤren muͤſſen, wenn<lb/>
alle Kaufleute gehorſame Soͤhne der Kirche geweſen<lb/>
waͤren. Ich weiß nicht, ob ſie deren Verbote etwa<lb/>
auf aͤhnliche Art moͤgen ausgewichen ſein, wie man<lb/>
es bei dem Belehnen auf liegende Gruͤnde taht, da<lb/>
man dem Anleihenden zum Schein einen Teil der<lb/>
Nuzung ſeines Grundſtuͤks verkaufte, doch mit dem<lb/>
Bedinge des Wiederkaufsrechts auf Seiten des<lb/>
Schuldners. Da hieß es z. B., Peter verlaͤßt an<lb/>
Paul in ſeinem Grundſtuͤk 25 Mark Renten mit 500<lb/>
Mark zu loͤſen. Die im Norden angenommene<lb/><fwplace="bottom"type="sig"><hirendition="#fr">2ter Teil.</hi> G</fw><lb/></p></div></div></div></div></div></body></text></TEI>
[97/0105]
Cap. 4. Von der Bodmerei.
§. 4.
Es iſt mir noch nicht gelungen, aufzufinden,
nach welcher Regel die Zinſen dieſes Groß-Aventur-
Handels in jenen Zeiten ſich moͤgen beſtimmt haben.
Sie waren aus leicht einzuſehenden Gruͤnden hoͤher,
als die Zinſen, bei welchen die Benennung Wucher
zu gelten anfaͤngt. Die Lateiniſche Benennung
Foenus hat eine aͤhnliche jedoch nicht gleich boͤſe Be-
deutung mit dem Worte: uſura. Wenigſtens
nahmen die Roͤmiſchen Geſeze ſolche Contracte noch
nicht fuͤr wucherlich. Allein nach der Zeit ſahen uͤbel-
verſtandene Kirchliche Geſeze und vollends das Cano-
niſche Recht, welches alles Zinſennehmen verbot,
ſie in einem ſehr gehaͤſſigen Lichte an und verboten ſie
mehrmals. Weil ſie aber nicht den Gang der Hand-
lung verbeſſern konnten, ſo haͤtte in den damaligen
Zeiten faſt alle Handlung aufhoͤren muͤſſen, wenn
alle Kaufleute gehorſame Soͤhne der Kirche geweſen
waͤren. Ich weiß nicht, ob ſie deren Verbote etwa
auf aͤhnliche Art moͤgen ausgewichen ſein, wie man
es bei dem Belehnen auf liegende Gruͤnde taht, da
man dem Anleihenden zum Schein einen Teil der
Nuzung ſeines Grundſtuͤks verkaufte, doch mit dem
Bedinge des Wiederkaufsrechts auf Seiten des
Schuldners. Da hieß es z. B., Peter verlaͤßt an
Paul in ſeinem Grundſtuͤk 25 Mark Renten mit 500
Mark zu loͤſen. Die im Norden angenommene
2ter Teil. G
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Büsch, Johann Georg: Theoretisch-Praktische Darstellung der Handlung in deren mannigfaltigen Geschäften. Bd. 2. Hamburg, 1792, S. 97. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buesch_handlung02_1792/105>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.